Eine Bergspitze mit drei Gipfelkreuzen trohnt über einem Wolkenmeer.
29. Juli 2014 Lesezeit: ~4 Minuten

Vom Zauber Rhöner Nächte

Der Tag neigt sich dem Ende, die Sonne geht unter. Zeit, nach Hause zu gehen – oder? Doch genau dann, wenn viele die Kamera einpacken und genau das tun, bin ich oft erst losgezogen, um fotografisch tätig zu werden. Dies ist die Geschichte meiner zahlreichen nächtlichen Fotostreifzüge, die ich bisher erleben durfte, in dem „Land der offenen Fernen“, wie man das Mittelgebirge in Deutschlands Mitte am Dreiländereck Bayern, Hessen und Thüringen auch nennt.

Ich blicke mittlerweile auf gut 15 Jahre Nachtfotografie zurück und habe dabei so einiges erlebt. Doch beginnen wir von vorn, denn alles begann mit einem besonderen Bild.

Ein Baum, der vom hinten beleuchtet wurde und rot strahlt.

Es dürfte Ende der 90er Jahre gewesen sein, als ich mit meiner Nikon F 70, bestückt mit Diafilm, erstmals mit einem Freund auf nächtliche Fotopirsch ging. Ich hatte dabei ein bestimmtes Motiv und eine Idee im Kopf. Die tausendjährige Eiche von Reith bei Nacht mit Feuer zu beleuchten, war geplant.

Nach getaner Arbeit und dem Entwickeln des Films hat mich das Ergebnis beinahe umgehauen und führte dazu, dass ich von nun an gezielt die ohnehin bei mir als Motiv beliebten Rhönbäume bei Nacht aufsuchte und entsprechend inszenierte.

Eine Buche bei Nacht und im Schnee, von hinten beleuchtet.

Lichtmalerei

Dort, wo Licht fehlte, brachte ich meine eigene Lichtquellen mit ins Spiel. Fackeln, Taschenlampen, Kerzen un sowas. Das wohl kurioseste Gerät war ein modifizierter, ausgebauter Autoscheinwerfer, der von einer Motorradbatterie im Rucksack mit Strom versorgt wurde und mir die Möglichkeit bot, wahlweise Fern- oder Abblendlicht einzusetzen.

Mit einem solchen Strahler bewaffnet, ließen sich nun auch große Objekte nachts in Szene setzen. Das Monument der Steinwand in der Rhön ist so ein Beispiel.

Eine Wand aus Steinen in der Nacht, beleuchtet.

Nachdem die LED-Technik ihren Einzug hielt und unglaublich leuchtstarke Taschenlampen hervorbrachte, wurde dieses Handwerk glücklicherweise etwas weniger anstrengend. Ganz ausrangieren möchte ich meinen alten Autoscheinwerfer aber noch nicht, dafür gefällt mir die warme Farbtemperatur einfach zu gut gegenüber dem sehr kalten Licht der LEDs.

Polarlichtnacht auf der Wasserkuppe

Ein absolutes Highlight trug sich 2003 zu. Es war ein Jahr mit starker Polarlichtaktivität und so hatte ich am 21. November des Jahres das große Glück, eines der stärksten Polarlichter der letzten Jahrzehnte live mitzuerleben und zu fotografieren.

Und das noch vor der Kulisse des Fliegerdenkmals auf der Wasserkuppe, während das ganze Land unter mir im Hochnebel versunken lag. Ein einzigartiges Erlebnis.

Ein Vogel auf einem Felsen, umgeben von sehr rotem Licht. Nachtaufnahme.

Viele Nächte habe ich mir seitdem um die Ohren geschlagen, mich dabei oft in den warmen Schlafsack gekuschelt, während die Kamera ihre Arbeit tat und die Bahnen der Sterne einfing. Dabei kam es durchaus vor, dass in einer ganzen Nacht nur ein einziges Foto entstand.

Eine Langzeitaufnahme von Sternen über einem nebelverhangenen Gebirge.

Digitale Revolution

Die rasch fortschreitende Kameratechnologie hatte zwischenzeitlich gute Digitalkameras hervorgebracht, so dass ich irgendwann umstieg und so völlig neue Möglichkeiten entdeckte. Die Evolution des Rauschverhaltens bei immer höher kletternder Lichtempfindlichkeit der Sensoren hat der Nachtfotografie dabei sicher noch einen großen Anschub gegeben.

Und so habe ich nach und nach die vielen Gesichter Rhöner Nächte kennengelernt, die mein Leben um so vieles reicher gemacht haben:

Da gab es die Mondnächte, in denen der Hochnebel das Tal flutete und überall dort farbig glühte, wo sich Ortschaften darunter befanden. Eiskalte Winternächte mit bizarren Raureif-Figuren, die im Mondlicht glänzten, umgeben von Schneeverwehungen, die einen bis zur Hüfte verschlingen konnten. Schwülwarme Sommernächte mit blitzreichen Hitzegewittern, die sich krachend entluden, manchmal beinahe im Sekundentakt.

Eine Landschaft, vernebelt, im Vordergrund Bäume und darüber der Mond.

Ein Blitz schlägt in eine Landschaft ein.

Ein Monduntergang im Schwarzen Moor, der sich im Moorauge spiegelt, nachtleuchtende Wolken über den Rhöner Bergen oder Sturmnächte mit schnell ziehenden Wolken – all diese Erlebnisse habe ich fotografisch eingefangen und nun, ganz aktuell, auch in Buchform gebracht und damit auch für andere erlebbar gemacht.

Das Buch „Rhönglühen“ ist im Eigenverlag erschienen und kann über die zugehörige Webseite und in lokalen Rhöner Buchhandlungen erworben werden.

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