22. Mai 2013 Lesezeit: ~4 Minuten

Von Menschen und Essen

Auf die Food-Fotografie bin ich nicht zufällig, aber über Umwege gestoßen. Eigentlich bin ich seit Jahren der Menschenfotografie verschrieben. Den Portraits, Momentaufnahmen, Fashionbildern und Bildergeschichten gilt auch heute noch mein Hauptinteresse als Fotograf. Und natürlich als Mensch.

„Shoot what you love“ tönt es von allen Seiten, also warum nicht mal das Spektrum erweitern und etwas hinzufügen, was ich auch liebe? Mit leckerem Essen verbindet mich nicht nur meine persönliche Leidenschaft, sondern auch mein Startup foodQuest, das sich mit dem Thema Essen, genauer: Restaurants, in Form einer App auseinandersetzt. Und dann auch noch in Berlin wohnen! Klischeealarm!

Food © Ken Knoll

Es mag kaum überraschen, aber ich könnte kaum glücklicher über die Reihenfolge sein, in der ich diese Felder der Fotografie kennengelernt habe. Warum? Ganz einfach: Einen Menschen darzustellen, einen Moment festzuhalten, den Ausdruck einzufangen, all das sind Dinge, die neben einem Hauch Technik vor allem eines erfordern:

Gefühl. Den Moment erkennen, erspüren, ihn vielleicht sogar selbst zu erzeugen. Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Etwas entdecken im Gesicht des Gegenübers und dieser Entdeckung zu huldigen. In der Food-Fotografie versuche ich, diesen Prozess zu wiederholen: Nicht einfach nur abbilden, sondern erst einmal fühlen. Sehen. Mit dem Koch reden: Was ist das Besondere an diesem Essen? Wer ist der Star?

Ach, das Fleisch hat eine Kerntemperatur von 55°C und ist deswegen so schön rosa? Diese Eindrücke nehme ich mit und versuche, sie in das Bild einzubauen. Hierbei hilft es mir enorm, dass ich das Entdecken, Fühlen und Sehen bereits aus meiner vorherigen Fotografieerfahrung einbauen kann.

Food © Ken Knoll

Food © Ken Knoll

Wir kennen alle die stark konzeptualisierte und stilisierte Form der Food-Fotografie (die ich auch auf eine gewisse Weise bewundere), aber genau wie in meiner Menschenfotografie interessiert mich meistens der Blick auf’s Ganze, nicht nur der hochglanzkompatible Eindruck.

Die Emotion, die ich mit meinen Food-Bildern erzeugen will, ist ungleich einfacher als in der Menschenfotografie: APPETIT. Ich mag Bilder, die Lust auf Essen machen. Lecker. Will ich haben. Ich persönlich muss dafür dem Foto glauben.

Es muss authentisch sein und trotzdem ästhetisch. Dieser Ästhetik sind natürlich dadurch gewisse Grenzen gesetzt. Essen sieht nun mal schnell „falsch“ aus. Verdorben, ungesund. Wir sind nun einmal evolutionsbiologisch so programmiert. Meine Lösung hierfür: Mach’s Dir einfach.

Ein Tageslicht-Setup im Studio nachbauen klappt mit etwas Übung im Portraitbereich sehr gut, im Food-Bereich ist es aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen Oberflächen, die teilweise recht erbarmungslos jeden Fehler offenbaren, schon etwas komplizierter.

Food © Ken Knoll

Food © Ken Knoll

Meine Food-Fotos entstehen daher häufig mit reinem Tageslicht. Ein großes Fenster zur Nordseite, ein Faltreflektor. Mehr brauche ich meistens nicht. Ich baue durchaus mal das eine oder andere Setup im Studio, aber die Limitationen sind deutlich stärker:

Je nachdem, wie viel Essen ich fotografieren möchte (ich fotografiere viel in Restaurants) und wie der Prozess der Essensanlieferung aussieht, muss ich teilweise sehr schnell und spontan arbeiten.

Eine Suppe? Vielleicht ein softes Gegenlicht. Das leckere Fleisch? Braucht schönen Kontrast, also versuche ich, das Licht eher von der Seite oder von hinten kommen zu lassen. Und so weiter.

Hierbei liegt es mir trotz reicher Erfahrung mit Blitzen aller Art einfach näher, mich mit einer großen Lichtquelle in Form eines Fensters zu begnügen und so schnelle Entscheidungen treffen zu können.

Food © Ken Knoll

Ich will in diesem Text bewusst nicht viel von der Technik erzählen. Technik ist entsetzlich langweilig. Klar ist es notwendig, seinen Weißabgleich richtig einzustellen, wenn man ordentliche Farben haben möchte. Aber genau darum geht’s mir ja: Erst fühlen, dann sehen, dann fotografieren.

Dann klappt’s auch mit den richtigen Farben und der restlichen Technik. Wer noch nie eine Softbox bedient hat, tut in jedem Fall gut daran, bei den ersten Food-Gehversuchen die große kostenlose Softbox von „da oben“ zu verwenden.

Vielleicht bringt Euch dieser Text dazu, Euer Hauptinteressengebiet mal für einen Moment zu verlassen und etwas ganz anderes zu fotografieren. Und dann erlebt Ihr vielleicht, was für Euch die darunterliegende Verbindung zwischen den verschiedenen Gebieten ist. Seid gespannt!

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