Eine karge Landschaft im Nebel
17. Dezember 2014 Lesezeit: ~5 Minuten

Das Licht der Dämmerung

Obwohl Fotos eigentlich nur Ausschnitte aus meiner Realität sind, basiert meine eigenen Philosophie beim Fotografieren nicht auf dem Konzept der Dokumentation. Stattdessen versuche ich, eine Interpretation der Realität zu erschaffen, eine Interpretation eines bestimmten Ortes zu einem bestimmten Zeitpunkt.

Ich versuche, etwas festzuhalten, was nicht leicht gesehen werden kann oder sogar gar nicht mit dem menschlichen Auge wahrnehmbar ist. Ich strebe danach, eine einzigartige Beschreibung der Stimmung in visueller Form zu erschaffen.

Walking Dead III © Vesa PihanurmiWalking Dead IV © Vesa Pihanurmi

Es fällt mir leichter, diese Atmosphäre mit der Hilfe von Schwarzweißfotografie zu erreichen als mit Farbe. Der Grund könnte sein, dass Farben für mich zu nah an direkter Dokumentation sind. Ich denke oft, dass Farbe zu ablenkend ist und zu viel Aufmerksamkeit in einem Bild auf sich zieht. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass Farbe für mich gar kein visuelles Element ist.

Statt die Qualität des Lichts oder der Atmosphäre zu repräsentieren, repräsentiert Farbe nur die Beschaffenheit des Subjekts oder der im Bild befindlichen Gegenstände. Mich interessiert dagegen vor allem die Qualität des Lichts. Wie es ein Objekt formt oder auf die Bildelemente fällt und etwas Unerklärliches über die Geheimnisse der Existenz offenbart. Heutzutage ist Farbe meiner Meinung nach vor allem in abstrakter Fotografie notwendig.

T h r e e s o m e © Vesa Pihanurmi

Meistens fotografiere ich Landschaften, Natur und Architektur. Nur Landschaft und Architektur zu dokumentieren ist nicht interessant für mich. Stattdessen versuche ich, etwas Verborgenes offenzulegen – wie eine Perspektive, die nicht selbsterklärend ist oder eine Stimmung, die man nicht sehen, sondern nur fühlen kann.

Ich versuche, Schönheit und Ästhetik in den Szenen zu finden, die vor mir liegen. Ich baue wenige Elemente in meine Bilder ein und ziele immer auf den Minimalismus, um die Essenz in der Atmosphäre herauszuarbeiten. Deswegen nutze ich Langzeitbelichtungen, um verschiedene Bildelemente weicher werden zu lassen und alles Ablenkende, alle unnötigen Details verschwinden zu lassen.

Nowhere  © Vesa Pihanurmi

Weil ich vor allem Schwarzweißbilder veröffentliche, ist die Nachbearbeitung ein sehr wichtiger Teil meines Workflows. Ich versuche immer, einen unnatürlichen Look zu vermeiden bei der Schwarzweißkonvertierung. Meine Bilder sollen wie Fotos aussehen, nicht wie überbearbeitete Computergrafiken. Ich glaube, das gilt sogar für die extremen Fälle, in denen ich monochrome Bilder invertiere, um sie abstrakter werden zu lassen.

Immortal Junkies © Vesa Pihanurmi

The Light That Never Goes Out © Vesa Pihanurmi

Ich habe mit der Fotografie als Hobby, das ich sehr leidenschaftlich betreibe, 2010 angefangen und in den letzten beiden Jahren wurde ich mir deutlich darüber klar, wohin ich damit will. Ich bin jetzt auch endlich teilweise mit meinen Bildern zufrieden.

Ich sage bewusst „teilweise“, weil ich glaube, dass man immer etwas besser machen kann oder zumindest anders. Das treibt mich an und motiviert mich. Ich glaube, dass es immer möglich ist, eine frische, visuelle Geschichte zu erzählen und sich jedem Subjekt auf eine neue, alternative Weise zu nähern.

4.55 am © Vesa Pihanurmi

Momentan fotografiere ich vor allem in der Dämmerung und im Morgengrauen. Der frühe Morgen ist mit Abstand eine meiner Lieblingszeiten, um zu fotografieren. Ich liebe die natürlichen Lichtverhältnisse und die Schönheit des Dunstes. Auch bei nebligem Wetter könnte ich den ganzen Tag fotografieren. Von den Jahrteszeiten her bevorzuge ich den Winter, weil er mir hilft, alles Unnötige wegzulassen.

Changing Hours © Vesa Pihanurmi

Für mich ist es von unschätzbarem Wert, für Einflüsse offen zu sein, während man seine eigene Vision der Fotografie entwickelt. Ich könnte zahllose Fotografien aufzählen, die für mich und meine Arbeit eine große Inspiration waren und sind. Diese sind vor allem die üblichen „Starfotografen“ wie Michael Kenna, Michael Levin, David Deny und Josef Hoflehner, deren Arbeiten ich sehr bewundere.

Von den klassischen Meisterfotografen könnte ich Bill Brandt, Jeanloup Sieff und Harry Callahan nennen. Auch sehr einflussreich auf meine Arbeit war der finnische Fotograf Antero Takala, der in den 60er und 80er Jahren sehr eindrucksvolle, dunkle Schwarzweißfotos der Polarlichter in Lappland gemacht hat.

The Drowning © Vesa Pihanurmi

Somewhere © Vesa Pihanurmi

Vor allem will ich aber die vielen Amateur- und Profifotografen nennen, die meine Kontakte im Netz und auf den verschiedenen Social-Media-Kanälen sind. Sie posten nicht nur sehr inspirierende Bilder, sondern geben mir oft auch wertvolles Feedback und liefern Ideen.

Leider kann ich hier nicht alle davon auflisten, aber der künstlerische Ausdruck von zum Beispiel Rohan Reilly, Stephen Cairns, Steve Landeros, Darren Moore, Martin Rak, Håkan Strand, Jeff Gaydash, Noel Clegg oder Andy Lee ist sehr inspirierend für mich in den letzten Jahren geworden und ich würde jedem wärmstens empfehlen, sich ihre Arbeiten anzusehen.

Dieser Artikel wurde von Sebastian Baumer für Euch aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.

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