24. Februar 2014 Lesezeit: ~4 Minuten

Kaiserslautern Royal

Nicht den Niedergang ostdeutscher Städte und Kommunen will ich zeigen. Auch nicht den Blick etwa auf das abgegraste Thema der ehemaligen Schwerindustrie im Ruhrgebiet richten oder auf die vielerorts eher unglücklichen, aber ebenfalls bereits viel gezeigten Missstände im urbanen Raum von Großstädten.

Viel mehr geht es mir um den aktuellen Zustand westdeutscher Mittel- und kleiner Großstädte. Inwieweit hat sich das Stadtbild ehemals recht prosperierender Kommunen mittlerweile gewandelt? Ist die vielerorts exorbitant hohe Verschuldung der Städte auch im urbanen Umfeld erkennbar?

Ist der Ort meiner Kindheit und Jugend noch ein Ort, an dem ich auch heute noch leben wollen würde? Mit solchen Fragen im Kopf machte ich mich auf den Weg und durchstreifte zentrale Innenstadtbereiche und diverse Wohngebiete meiner Geburtsstadt Kaiserslautern immer und immer wieder.

Kaiserslautern Royal © Jan BechbergerKaiserslautern Royal © Jan Bechberger

Und so konnte ich im Frühjahr 2013 Stück für Stück das Bildmaterial für meine Serie „Kaiserslautern Royal“ zusammentragen. Das Projekt war zugleich die Abschlussarbeit meines Studiums an der Neuen Schule für Fotografie in Berlin, das ich im vergangenen Herbst beendete.

In meinem Projekt ist es mir wichtig, Bilder zu präsentieren, die bespielhaft sein sollen und die auch an anderen Orten entstanden sein könnten. So spare ich bewusst typische Wiederkennungsmerkmale aus, im Fall von Kaiserslautern etwa das Rathaus oder unser bekanntes Fußballstadion.

Kaiserslautern Royal © Jan Bechberger

Darüber hinaus nutze ich einen dokumentarischen Stil und arbeite mit vermeintlich gewöhnlichen Ansichten aus dem urbanen Raum der knapp 100.000 Einwohner zählenden pfälzischen Kommune.

Die einzelnen Bilder der Reihe habe ich mit Bedacht und viel Geduld komponiert, sie sind menschenleer und zeigen subtile Zeichen des Verfalls. Auch das Licht und die Witterung sind mir stets wichtig.

Kaiserslautern Royal © Jan Bechberger

So musste ich zahlreiche Orte wiederholt aufsuchen und versuchte dabei stets, so etwas wie das unter Fotografen bekannte „Becher-Licht“ zu nutzen, also nur bei bedecktem Himmel zu fotografieren. Ich wollte keine strengen Schatten oder übertriebenen Kontraste, eher suchte ich eine Art neutrales Licht.

Konkret rangiert Kaiserslautern derzeit auf Platz drei der am höchsten verschuldeten Städte in ganz Deutschland, hinter Oberhausen und Pirmasens.

Kaiserslautern Royal © Jan BechbergerKaiserslautern Royal © Jan Bechberger

Ohne näher auf die vielschichtigen Gründe und Ursachen eingehen zu wollen, so ist der schlechte Zustand Kaiserslauterns deutlich und ohne lange danach suchen zu müssen sichtbar: Leerstehende Läden, Büros und auch Wohnungen, Ramschläden und Ein-Euro-Kaufhäuser.

Auch in zentralen Wohngebieten sieht es eher traurig aus und wer genau hinschaut, der kann ihn sehen, den schleichenden Verfall und den verblassten Glanz längst vergangener fetter Jahre.

Kaiserslautern Royal © Jan BechbergerKaiserslautern Royal © Jan Bechberger

Hinzu kommt aktuell der Bau einer komplett überdimensionierten Einkaufs-Mall mitten in der Stadt. Anders als der zukünftige Betreiber der Mall sind sich Experten einig, dass ein solches Einkaufszentrum weiteren Leerstand von Geschäfts- und Gewerbeflächen nach sich ziehen und somit zu einer weiteren Verödung der Innenstadt beitragen wird.

So möchte ich mit meiner Fotoserie neben den inhaltlichen Aspekten auch eine Atmosphäre transportieren. Wer sich darauf einlässt, der kann vielleicht die Tristesse der Orte spüren.

Kaiserslautern Royal © Jan Bechberger

Und wie schon gesagt: „Kaiserslautern Royal“ soll ein Beispiel sein und ist als Auftakt zu weiteren Serien über Städte ähnlicher Charakteristik und Größe gedacht. Nach Oberhausen, zum Beispiel, wollte ich immer schon einmal fahren und in Pirmasens, so habe ich mir sagen lassen, soll es eine interessante und sehr fotogene Fußgängerzone geben.

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