Eine Frau fotografiert einen Mann mit einer Polaroid-Kamera.
20. Juni 2014 Lesezeit: ~14 Minuten

Aileens Equipment für Portrait und Dokumentation

Weil wir möglichst abwechslungsreich sein wollen, haben wir uns zu Beginn unserer Equipment-Serie überlegt, in welcher Reihenfolge wir unsere eingesetzte Technik vorstellen. Ich war skeptisch, weil ich fand, dass sich mein Ansatz und meine Ausrüstung kaum von dem unterscheiden, was Katja Euch in der letzten Woche vorgestellt hat. Bei genauem Hinsehen erkannte ich aber: Dem ist gar nicht so.

Die Ähnlichkeit in Katjas und meiner Herangehensweise liegt vor allem darin, dass auch der Kern meiner Ausrüstung aus einer Kamera und zwei Objektiven besteht. Danach geht es aber auch schon los mit den Unterschieden. Zum Beispiel beim Kameramodell, denn das Herzstück meiner Fotos ist die Canon EOS 5D Mark II .

Bis vor etwa fünf Wochen hätte ich in jedem Gespräch, in dem es sich angeboten hätte, das gesagt, was ich seit der Anschaffung dieser Kamera vor gut vier Jahren immer gesagt habe: Wenn es sich zu diesem Zeitpunkt nicht angeboten hätte, sie zu kaufen, wäre ich auch noch sehr lange mit meiner Canon EOS 400D glücklich gewesen.

Anfang Mai habe ich aber bei einem Ausflug die Kamera unbeabsichtigt in einem See versenkt, woraufhin ich sie die folgenden drei Wochen in einem Beutel voll Reis lagerte, in der Hoffnung, er möge die eventuell eingedrungene Flüssigkeit aufnehmen und die Kamera unbeschadet wieder entlassen.

In der Zwischenzeit fotografierte ich mit einer geliehenen Canon 650D und meinem alten Canon ED 50 mm f/1.4, das ich zwischenzeitlich durch ein neues Exemplar ersetzt hatte, weil es gefühlt nicht mehr so knackscharf war wie am Anfang (was ich auf ein paar Stöße im Einsatz zurückgeführt habe).

Dabei habe ich erst gemerkt, wie sehr ich mich seit 2010 an die Kombination aus Kamera und Objektiv gewöhnt hatte. Ich stand bei dem einen Auftrag, den ich fotografierte, ständig viel zu nah an der Bühne, weil mir inzwischen in Fleisch und Blut übergegangen war, in welcher Entfernung zu Szene und Komposition ich stehen muss, um sie passend mit 50 mm an Vollformat aufzunehmen.

Mehrere Personen stehen auf einer dunklen Bühne, nur ein weißer Schleier ist von UV-Licht erhellt.

Projekt: T(r)anzparenz

Dazu kamen die Bauchschmerzen, als ich in dem dunklen Aufführungsraum die ISO mehr und mehr hochdrehen musste, als die einzige Beleuchtung auf der Bühne aus spärlichem UV-Licht bestand. Zugegeben: Das Rauschverhalten der geliehenen 650D war super, meine alte 400D hätte da aber nicht mitgehalten.

Was aber nicht mithalten konnte, war der Auto-Fokus. Da ich exakt dieses Objektiv bis vor ein paar Monaten an meiner 5D verwendet hatte, wusste ich, dass die Kombination mit der 650D hier das Problem war: Einfach nicht so reibungslos, wie ich es gewohnt war. Am Ende hatte ich viele unscharfe Bilder.

Umso glücklicher war ich also, als meine 5D voll funktionstüchtig aus ihrem Reis-Bett stieg. Für mich ist klar: Ich möchte nicht mehr ohne Vollformat, ohne exzellentes Rausch-Verhalten für spärlich ausgeleuchtete Veranstaltungen wie Bälle, Hochzeiten und Aufführungen, ohne RAW-Dateien für ausgedehnte Nachbearbeitung und ich möchte nicht ohne die schön große Auflösung der Fotos.

Verkrustete Erde in Nahaufnahme.

Experiment: Focus Stacking aus 29 Makro-Fotos, aufgenommen mit dem Canon EF 100 mm f/2.8.

Wie bereits erwähnt, verwende ich zwei Objektive an der 5D. Anfangs waren es drei, weil ich zu dem Zeitpunkt der Meinung war, mich breit eindecken zu müssen. Also kaufte ich ein Weitwinkel, eine Portraitlinse und ein Makro-Objektiv.

Das Weitwinkel verkaufte ich nach einem Jahr und nur einer Handvoll Testbilder einem Freund. Das Canon EF 100 mm f/2.8 habe ich noch, verwende es aber fast ausschließlich zum Abfotografieren von Negativen. Einmal habe ich es bei einer Portrait-Session direkt mit dem 50 mm f/1.4 verglichen und mein Urteil gefällt:

Nicht ganz so viel und schönes Bokeh und ich bin zu weit weg vom Modell, mit dem ich kommunizieren möchte, um es zu lenken. Nicht selten heißt das, dass ich es in eine gewünschte Pose bringe, indem ich selbst Hand anlege, um Körper, Kopf oder Arme in eine bestimmte Richtung zu bewegen. Bei 100 mm hieße das ständiges Hin- und Herlaufen.

Von cremigem Bokeh mag man halten, was man mag, aber für mich persönlich ist es neben entsprechendem Bildaufbau das hauptsächliche Mittel für Blickführung und Reduktion auf das Wesentliche. Meine Bildästhetik und meine eigene Wahrnehmung funktionieren einfach so. Bilder, die von vorn bis hinten scharf sind, machen mich unruhig und unzufrieden.

Eine lachende Frau zwischen vielen weißen Blüten.

Das Objektiv, mit dem ich mindestens 99,99 % meiner Fotos mache, ist also das Canon EF 50 mm f/1.4 und es ist zu 99 % der Zeit auch voll geöffnet – Blende 1.4. Was mache ich damit? Vor allem: Portraits. Meine freien Arbeiten kennen die meisten wahrscheinlich.

Außerdem fotografiere ich damit Aufträge. Das sind in meinem Fall vor allem Veranstaltungen. Ich dokumentiere Workshops, Feiern (z. B. Bälle und Hochzeiten) und Bühnenshows. Dabei ist meine Arbeitsweise eine Mischung aus einer „50 mm ist mein Blickwinkel“-Grundeinstellung und Anpassen an Gegebenheiten. Das sieht so aus:

Bei Veranstaltungs-Dokumentation wie Feiern oder Workshops mache ich vor allem von den Portraitierten unbemerkte, aber relativ nahe Stimmungs-Portraits. Da meine verinnerlichte Brennweite 50 mm beträgt und schon an ein automatisiertes Entfernungs-Bauchgefühl gekoppelt ist, komme ich so gut wie nie in Situationen, in denen ich mir eine längere oder kürzere Brennweite wünsche.

Ein Brautpaar lehnt an einer alten Mauer.Ein Brautpaar sitzt vor einem Hauseingang an einer Mauer.

Brenizer-Collagen aus neun bzw. drei Bildern und jeweils mehreren Belichtungen für Zeichnung in Lichtern und Tiefen.

Für den Fall, dass der Raum einmal so beengt ist, dass ich doch ein Weitwinkel bräuchte, bediene ich mich der Brenizer-Technik und setze ein großes Bildfeld aus mehreren Fotos zusammen. Aufgrund des Aufwands mache ich das eher selten, zum Beispiel für das Paar-Foto einer Hochzeit.

Außerdem passe ich die Gegebenheiten meiner Arbeitsweise an: Wenn ich also etwa eine Aufführung fotografiere, ist das immer die Generalprobe und nicht die eigentliche Aufführung. So versprerre ich niemandem im Publikum die Sicht, wenn ich direkt vor der ersten Reihe hin und her laufe.

Und ich kann durch diese Proben-Aufnahmen herausfinden, welche die beste Position ist, um während der Aufführung ergänzende Fotos zu machen. Oft ist hier ja die Frage: Sich auf eine Position links oder rechts der Bühne festlegen? Wenn ich die Aufführung während der Proben schon mehrfach fotografiert habe, habe ich auf diese Frage eine Antwort.

Zusätzlich verwende ich noch ein paar weitere für mich wichtige Geräte rund um die Aufnahme: Ein klappriges Stativ, einen Reflektor, eine Sucherlupe, eine Mattscheibe mit Schnittbildindikator und Mikroprismenring sowie eine Handschlaufe. Nicht alle davon sind mir gleichermaßen wichtig, aber gemeinsam ist ihnen, dass ich ohne sie nicht könnte – oder zumindest nur unter Fluchen.

Mein Stativ ist das Walimex WT-3131, das sich nur dadurch auszeichnet, dass es extrem leicht, klein und billig (Geschenk zu einem Foto-Zeitschrift-Testabo) war. Da ich es nur selten nutze, kann ich verschmerzen, dass es voll ausgezogen unter Augenhöhe bleibt und fast umfällt, wenn die 5D hochkant gedreht drauf sitzt. Das Nachfolgemodell hat einen Haken an der Mittelsäule, sodass sich das Ganze leichter beschweren lässt.

Öfter als mein Stativ nutze ich meinen Reflektor . Dabei handelt es sich um eine faltbare, runde Ausführung mit 110cm Durchmesser, Diffusor und vier verschiedenen Oberflächen (weiß, schwarz, silber, gold) zum Drüberziehen und Wenden.

Da ich nur mit vorhandenem Licht arbeite, suche ich mir die Orte und Hintergründe für Portraits meistens eher im Schatten und entscheide vor allem zugunsten der Komposition. Starke Schatten helle ich dann mit der Silberoberfläche (nur selten: gold) auf oder leuchte eine Szene, die ohnehin im Sonnenlicht spielt, von unten oder der anderen Seite zusätzlich aus, was manchmal zu einer schönen, künstlichen Atmosphäre führt.

Abgesehen davon dient der Reflektor auch gern einmal als Regenschirm, Unterlage für Accessoires auf schmutzigem Boden oder Fächer für kräftigen Wind. Auch hier war mir also ein kleiner Preis wichtiger als etwa zwei weitere Oberflächen, die ich nie brauche.

Portrait einer Frau.

Mit der goldenen Seite aufhellen, macht einen wärmeren Hautton und erhöht hier den Kalt-Warm-Kontrast zwischen Haut und Hintergrund.

Eine Frau hält einen Straus weißer, ballförmiger Blumen.

Portrait im Gegenlicht stark von vorn unten aufgehellt.

Wichtiger ist da schon meine Sucherlupe : Sie wird statt der standardmäßigen Mini-Gummierung direkt hinter den Sucher geschraubt und hat eine großzügige Augenmuschel. Die Lupe erreicht eine 1,3-fache Vergrößerung des Sucherbilds, sodass ich weniger das Gefühl habe, beim Blick durch die Kamera auf ein winziges Bild am Ende eines langen, schwarzen Tunnels zu blicken.

Allerdings muss man sich an die Verwendung etwas gewöhnen, da durch die Vergrößerung nicht mehr das komplette Bild im Sucher sichtbar ist bzw. nur, wenn man das Auge wirklich an die Augenmuschel drückt und gegebenenfalls den Kopf leicht bewegt, um alles zu sehen.

Das klingt jetzt erst einmal kompliziert, aber ich habe mich nach der Anschaffung so umgehend dran gewöhnt, dass mir dieses Phänomen erst aufgefallen ist, als mal jemand mit Brille meine Kamera benutzte und sich beschwerte, dass das Bild auf dem Display nicht mit dem Ausschnitt im Sucher übereinstimmt.

Ein Besprechungsraum mit fünfeckiger Decke.

Brenizer-Collage aus elf Bildern und mehreren Belichtungen für den Blick nach draußen.

Meine Handschlaufe verwende ich parallel zum Kameragurt. Manchmal ist es etwas Gefriemel, aber mir ist es wichtig, die Kamera beim Fotografieren sicher in der Hand zu halten und sie umhängen zu können, statt ablegen zu müssen, wenn ich beide Hände brauche.

Wenn ich länger am Stück mit der 5D arbeite, wird sie mir ganz einfach auch zu schwer, darum habe ich die Handschlaufe so eng eingestellt, dass ich den Griff der Finger lösen kann, ohne dass sie mir von der Hand rutschen kann. Die Schlaufe wird am Stativgewinde angeschraubt und hat selbst wieder ein Stativgewinde, sodass sie nicht entfernt werden muss, um die Kamera auf ein Stativ zu setzen.

Nachdem ich von meiner analogen Canon AE-1 gewohnt war, mit Hilfe der Mattscheibe mit Schnittbildindikator und Mikroprismenring im Sucher manuell zu fokussieren, habe ich so eine Möglichkeit auch für die 5D gesucht. Zwar fokussiere ich damit so gut wie nie manuell, hatte aber vor einigen Jahren mit dem ersten Exemplar meines 50-mm-Objektivs immer wieder Probleme mit fehlerhaft fokussierten Bildern.

Klar, wenn ich ein sehr nahes Portrait mit Offenblende aufnehme, ist die Schärfe-Ebene extrem dünn. Je nachdem, ob noch Haare oder Accessoires ins Gesicht des Modells ragen, liegt der Auto-Fokus schnell nicht mehr auf den Augen. Mit Hilfe des Schnittbildindikators sehe ich das Problem sofort und kann manuell nachfokussieren oder den Auto-Fokus ganz neu ansetzen.

Eine Frau hinter Stängeln von vertrockneten Mohnblumen.

Nach der Aufnahme gibt es neben der Software und einem etwas älteren Eizo-Monitor , die ich verwende, noch ein überlebenswichtiges – oder zumindest Lebenszeit sparendes – Tool für die Nachbearbeitung: Ein Grafik-Tablett .

Ich habe zwar auch schon mit der Maus digital komplette Bilder gezeichnet, aber um ganz ehrlich zu sein, ist es mit einem Stift einfach angenehmer. Bis vor ein paar Monaten hatte ich ein normales Tablett von Aiptek, das mir die Retusche und Collage von Fotos sowie gelegentliches Zeichnen am PC erleichtert hat.

Jetzt habe ich das Wacom Cintiq Companion, das nicht nur ein Grafik-Tablett, sondern auch ein Tablet-Computer ist und sich damit auch für kreative Aktionen unterwegs eignet. Vor allem aber erhöht es die Präzision dessen, was ich mache, da meine Augen und die Stiftspitze auf den gleichen Punkt gerichtet und nicht wie bisher nur über die Hand-Augen-Koordination meines Gehirns miteinander verbunden sind. Dazu aber bald mehr in einem eigenen Artikel.

Zwei Portraits in schwarzweiß mit einer weißen Zeichnung.

Selbstportraits mit einer Papp-Lochlinse an der 5D und Kritzeleien mit dem Wacom Cintiq Companion.

Die meisten wissen wahrscheinlich, dass ich auch einige analoge Kameras besitze. Um genau zu sein sind es über 20 vor allem ältere Modelle für verschiedene Filmtypen und -formate. Durch mangelnde Zeit zum „Einfach mal so einen Film füllen“ und meinen um sich greifenden Veganismus habe ich die analoge Fotografie aber stark eingeschränkt.

Wenn ich analog fotografiere, dann knipse ich nicht mehr rum, weil das Gefühl so wunderbar ist, sondern ich fülle gezielt einzelne Bilder oder einen Film für ein Projekt oder bei einer Portrait-Session, deren Konzept für mich analoges Material verlangt.

So richtig essentiell ist daher für mich nur meine Canon AE-1 mit den zwei Objektiven, die ich meistens einsetze. Das eine ist das Canon FD 55 mm f/1.2, was in Brennweite, Blende und Bildqualität in etwa dem entspricht, was ich digital von meinem 50er gewohnt bin.

Eine Frau steht im Wald.

Das zweite Objektiv ist das Canon FD TS 35 mm f/2.8, das über Tilt- und Shift-Möglichkeiten verfügt. Mit diesen lässt sich der Blickwinkel verändern, ohne sich vom Fleck zu bewegen und die Schärfeebene kann geschwenkt und gedreht werden, sodass sie nicht mehr zwingend genau parallel zur Filmebene verläuft.

Gerade mit dem Tilt-Shift-Objektiv arbeite ich gern, es erfordert aber ein wirklich geduldiges Modell vor der Kamera, da es eine Weile braucht, bis ich an allen Rädchen so gedreht habe, dass ich schlussendlich mit der Lage der Schärfe im Bild zufrieden bin.

Eine digitale Tilt-Shift-Linse wäre mir dann aber zu teuer, gemessen an der Anzahl möglicher Einsätze. Allerdings habe ich gerade gesehen, dass es wohl Möglichkeiten gibt, die analoge Linse mit Adaptern auszustatten, um sie an der 5D einzusetzen – bei Gelegenheit werde ich das ausprobieren.

Ein umgestürzter Baum liegt im Wald.

Nachdem ich mich für diese Zusammenfassung also einmal genauer mit der Technik beschäftigt habe, mit der ich meine Fotos aufnehme, würde ich mein Equipment-Verhalten so charakterisieren:

Ich scheue mich nicht davor, ziemlich viel Geld für einzelne Geräte auszugeben, die ich oft brauche und die mir bestimmte Effekte, Bildeigenschaften oder Zeitersparnis liefern. Andererseits beschränke ich mich in meiner Ausrüstung auf wenige Teile und spare bei denen, die ich selten brauche.

Danke für das Titelbild an Marcel Pommer!

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