03. Juli 2013 Lesezeit: ~5 Minuten

Auf den Hund gekommen – ein etwas anderes Hundeportrait

Man kennt ja die gruseligen 0815-Hundeportraits des alteingesessenen örtlichen Fotostudios. Das arme Tier sitzt unruhig mit Korb, Schleifchen und Spielzeug ausgestattet vor einem neutralen Hintergrund und weiß nicht, wie ihm geschieht.

Der Vorhof zur Hölle? Spätestens nach der Bearbeitung des Bildes in Sepia und dem Zaubern einer ovalen weißen Vignettierung steht fest: Ja, willkommen in der visuellen Hölle!

Also Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden und das ist auch gut so. Wäre ja langweilig, wenn alle das Gleiche schön finden würden. Es gibt sicher auch schöne Hundeportraits, die im Studio entstehen und mit einer schönen Bildbearbeitung versehen sind. Aber mein Geschmack ist es leider nicht. Ich bin kein Studiofotograf und mag lieber ungestellte, lebendige, echte Fotos. Egal ob beim Menschen oder beim Tier.

© Martina Woll

Jetzt habe ich noch nicht so viele Haustiere fotografiert – wenn ich recht überlege, eigentlich noch gar keine, zumindest nicht ernsthaft. Denn als ich Haustiere hatte (und ich hatte viele: Hasen, Katzen, Meerschweinchen, Vögel, Ziesel, Rennmäuse, Fische, ja sogar einen Hund), habe ich noch nicht fotografiert und seit ich ernsthaft fotografiere, habe ich keine Haustiere mehr. Wie das Leben manchmal so spielt.

Seit einiger Zeit nun überlege und überdenke ich ein Fotoprojekt, welches ich bald starten möchte. Es hat – trommelwirbel – mit Hunden zu tun. Wer hätte das gedacht.

Kürzlich unterhielt ich mich mit einer Fotografenkollegin und irgendwie kamen wir über Katzenfotos auf den Hund. Und weil ich ja unbedingt meine Fähigkeiten als Hundefotograf testen wollte, hatten wir uns dann ganz spontan für nachmittags verabredet. Sie ist nämlich das Frauchen von Butch, einem achtjährigen Boxer-Staffort-Terrier-Mix.

Sie hatte mir noch ein Bild von Butch gemailt, worauf er recht klein und schnuckelig aussah. Ich war entsprechend „geschockt“ als ich ihn dann in Natura sah: Kein Riese, aber doch nicht so klein wie erwartet. Aber ’ne echt coole Socke, dieser Butch!

© Martina Woll

Ich mag also wie bereits erwähnt lebendige Fotos. Für mich gehört in diesem Fall Verwacklung, Unschärfe und schönes Korn bzw. Rauschen durchaus dazu.

Meine DSLR mit den lichtstarken Objektiven habe ich also zu Hause gelassen und stattdessen eine kleine Systemkamera mit einem eher lichtschwachen, leichten Zoom mitgenommen. Bei ISO 1600 und Blende 3,5 bis 5,6 für diese Art von Fotos geradezu perfekt.

© Martina Woll

© Martina Woll

Wir gingen also ganz entspannt und ohne den Druck, unbedingt ein preisgekröntes Foto schießen zu müssen, mit Butch eine Runde im Wald spazieren. Stellenweise war es dort fast schon zu dunkel für die Kamera, weshalb die Bilder bei schnelleren Bewegungen des Hundes dann verwackelten.

Aber das war ja mehr oder weniger gewollt, bis zu einem bestimmten Grad zumindest. Gänzlich verwackelt sollte das Bild dann doch nicht sein, sondern nur der Körper des Hundes oder Teile davon wie Schwanz oder Kopf oder eben umgekehrt, also Körper scharf, Umgebung verwackelt, um die Bewegung beziehungsweise Lebendigkeit des Tieres sichtbar zu machen. Es musste halt in sich stimmig sein und zum Gesamtbild passen.

© Martina Woll

© Martina Woll

Nun wollte ich aber nicht nur leicht verwackelte oder unscharfe Bilder machen, sondern auch durch einen ungewöhnlichen Bildschnitt etwas Spannung mit einbringen. Bei mir gibt es deshalb auch mal nur einen halben Hund zu sehen oder nur mal den Kopf, das Hinterteil oder eine Pfote.

Mir ist hier wichtig zu erwähnen, dass ich den Bildschnitt bereits beim Fotografieren wähle und das Foto nicht nachträglich am Bildschirm zurechtschneide. Ich möchte, dass meine Bilder beim Fotografieren entstehen und nicht in der Nachbearbeitung. Diese bezieht sich am PC daher lediglich auf die Farbgebung und den Kontrast des Bildes.

© Martina Woll

© Martina Woll

Aber zurück zu unserm Kurztrip in den Wald.

Ich hatte Butchs Frauchen gebeten, sich einfach mit ihm zu beschäftigen und mich gar nicht zu beachten. Leckerlis geben, Stöckchen holen, an der Leine gehen, frei laufen, sich austoben, was man eben beim Gassigehen so macht. Wir waren vielleicht eine halbe Stunde unterwegs und die Zeit war völlig ausreichend, um ein paar schöne Fotos zu schießen. Für mich sagen solche Bilder viel mehr aus als gestellte Hundeportraits im Studio.

© Martina Woll

Ein paar gestellte Bilder musste ich dann aber doch machen und bat Butchs Frauchen hierfür mit ins Bild. Und selbst hier möchte ich vom Standard abweichen und ein etwas anderes Portrait zeigen.

Wer meine Arbeiten kennt, der weiß, dass ich das Motiv gern auch mal nur klein zeige, sei es nun eine Person, ein Flugzeug oder ein Tier. Ich liebe es, solche „Such das Motiv“-Bilder zu kreieren, die auch die Umgebung mit einbeziehen und viel Raum für Gedanken lassen.

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