19. April 2013 Lesezeit: ~3 Minuten

Melancholia in Island

Als ich vor über einem Monat bei Dvorah Kern war, um die Bilder für unsere Ausstellung einzurahmen, stolperte ich über andere großformatige Bilder. Sie zeigten Landschaften – unwirklich, anders, seltsam.

Es waren ganz untypische Landschaftsfotografien und sie lösten in mir den Wunsch aus, dort, genau dort zu stehen, wo dieses Bild gemacht wurde. Im Kopf John Frusciante und seiner Gitarre zu lauschen. Ich wollte also mehr von ihr wissen, wie und warum sie entstanden.

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Dvorah wollte, so erzählte sie mir, eine Serie über das Gefühl der Melancholie erarbeiten. Die Ausstellung „Melancholie. Genie und Wahnsinn“ 2006 in Berlin hatte bei ihr einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Sie hatte das Bedürfnis, nach der ursprünglichen Melancholia zu suchen.

Sie selbst sagt dazu:

Man sucht immer nach dem, was man selbst in sich hat.

Doch sollten auf den Bildern keine Menschen, sondern Landschaften sein. Der Frühling und Sommer in Deutschland eignete sich für diese Umsetzung nicht. Also beschloss sie im Juni, für eine Woche nach Island zu fahren. Es war überdurchschnittlich kühl im Land, also gerade richtig. Sie mietete sich mit einem Bekannten ein Auto.

Es gab kein bestimmtes Ziel, keinen Ort, den sie unbedingt finden wollte. Island war ihr unbekannt, sie ließen sich treiben, fuhren über die Ringroad und wenn ihr Auto es zuließ auch Pisten weit ab davon. Wenn schönes Wetter war, dann schlief sie, sagt sie, wenn aber die extremen Wetterbedingungen draußen an die Schreibe klopften, dann klopfte auch ihr Herz.

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Sie suchte also nach den Extremen. Nach Nebel, Regen, Hagel, Sturm und rauen Landschaften. Sie wollte das rohe Island sehen. Und sie fand es.

Manchmal war es hart, da draußen zu stehen, im Sandsturm, Regen oder Hagel und nur Zeit für drei Fotos zu haben, bevor es einen umwarf.

Sie machte Einzelaufnahmen, aber auch Doppelbelichtungen. Sie suchte in diesen Landschaften nach dem Gefühl, das sie trieb. Sie hatte Farbfilme für ihre Mittelformatkamera (4,5×6) dabei, 16 Bilder pro Film. Zuhause am Rechner entschied sie dann, welche in Farbe und welche eher in schwarzweiß am besten wirkten.

Die Bilder, die sie mitbrachte, zeigen die Landschaft, roh wie sie ist, wenn es stürmt oder hagelt. Sie zeigen aber auch die unterschiedlichen Strukturen, die solche Extreme hervorrufen. Steine, spitz und kantig, Wasser, dass es bei seinem Anblick friert, verdorrtes Gras und Sand, der wirkt, als säße man im Mars Rover „Curiosity“ und erkunde die Umgebung.

Und was sie auch zeigen, das ist ein persönliches Bild. Es ist ihr Bild einer Landschaft, ihr Gefühl, das darin Ausdruck findet. Nicht überschärft, nicht mit leuchtenden Farben, sondern ihren Farben und ihrer Geschwindigkeit.

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Am meistem aber bewegt mich das Bild der Straße, die ins Nichts führt. Dieses Bild ist für mich der Mittelpunkt der Serie, denn wer weiß, was sich hinter diesem Nichts verbirgt?

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