21. April 2014 Lesezeit: ~5 Minuten

Lithprint – Eine Odyssee in der Dunkelheit

Tiefste Schwärzen und ein leichter Überzug, der an feinste Karamellplättchen erinnert. An den Rändern ein wenig körnig, die Linien klar umrissen. Dass ich nicht nur gern fotografiere, sondern auch gern esse, ist spätestens jetzt kein Geheimnis mehr. Aber im Folgenden geht es nicht um feines Gebäck, sondern um grobe Tatsachen.

Vor über zwei Jahren stand ich in der Dunkelkammer und probierte mich an Lithprint und war mir ziemlich sicher, es unmittelbar danach noch einmal zu probieren. Aber wie das mit Erwartungen so ist, enttäuscht man sich glatt selbst dabei.

In den letzten Tagen des abschwellenden Wintergefühls in der Magengegend und mit dem aufbrausenden Gefühl der nahenden Frühlingstage im Kopf, wie sie nur der Aprilmonat in einem auftauchen lässt, erinnerte ich mich doch wieder an mein Versprechen.

Lithprint © Marit Beer

Ich wartete auf die Dunkelheit wie ein Nachtmahr auf den Träumenden. Gegen 21 Uhr verdunkelte sich der Himmel und ich das Fenster des Badezimmers. Es war angerichtet. Der Vergrößerer stand wie üblich auf dem Wichtigsten, was ein Bad zu bieten hat – dem Klosett. Die Schalen reihten sich aneinander und nach Farben geordnet in Entwickler, Stoppbad und Fixierer auf der Badewanne auf. Das Papier, in diesem Fall das Fomatone MG 333, warte geduldig auf seinen Aufgabenbereich.

Für die Nerds unter Euch oder jene, die das auch mal ausprobieren wollen: Als Entwickler hatte ich noch vom letzten Mal den LP Lith von Maco/Labor Partner in einem Mischungsverhältnis von 1+4 angesetzt. Aber ich habe mir sagen lassen, der Easylith von Moersch sei auch nicht schlecht und für den Anfang reicht der auch völlig aus und ist zudem auch noch recht günstig zu haben. Worauf Du aber ebenfalls zu achten hast, ist: Lithfähiges Papier zu benutzen, denn nicht jedes ist dafür geeignet. Pass beim Kauf also auf und frag den Händler Deines Vertrauens.

Es geht los. Die Lichter sind aus und das rotglühende Dunkelkammerlicht wirft sein bedrohliches Licht in den kleinen Raum. Ich habe mich für ein kontrastreiches Negativ entschieden und schiebe es in den Vergrößerer. Das Papier wird 24 Sekunden belichtet und verschwindet augenblicklich in die Entwicklerschale, die ich immer wieder einmal hin- und her bewege, damit sich der Entwickler auch überall gleichmäßig verteilt.

Ich warte. Vergeblich. Erinnere mich an das letzte Mal, als es ebenfalls so lange dauerte. Immer, wenn man kurz vorm Aufgeben ist, schält sich das Bild heraus, glaube ich und starre auf das Papier, bis mich ein Geistesblitz durchfährt. Ich drehe das Blatt um.

Lithprint © Marit Beer

Lithprint © Marit Beer

Da ist es. Ich hatte das Papier falsch herum auf den Vergrößerer gelegt. Na wunderbar! Aber das kann leicht passieren, vor allem wenn man die Dunkelkammer nur noch einmal im Jahr aufbaut. Beim nächsten Mal erinnere ich mich: Die glatte Oberfläche muss nach unten und die leicht raue nach oben zeigen. Denn das ist die richtige Fläche für meine Belichtung.

Es klappt.

Jetzt aber aufpassen und mit allen Sinnen dabei bleiben! Ich sehe schon den Mund und die Augen, das Gesicht erscheint und dann geht es ganz schnell. Bevor es zu spät ist und alles in Schwarz verschwindet, ziehe ich es heraus und lege es sofort in das Stoppbad, damit die Entwicklung aufhört.

Ich atme aus und glaube, es im richtigen Moment geschafft zu haben. Nach ein paar Sekunden kommt es in den Fixierer. Ich zähle bis zwanzig und schalte das Licht an.

Da ist es, liegt vor mir. Ich lächle, ein Glücksgefühl breitet sich aus und durchströmt mich warm und leise. Mein erster Print seit Monaten. Er ist schön und in diesem Moment auch einfach das Schönste, was ich je gesehen habe. Stolz und erhaben blickt die Frau darauf zur Seite. Ich hebe den Print nach ein paar Minuten vorsichtig aus dem Fixierer und wässere ihn.

Lithprint © Marit BeerLithprint © Marit Beer

Ich entscheide mich noch für ein paar andere Motive und erkenne dabei schnell, wie wichtig es ist, ein gut ausformuliertes Negativ zu haben. Am Ende sind es drei Bilder, die mir sehr gut gefallen und zwei, mit denen man vielleicht noch weiter experimentieren kann.

Ich schaue auf die Uhr und erschrecke, denn es ist jetzt 3 Uhr morgens. Ich fühle nun auch langsam die Erschöpfung und wie sich die Müdigkeit in meinen Gliedern verfängt. Ich verwandle die Dunkelkammer noch schnell in ein Bad zurück, schütte die Flüssigkeiten in ihre Behältnisse, säubere die Armaturen und falle glücklich in mein Bett.

Ich verspreche mir dieses Mal hoch und heilig, dass ich die nächste Dunkelkammeraktion nicht so lange auf sich warten lasse. Denn das Gefühl, dabei zu sein, wenn ein Bild entsteht, ist so viel anders als das Gefühl beim Einscannen der Negative. Ich halte am Ende etwas in der Hand. Ein Ergebnis, das unmittelbar auf mich einwirkt und ein Gefühl, das ich ganz bald wieder erleben möchte.

Außerdem befinde ich mich noch am Anfang meiner Reise und fühle mich dabei manchmal wie die Rennschnecke aus der unendlichen Geschichte oder wie ein Fischer, der im Trüben nach der Schönheit Ausschau hält.

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