18. April 2013 Lesezeit: ~4 Minuten

Wir nennen es Wolkenschloss

Manchmal frage ich mich, wie das alles so vor Facebook war. Also das mit der Fotografie. Ich kann mir ein Leben ohne gar nicht mehr richtig vorstellen. Jetzt werden ein paar Augen verdreht und entnervt „Generation Facebook“ gerufen, aber lest erst einmal:

Facebook hat ja den Ruf, mit unnützen Fotos von Urlaub, Nachspeise und langweiligen Statusupdates einfach nur ein Zeitdieb zu sein, außerdem gerät es immer wieder in große Copyrightdiskussionen, aber für mich hat es sich zu einem sehr wichtigen Ort für meine Fotografie entwickelt.

Nicht, weil es eine weitere Plattform ist, auf der ich meine Bilder zeigen kann, sondern weil ich dort in einem eigenen Fotofreundeskreis zu Hause bin. Der nächste Aufschrei: „Sie nennt Facebook ihr Zuhause!“ Aber wie nennt man denn sonst Freunde, die einen unterstützen, bei Problemen beraten und Wissen austauschen, sich treffen, gemeinsam Ausflüge planen, zusammen lachen?

Und wieso braucht man dazu Facebook? Weil die meisten dieser Freunde nicht aus Deutschland, viele nicht einmal aus Europa kommen. Seit Jahren kannten wir die Bilder der anderen von Flickr, haben hier und da mal einen Kommentar oder eine Nachricht hinterlassen, aber es war kein Raum da, sich wirklich kennenzulernen.

Bis letztes Jahr im Mai jemand auf die Idee kam, eine private Flickr-Gruppe auf Facebook zu starten. Und plötzlich lernte man alle wirklich kennen und aus fremden Fotografen wurden Freunde.

Und aus der Flickr-Gruppe sind bald einige kleinere entstanden. Es gibt zum Beispiel eine Gruppe, in der man ein Bild zur Bearbeitung freigeben kann, um zu sehen, was andere daraus machen würden und um von ihnen zu lernen.

Es ist immer wieder inspirierend zu sehen, auf welche Ideen andere mit den eigenen Bildern kommen und auch das Bearbeiten anderer Bilder bringt viele neue Ideen.

© Laura Zalenga

In einer anderen Gruppe zeigt man Bilder, die schief gelaufen sind. Wir hatten schon die lustigsten Nies-Grimassen, wilde Tiere im Bild und große Windprobleme. Es macht Spaß, gemeinsam zu lachen und zu sehen, dass bei den anderen auch nicht immer alles beim ersten Mal funktioniert.

© Laura Zalenga

Eine viel genutzte Gruppe ist auch die für „Fotografen-Probleme“. Von Bilderklau über unangebrachte Kommentare und Kundenprobleme bis zu Honorarfragen: Bisher wurden in der Gemeinschaft von 300 Mitgliedern fast immer hilfreiche Tipps oder notfalls tröstende Worte gefunden.

© Laura Zalenga

Eine letzte Gruppe, die ich ansprechen möchte, gibt allen die Möglichkeit, gemeinsam Fotokonzepte auszuarbeiten und zu verwirklichen. Oft gibt es ein monatliches Thema, zu dem viele ein Foto machen.

© Laura Zalenga

Sicher gibt es für all diese Dinge auch Foren im Internet, aber mit Leuten zu diskutieren, die man kennt, deren Bilder man kennt und die die eigenen Bilder kennen, die im gleichen Alter sind und die gleichen Ziele haben, macht es zu etwas Besonderem und Vertrautem.

Seit ein paar Wochen bin ich in einer Gruppe, die ein Treffen in Österreich plant. Zwanzig Fotografen (aus Deutschland, Österreich, der Schweiz, Norwegen, Frankreich, Luxemburg, Rumänien, den Niederlanden, England und Irland) werden im August eine Woche lang in einer gemütlichen Berghütte leben und fotografieren.

Die Vorfreude ist riesig und ich werde wohl einen Hintergrundbericht und Fotos für kwerfeldein mitbringen.

© Laura Zalenga

In der ursprünglich großen Gruppe geht es mittlerweile mehr um Allgemeines und man postet hier, wenn man alle erreichen will, wenn man eine Frage hat und eine Bandbreite an Antworten möchte. Es werden zur Zeit etwas utopische Pläne zu einer Gruppenvollversammlung geschmiedet.

© Laura Zalenga

Allein die Vorstellung lässt uns alle in bunte Tagträume versinken. Irgendwann werden wir ein Märchenschloss mieten, alle einfliegen lassen und den lieben langen Tag Fotos machen, lachen, diskutieren und Pferde stehlen.

Bis dahin werden wohl diese Gruppen unser imaginäres Schloss bleiben, unsere ganz eigene Welt.

Die Links zu unseren Gruppen darf und will ich an dieser Stelle nicht verraten. Sie sollen dieser kleine, private Ort bleiben, an dem jeder jeden kennt. Für alle die, die jetzt ihren Unmut über Facebook kommunizieren wollen: Es gibt auch andere Orte, an denen solche Gruppen möglich sind.

Denn es geht hier nicht um Facebook, sondern schlicht um einen Ort, an dem man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann. Also gründet doch auch eine solche Gruppe auf Eurer Lieblingsplattform mit Fotografen, die Euch inspirieren und mit denen Ihr Euch austauschen möchtet. Aus meiner Erfahrung ist es die Sache eindeutig wert.