26. März 2014 Lesezeit: ~8 Minuten

Fenster: Ausstellungstipps, Ausgabe 1

Wir Ihr vielleicht schon mitbekommen habt, gibt es unsere Ausstellungseite nicht mehr. Wir haben uns gedacht, dass es viel persönlicher und sinnvoller ist, wenn unsere Redakteure Euch einmal im Monat Ausstellungen empfehlen, die sie entweder selbst besucht haben oder unbedingt besuchen möchten.

 

Fließender Sand, 1933-1936 © Alfred Ehrhardt, bpk Alfred-Ehrhardt-StiftungEine geriffelte Fläche wird allmählich von einer feinbreiigen Sandschicht überzogen, 1933-1936 © Alfred Ehrhardt, bpk Alfred-Ehrhardt-Stiftung

Berlin

Zwei Tipps von Marit Beer

Noch bis zum 27. April 2014 zeigt die Alfred Ehrhardt Stiftung 70 Drucke aus der Serie „Das Watt“ vom gleichnamigen Künstler. Diese Ausstellung empfehle ich jedem, der sich in großformatigen Bildern verlieren mag. Die Schwarzweiß-Abzüge stammen aus dem 1930ern Jahren und zeigen die Gezeitenzone in ihren schönsten Formen.

Auf der Ausstellungsseite heißt es dazu:

Breitet man Alfred Ehrhardts Fotografien abstrakter Sandformen im Watt vor sich aus, drängt sich der Gedanke „Chaos und Struktur“ auf. Der hier vom Künstler gewählte Bildausschnitt offenbart die immanente Schönheit des sich in so vielfältigen Formen darstellenden Naturgeschehens, während die Zusammenschau der Formvariationen die Verbindung von Mikro- und Makrokosmos erstellt. Er bringt System in die Strukturen und Ordnung in das Chaos der Natur, als wolle er die Welt mit seiner Technik begreifbar machen.

Vor Ort kann man auch im Erstlingswerk von 1937 und der in Neuauflage erschienenen Publikation „Das Watt“* schmökern. Diese wurde übrigens 2004 von Martin Parr und Gerry Badger in „The Photobook. A History“* lobend erwähnt. Auch können als Andenken einige Postkarten mit Wattmotiven für 1 € erworben werden oder aber man nimmt sich das kleine aber umso hübschere Leporello mit, das kostenlos ausliegt.

 

© Wolfgang Krolow, Berlin-Kreuzberg, 1981

Und wer sowieso in Berlin-Mitte ist, der sollte sich danach gleich in die Argus-Galerie in der Marienstraße 26 begeben. Diese zeigt bis zum 24. Mai 2014 Kinderwelten von namenhaften Fotografinnen und Fotografen aus aller Welt. Mit dabei unter anderem Arbeiten von Sibylle Bergemann, Arno Fischer oder René Friede.

Ich habe mir die Ausstellung zwar noch nicht anschauen können, klebte aber mit meiner Nase schon an der Scheibe und bewunderte die vielen Schwarzweiß-Drucke. Deswegen unbedingt die Öffnungszeiten beachten, denn leider hat die Galerie sonntags und montags geschlossen. Der Eintritt in beide Ausstellungen ist übrigens frei.

 

IV.18.4 Werksstudenten 1926 © Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur, Köln, bereitgestellt von der FEROZ Galerie Bonn

Bonn und Köln

Zwei Tipps von Katja Kemnitz

Bereits seit Januar gedenkt die FEROZ Galerie mit einem großen Zyklus dem vor 50 Jahren verstorbenen deutschen Fotografen August Sander. In acht Ausstellungen werden insgesamt 619 Porträts des Künstlers aus den sieben Bänden des Gesamtwerks „Menschen des 20. Jahrhunderts“ sowie dem einführenden Werk „Antlitz der Zeit“ gezeigt. Vorträge und Veranstaltungen zu August Sander runden das Programm ab.

Julian Sander, Gründer der Galerie und Urenkel des Künstlers, über die Ausstellung:

Ich habe den August-Sander-Zyklus ins Leben gerufen, um eine schon lang existierende Idee zu verwirklichen. Ich möchte mit diesem Projekt die Geschichte von August Sander mit Blick auf seine Menschlichkeit erzählen. Jene Eigenschaft, die ich für die bedeutendste Quelle für sein Lebenswerk halte.

II.8.19 Konditor 1928 © Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur, Köln, bereitgestellt von der FEROZ Galerie BonnIII.14.1 Junge Mutter, bürgerlich 1926 © Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur, Köln, bereitgestellt von der FEROZ Galerie Bonn

Es lohnt sich also in diesem Jahr, die Galerie mehrmals zu besuchen, denn jeden Monat wechseln die Portraits. Die nächste öffentliche Vernissage findet am Donnerstag, den 4. April statt. Die Ausstellungstermine im Überblick:

Buch I „Der Bauer“: 4. – 28. März
Buch II „Der Handwerker“: 1. April – 9. Mai
Buch III „Die Frau“: 16. Mai – 13. Juni
Buch IV „Die Stände“: 20. Juni – 29. August
Buch V „Die Künstler“: 5. September – 17. Oktober
Buch VI „Die Großstadt“: 24. Oktober – 21. November
Buch VII „Die letzten Menschen“: 28. November – 24. Dezember

Die Galerie befindet sich in der Prinz-Albert-Str. 12, nur wenige Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt. Der Eintritt ist frei.

Wem es nicht möglich ist, die Galerie Feroz regelmäßig zu besuchen, empfehle ich die Ausstellung „August Sander: Meisterwerke und Entdeckungen“ der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur in Köln. Hier wird nicht das Gesamtwerk, aber ein sehr großer Teil der Arbeiten Sanders gezeigt.

Sie läuft noch bis zum 3. August 2014 im 1. OG der Photographischen Sammlung, Im Mediapark 7, Köln. Der Eintritt kostet 4,50 € und montags ist er sogar frei.

 

© Stephan Vanfleteren, bereitgestellt von Galerie Hilaneh von Kories

© Stephan Vanfleteren, bereitgestellt von Galerie Hilaneh von Kories

Hamburg

Tipp von Aileen Wessely

Die von uns immer wieder gern empfohlene Galerie Hilaneh von Kories zeigt noch bis zum 6. Juni 2014 die aktuelle Serie namens „Façades & Vitrines“ des belgischen Fotografen Stephan Vanfleteren. Dieser war in den letzten zehn Jahren in belgischen Dörfern und Städten unterwegs, um skurrile und schöne Fassaden und Schaufenster zu dokumentieren.

Mich für meinen Teil sprechen hier die wunderbar ausgewählten Zufallscollagen des Lebens an, die Schriften, Farben, Formen und Reklamemalerei mit den Zeichen des Verfalls vermischen. Verblichen, abgeblättert, verschmutzt, abgescheuert sind die einst leuchtenden Aushängeschilder und haben doch immer noch einen einzigartigen Charme.

Man kann aber auch stärker an der Oberfläche kratzen als ich, die ich zugegebenermaßen in die Bilder an sich verguckt bin. Das Sujet ist natürlich nicht zufällig gewählt, sondern greift ein hochaktuelles Thema auf: Die Verdrängung der kleinen, feinen Läden, in denen oft immer der wohlbekannte Inhaber hinter dem Ladentisch stand, zum Beispiel durch große Einkaufsmeilen, Internetshops und schlichtweg moderner ausgestattete Konkurrenz.

Die Galerie Hilaneh von Kories findet Ihr in der Stresemannstraße 384a, 22761 Hamburg. Sie ist dienstags bis freitags von 14 bis 19 Uhr geöffnet.

 

© Michael Kenna, bereitgestellt von Bernheimer Fine Art Photography© Michael Kenna, bereitgestellt von Bernheimer Fine Art Photography
© Michael Kenna, bereitgestellt von Bernheimer Fine Art Photography© Michael Kenna, bereitgestellt von Bernheimer Fine Art Photography

München

Tipp von Aileen Wessely

„Light on Asia“ heißt es am anderen Ende von Deutschland, wo die in München angesiedelte Galerie Bernheimer Fine Art Photography wunderbar stille Eindrücke aus Asien zeigt, eingefangen vom Fotografen Michael Kenna.

Die Ausstellungsräume sind großzügig und gemütlich – nicht so furchtbar erdrückend anonym weiß wie viele andere – gestaltet und laden so ganz besonders dazu ein, sich in den Landschaftsaufnahmen zu verlieren. Und das kann man ganz vortrefflich in den einerseits feinen Helligkeitsabstufungen und andererseits satten Kontrasten der Schwarzweißarbeiten.

Spannend finde ich auch deren Format: Nur 20 x 20 cm groß sind die meisten der 50 ausgestellten Fotografien. Während es sonst scheint, dass Kunst umso künstlerischer und wichtiger wird, umso größer man sie an die Wand bringt, wird hier selbstbewusst gezeigt, dass es auf die Bilder ankommt. Beruhigend.

Die Ausstellung ist noch bis zum 26. April 2014 zu sehen. Bernheimer findet Ihr in der Brienner Straße 7 unweit des Münchner Hauptbahnhofes. Die Galerie ist dienstags bis freitags und samstags von 10 bis 18 Uhr bzw. von 11 bis 16 Uhr geöffnet.

 

© Guido Baselgia, bereitgestellt von Galerie Andres Thalmann© Guido Baselgia, bereitgestellt von Galerie Andres Thalmann
© Guido Baselgia, bereitgestellt von Galerie Andres Thalmann© Guido Baselgia, bereitgestellt von Galerie Andres Thalmann

Zürich

Tipp von Aileen Wessely

Fantastisch surreale Schwarzweiß-Fotografien gibt es außerdem in der Schweiz zu sehen. Die Galerie Andres Thalmann zeigt noch bis zum 3. Mai 2014 die Arbeiten von Guido Baselgia. Dieser war mit seiner Fachkamera in verschiedenen Ecken der Welt unterwegs, um mit dem Licht der Gestirne zu spielen.

Entstanden ist ein Zyklus von teilweise fast abstrakten Bildern, die Landschaften, Meere, Himmel zu besonderen Tageszeiten zeigen. Vielen von ihnen gemein sind sichtbare Bahnen von Sonne, Mond und Sternen auf dem Himmel. Mal leuchtend grell, mal unterbrochen von Wolkenbewegungen. Bilder, die einen spüren lassen, wie der kleine Planet, auf dem wir im All sitzen, sich bewegt und alles andere drum herum auch.

Obwohl ich sonst so sehr starke Kontraste und eine ausgeglichene Belichtung mag, bin ich von mir selbst überrascht, dass mich auch und gerade die Arbeiten, die sich zum Beispiel ausschließlich im Bereich sehr dunkler Grautöne bewegen, so ansprechen. Vielleicht, weil es hier einfach passt und nicht (wie leider so oft) beliebig ist.

Leider ist Zürich zu weit für mich, aber das Buch dazu – „Falllicht“*, erschienen im Verlag Scheidegger & Spiess – gibt es zum Glück auch und ist nun auf dem Weg zu mir. Etwas neidisch bin ich trotzdem auf alle Schweizer und die, die die Ausstellung in der Galerie in der Talstrasse 66, Zürich sehen können. Geöffnet dienstags bis freitags und samstags von 11 bis 18.30 Uhr bzw. von 11 bis 16 Uhr.

 

Welche Ausstellungen haben Euch in der letzten Zeit so richtig begeistert? Ergänzt unsere kleine Liste gern in den Kommentaren. Vielleicht habt Ihr ja auch ein paar Geheimtipps fernab der großen Städte für andere Leser.

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