20. Juli 2013 Lesezeit: ~2 Minuten

Wer wir sind –

… ist mehr als das, was wir sehen.

Kann ich Gefühle sichtbar machen, beziehungsweise sie beim Betrachter auslösen? Wie viel muss ich dabei dem Zufall überlassen und was habe ich dabei unter Kontrolle? Das sind Fragen, die mich seit Längerem schon beschäftigen.

Das klare Bild ist etwas Schönes. Ich sehe mich gern daran satt. Doch in meinen eigenen Arbeiten benötige ich das Mystische. Denn meine Gedanken sind nicht klar, nicht rund, nicht fassbar. Sie wirbeln herum und brauchen doch Struktur, müssen wie Bänder im Wind festgebunden werden.

© Marit Beer © Marit Beer

Und auch die Menschen, die zu mir kommen, am Anfang immer Unbekannte, sind für mich nicht zu fassen. Worte schweben dann in der Luft, müssen zusammengesetzt werden. Ich versuche, Ähnlichkeiten oder grundsätzliche Unterschiede festzustellen. Zeichne gedanklich Charakterlinien.

Wer bist Du, Mensch, der vor mir sitzt? Wer bist und was gibst Du preis? Hast Du eine Idee von Dir selbst? Wer bist Du, wenn ich Dich anschaue und wer bist Du, wenn ein anderer Dich aus der Wohnung gehen sieht? Was nimmt die Kassiererin an der Supermarktkasse von Dir wahr und was der Dir Gegenübersitzende in der U-Bahn?

© Marit Beer © Marit Beer

Was hast Du alles gesehen, als Du hier zu mir in die Wohnung kamst und was geht Dir dabei durch den Kopf, Dich von einer Fremden fotografieren zu lassen?

All das sind manchmal unausgesprochene Fragen. Manchmal finden sie nach außen und manchmal werden sie zu Bildern.

Oft genug lege ich nun auch meine Spiegelreflex-Kamera zur Seite. Meine früher oft müde belächelte Holga kommt dann zum Einsatz. Sie ist für mich die Mitte aus Kontrolle und Kontrolllosigkeit. Denn während ich genau weiß, was ich von meiner Canon A-1 oder Kowa Six zu ewarten habe, ist meine SX-70 dagegen eine Treuelose und Unberechenbare. Die Holga aber ist meine fotografische Mitte.

© Marit Beer © Marit Beer

Ihr, einem abgelaufenen Rollfilm und Rosina habe ich meine letzten Serie zu verdanken, die meine anfangs gestellten Fragen zu mir zurückwirft, wenn ich die Bilder betrachte.

Und sie bohren noch weiter. Denn das, was bleibt, ist am Beginn nur eine Möglichkeit, zusammengetragen aus Raum und Zeit.

Ähnliche Artikel