10. August 2013 Lesezeit: ~4 Minuten

Einblicke in das Leben der Feldhasen

Die einen sehen ihn als süßes Haus- und Kuscheltier, die anderen empfinden ihn als Schädling und Plage. Für uns Naturfotografen stellt er ein wunderschönes und willkommenes Motiv dar.

Feldhase © Christoph Ruisz

Der Feldhase ist ein scheuer Bewohner unserer Feld-, Wald- und Wiesenlandschaften. Oft wird er angesichts seiner ausgezeichneten Tarnung gar nicht erst wahrgenommen und übersehen. Das liegt auch daran, dass sich Feldhasen bei nähernder Gefahr in eine Kauerstellung begeben (in der Jägersprache nennt man diese Stellung „Sasse“) und sie dadurch noch schwieriger auszumachen sind.

Auch die rückläufigen Bestände in unseren Breitengraden tragen dazu bei, dass es immer wieder eine neue Herausforderung darstellt, Meister Lampe in einem ansprechenden Moment vor die Linse zu bekommen.

Insbesondere auch deshalb habe ich mich in den vergangenen Monaten auf diese interessanten Säuger konzentriert und dabei Einblicke in ihr tägliches Leben erhaschen dürfen.

Feldhase © Christoph Ruisz

Die wohl interessanteste Zeit für das Fotografieren und Beobachten von Feldhasen stellt das Frühjahr dar. Durch die kalten Wintermonate ist die Vegetation in dieser Zeit noch nicht so weit vorangeschritten wie beispielsweise in den Sommermonaten.

Dadurch ist es wesentlich einfacher, die Tiere zu entdecken und ohne störende Elemente wie Grashalme oder Ähnliches in den Sucher zu bekommen.

Feldhase © Christoph Ruisz

Allem voran ist dies aber der Beginn der Paarungszeit, was sich besonders auf die männlichen Tiere auswirkt. Mit ein bisschen Glück lassen sich die wilden Paarungskämpfe aus unmittelbarer Nähe verfolgen. Dabei handelt es sich um Boxkämpfe, bei denen der Gewinner die Gunst des Weibchens erwirbt.

Selten kristallisiert sich der Sieger nach nur einer einzigen Auseinandersetzung heraus. Die „Boxer“ richten sich dabei auf ihre Hinterpfoten auf und versuchen, sich gegenseitig mit den Vorderpfoten auf die Köpfe zu schlagen. Abgesehen davon kämpfen manchmal auch mehrere Hasen zugleich gegeneinander und verbünden sich zudem.

Aus großer Entfernung konnte ich genau solch eine Gruppenbildungen beobachten, bei der sich drei Säuger verbündeten und die restlichen Kontrahenten in die Flucht schlugen.

Feldhase © Christoph Ruisz

In der Paarungszeit steigt der Hormonspiegel bei den Männchen auf ein absolutes Maximum an und lässt die sonst schreckhaften Zeitgenossen auch abseits der Rivalitäten ihre Scheu ablegen.

Sie entwickeln in diesem Zeitraum eine regelrechte Neugierde, wie man sie sonst im restlichen Jahr nicht erlebt. Diese wirkt sich sehr positiv auf das Fotografieren aus, weil man die Feldhasen mit etwas Geduld und Glück dadurch aus nächster Nähe ablichten kann.

Feldhase © Christoph Ruisz

Oft ist es bei meinen Beobachtungen vorgekommen, dass die Hasen sogar unter die Naheinstellungsgrenze des Objektives kamen und mir direkt in die Augen blickten.

Die meisten meiner Eindrücke entstanden, als ich auf dem Bauch liegend mit meiner Kamera durch Wiesen und Felder robbte, um auf gleicher Augenhöhe mit den Tieren zu sein. So empfanden sie mich nicht als Bedrohung und ließen sich in ihren Handlungen kaum stören.

Feldhase © Christoph Ruisz

Besonders intensiv empfand ich auch jene Begegnung, bei der ein Feldhasen-Pärchen in der Abendsonne den Tag ausklingen ließ. Dabei robbte ich bis auf 20 Meter an die beiden heran und wartete mehrere Minuten, als plötzlich einer der beiden Hasen aufsprang und in meine Richtung hoppelte.

Unmittelbar danach setzte sich auch der zweite Mümmelmann in Bewegung und steuerte ebenfalls meine Richtung an. Dermaßen beeindruckt von dieser Entwicklung entschloss ich mich, auf das Fotografieren zu verzichten, um das Geschehen einfach zu genießen.

Für ein paar Sekunden hielten die beiden in ungefähr fünf Metern Entfernung vor mir inne, um danach einen regelrechten Tanz aufzuführen. Dabei umkreisten sie mich mehrmals und verfolgten sich gegenseitig.

Es sah aus wie ein Spiel, vermutlich handelte es sich aber um einen Paarungstanz zwischen Männchen und Weibchen. Solche Verfolgungen leiten oft die Kopulation ein. An diesem Abend kam es jedoch zu keiner Rammelei.

Feldhase © Christoph Ruisz

Genau das sind die Momente, die die Wildlife-Fotografie so besonders und wunderschön machen. Bei solchen Begegnungen vergisst man fast, dass es sich dabei um wilde Tiere in freier Wildbahn handelt.

Für die Zukunft erhoffe ich mir im Speziellen, dass die Bestände in Europa wieder eine positive Entwicklung erfahren und der Feldhase von der Roten Liste der gefährdeten Arten verschwindet.

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