28. Mai 2015 Lesezeit: ~7 Minuten

Annes Ausrüstung

Ich glaube an Fotos, aber ich habe nie sonderlich an Kameras geglaubt. Die Technik hinter einem Bild ist mir eigentlich relativ egal, was es natürlich nicht leichter macht, einen Artikel über meine technische Ausrüstung zu schreiben. Aber ich versuche es.

Bevor ich angefangen habe, ernsthaft zu fotografieren, habe ich ernsthaft Fotos betrachtet. Ein gutes Jahr lang habe ich mich in Fotoforen herumgetrieben und mir erste Bildbände zugelegt. Irgendwann hatte ich das Gefühl, dass ich genug zugeschaut habe. Jetzt wollte ich es selbst probieren.

Vor zehn Jahren habe ich mir meine erste eigene Kamera gekauft, eine kleine analoge Canon aus dem örtlichen Fotogeschäft. Damit habe ich mir damals, als ich noch zur Schule ging, die Nachmittage im Wald vertrieben. Laub auf dem Boden, Baumpilze, Eiszapfen im Winter – meine ersten Motive waren nicht sonderlich aufregend. Schnell kam ich auch an eine Grenze, über die ich hinaus wollte: Das Format. Im Kleinbild musste ich mich zwischen Hoch- und Querformat entscheiden und habe mich im Nachhinein beim Betrachten der Bilder oftmals deswegen geärgert.

Die wahrscheinlich beste und prägendste fotografische Entscheidung war für mich der Wechsel ins Quadrat. Meine erste Mittelfomatkamera war eine Ikoflex IIa* und diesen kleinen zweiäugigen Rolleiflex-Nachbau habe ich geliebt! Sie war mir fast fünf Jahre lang ein treuer Begleiter.

Bis sich erste Verzögerungen beim Auslösen eingestellt haben und sie nur noch selten ein scharfes Bild geschafft hat. Dennoch ist diese inzwischen über 60 Jahre alte Dame eine robuste und empfehlenswerte Kamera: Sie hat zwar wenige Einstellmöglichkeiten, ist aber stabil, komplett aus Metall und so einfach gebaut, dass man Kleinigkeiten quasi selbst reparieren kann.

Ein Mädchen sitzt mit einer Kamera vor einem Spiegel im Licht.

Selbstportrait mit Ikoflex IIa

Im Studium bin ich dann mit dem Fotolabor in Kontakt gekommen und konnte meine Filme endlich selbst entwickeln und abziehen. Die Dunkelkammer würde ich auch heute noch als Teil meines Equipments bezeichnen, auch wenn ich es nicht mehr oft schaffe, Handabzüge zu machen.

Der Geruch, die Ruhe und Langsamkeit, die sich in diesem dunklen Raum entfaltet – man kann es nicht beschreiben, eine Dunkelkammer muss man mit allen Sinnen erleben. Es gibt meiner Meinung nach auch nichts Schöneres, als einen selbstgemachten Abzug seiner eigenen Bilder in den Händen zu halten!

Ich benutze für Handabzüge am liebsten Ilford Fotopapier Pearl*, also eine Seidenoberfläche zwischen matt und glänzend. Zusätzlich experimentiere ich gern mit der Chemie herum und freue mich da über allerhand zufällige Ergebnisse.

Mädchen steht mit dem Rücken zur Kamera neben einem Fenster.

Chemie-Experimente aus der Dunkelkammer

Neben den Handabzügen scanne ich meine Negative. Zur Zeit benutze ich einen CanoScan 8800F*, den ich aber nur bedingt empfehlen kann, da er wie die meisten Geräte von meinem Ubuntu-System nicht erkannt wird. Leider hat er oftmals Schwierigkeiten, den Filmstreifen oder einzelne Fotos zu erkennen und er raubt mir von Zeit zu Zeit sämtliche Nerven damit.

Ich habe früher regelmäßig Scan-Nächte eingelegt, denn – wer mit Film unterwegs ist, wird es kennen – es einfach seine Zeit dauert, Bilder zufriedenstellend zu digitalisieren. Ich überlege, in nächster Zeit auf eine andere Marke umzusteigen, bin mir aber noch nicht sicher, wohin, zumal ich in der Kunstakademie Zugang zu einem Hasselblad Imacon habe, den ich mir für den heimischen Schreibtisch natürlich niemals leisten könnte. Da Scannen für mich aber immer noch eine stundenlange und meditative Nacht-Aktion ist, bei der ich auch gern experimentiere, brauche ich auch für Zuhause ein neues, erschwingliches Modell.

Eine Dose Vergrößerungsringe in der Nahaufnahme.

Vergrößerungsringe für die Kiev 88

2010 habe ich meine erste Kiev gekauft. Ich hatte Glück, direkt ein einwandfrei funktionierendes Modell zu bekommen, denn oftmals haben diese Mittelfomatkameras Probleme beim Filmtransport. Die Kiev 88 liegt schwer in der Hand, was mit etwas Übung ein ruhiges Auslösen auch mit längeren Belichtungszeiten möglich macht, und erlaubt durch den Lichtschacht-Blick von oben ebenso wie die Ikoflex ein Abstellen auf dem Boden.

Ich habe eine Zeitlang beinahe jedes Foto mit angeschnittenem Untergrund gemacht, dazu eignen sich diese Modelle natürlich äußerst gut. Ebenfalls ein Vorteil bei dem 88er Modell ist das Wechselmagazin, das zwar manchmal klemmt, aber insgesamt eine größere Flexibilität zulässt. Meine wundervolle Kiev 88 ist mir leider 2013 gestohlen worden und ich habe seitdem keine so gut laufende Kamera mehr bekommen, auch wenn ich inzwischen wieder eine habe, die immerhin funktioniert.

Ich bin dadurch etwas gezwungenermaßen auf die Kiev 60 umgestiegen, mit der ich durch ihre Größe, den Aufbau und das fehlende Wechselmagazin aber nie richtig warm geworden bin. Einmal gewöhnt an das Hasselblad-Format, ist die Kiev 60 einfach anders. Was ich an ihr allerdings sehr gemocht habe, ist der Filmverlauf.

In der Kiev 88 wird der Film vertikal transportiert, in der Kiev 60 hingegen horizontal. Für Liebhaber von natürlichen Dypticha, also Überlagerung zweier aufeinanderfolgender Fotos auf dem Negativstreifen, ist es ein entscheidender Unterschied, ob das Foto von oben nach unten oder von links nach rechts ineinanderläuft.

Eine figürliche Skulptur ist doppeltbelichtet mit einem Rad.

Filmverlauf von oben nach unten mit der Kiev 88

Ein Mann liegt in einem Bett.

Filmverlauf von links nach rechts mit der Kiev 60

Inzwischen fotografiere ich mit beiden Modellen, habe zu der Kiev 88 aber immer noch den engeren Bezug und nehme sie einfach lieber mit. Gerade mit den Vergrößerungsringen kann ich sie auch für Detailaufnahmen von Holz- oder Gipsoberflächen im Atelier verwenden und fotografiere darum meine bildhauerischen Arbeiten auch immer noch am liebsten wenigstens einmal analog ab.

Neben den Kievs benutze ich sehr selten auch eine Polaroid SX-70*, bin aber insgesamt keine große Polaroidbenutzerin, sondern greife nur für bestimmte Projekte zum Sofortbild. Die Kosten-Nutzen-Bilanz ist für mich bei Rollfilmen besser und selbst da bin ich nicht wirklich wählerisch.

Ich versuche, möglichst wenig Geld auszugeben und kaufe selten Neuware, sondern lieber die große, gemischte Tüte abgelaufener Restrollen bei Ebay. Wenn ich einen Film empfehlen müsste, wäre es aber der schwarzweiße Ilford FP4* und bei Farbfilmen den Agfa Ultra50, der wirklich unfassbare Farben macht.

Was der letzte, aber nicht zu vernachlässigende Teil meines Equipments ist, ist all das, was sich rund um meinen Schreibtisch befindet. Da ich kein Photoshop benutze und auch sonst kein großer Freund von digitalen Spielereien bin, bearbeite ich meine Bilder gern analog. Schere, Tesafilm, Locher, Feuerzeug, Stifte, Folien und Papier, Nadel und Faden – all das ist zwar nicht wirklich technisch, für meine Fotografien aber wichtig.

Eine Schere, ein Locher, Stifte und ein Kamerdeckel.

Analoges Equipment: Schere, Locher, Stifte, Schablonen

Ein zerkratzes Foto eines Pinguins.

Analog bearbeitetes Foto

Eigentlich sind alle Teile meines Equipments mehr Mechanik als Eletronik und daher ist es im Grunde auch konsequent, im 6×6-Negativ oder im Abzug noch per Hand rumzukratzen, zu schneiden oder zu kleben. Ich denke, am Ende bin ich dann vielleicht doch mehr Bildhauerin als Fotografin.

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