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16. Oktober 2013 Lesezeit: ~2 Minuten

Corpus Christi

Obwohl ich weit davon entfernt bin, ein engagierter Christ zu sein, denke ich, dass religiöse Ikonografie eine bizarre und verblüffende fotogene Qualität inne hat. Irgendwie fühle ich mich davon gerufen und sehe ein ästhetisches Mysterium in ihrer oft kühler und schmuckloser Representation. Diese Gedanken waren der Beginn von „Corpus Christi“.

Und dann kam die Idee ganz von selbst: Ich wollte die so oft altmodisch oder obsolet aussehende religiöse Identität durch neue und moderne Orte der Anbetung betrachten.

St Rémy Baccarat | Nicolas Kazis | 1957 © Fabrice Fouillet

Mein erstes Forschen führte mich zu Kirchen aus Stahlbeton. Dieses Baumaterial war unter Architekten nach dem zweiten Weltkrieg sehr begehrt und markierte den Beginn „moderner“ religiöser Architektur.

Ste Mary's cathedral | Kenzo Tange | 1964 | Tokyo © Fabrice Fouillet

Alles begann mit vielen Stunden der Recherche und manchmal auch wackeligen Entscheidungen, um eine Reise „für nichts“ auf alle Fälle zu vermeiden. Die Kirche muss relativ groß sein, damit das Bild wirkt – die Fotografie braucht genügend Perspektive und Licht.

St. Mary of the assumption | San Francisco | Pietro Belluschi | 1971 © Fabrice Fouillet

Unerfreuliche Überraschungen sind recht selten, können aber passieren: In diesem Falle bleibt nichts anderes übrig, als nach Hause zu gehen und die Fotos wegzuwerfen. Glücklicherweise ist ein gutes Bild meistens möglich, sobald sich die Tür geöffnet und das Auge Zeit hat, sich an das durchscheinende Licht zu gewöhnen.

Iglesia de Iesu | San Sebastian | Rafael Moneo | 2011 © Fabrice Fouillet

Ich wollte eine Invariante in der Serie haben, weshalb ich immer dieselbe direkte Perspektive nutzte, immer auf den Altar zentriert. Warum?

Kirche am Hohenzollernplatz | Berlin | Fritz Hoger | 1933 © Fabrice Fouillet

Weil ich auf eine omnipräsente Geometrie bestehen wollte. Gleichzeitig jedoch auch eine bestimmte, oftmals minimalistische Unnachgiebigkeit, die typisch für die Organisation religiöser Ausstattung und ritueller (um nicht zu sagen dekorativer) Objekte ist, hervorheben wollte.

Christie Auferstehung | Köln | Gottfried Böhm | 1957 | © Fabrice Fouillet

Ich habe entschieden, den Altar am Fuße des Bildes zu platzieren, um die vertikale Höhe und die architektonische Errungenschaft zu betonen. Jedoch auch, um mit der Symbolik der Disproportion zwischen unserer kleinen Erscheinung und der Größe des Heiligen zu spielen.

Notre dame du Chêne | Viroflay | Frères Sainsaulieu | 1966

Ich bin erstaunt, dass es eine solche Vielfalt einzigartiger architektonischer Strukturen innerhalb ein und derselben Institution gibt.

Dieser Artikel wurde von Martin Gommel aus dem Englischen übersetzt.

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