20. März 2013 Lesezeit: ~4 Minuten

Männerfantasien

Wie wird der Mann eigentlich in der Fotografie dargestellt? Ist er Hauptakteur, schmückendes Beiwerk oder Viele und Einer im Selbstportrait? Ist er muskulös, breitbeinig samen-produzierend oder androgyn und eine Parfumschleuder? Ist er sexuelles Lustobjekt oder Herrscher über Seil und wogende Brüstemeere?

Und warum eigentlich immer ein und, oder oder und?

In ihrer Abschlussarbeit „Subjects of Desire“ für die Neue Schule für Fotografie ist Zorana Musikic dem auf der Spur. Oder noch besser, sie spielt damit. Überspitzt, dreht um und erstaunt den einen oder anderen Betrachter.

Als Frau schmunzelt man, zieht die Augenbraue hoch, wiegt den Kopf hin und her. Kann man sich doch all die Inszenierungen ganz einfach auch und vor allem an Frauen vorstellen.

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Überspitzung ist immer ein Mittel zur Selbstreflexion. Plötzlich werden einem die Grenzen der eigenen Dämlichkeit bewusst. Das ist es, was die Bilder schaffen – nicht konsumieren, sondern denken, nachdenken, Vorurteile bewusst machen, hinterfragen.

Angefangen hatte es mit Fotos ihres Freundes. Wie stellt man Männlichkeit dar, was ist Männlichkeit? Und warum werden oft eher Frauen fotografiert? – Frauen von Frauen, Frauen von Männern, wohin man blickt. Wer fotografiert Männer und warum und wie? Und warum immer so Stereotype, festgefahren, verankert im Geflecht der Selbstüberschätzung?

Aus den Fragen entwickelte sie ihre Serie. Sie fragte Ex-Freunde, Freunde von Freunden, Mitbewohner von Freunden. Sie gab ihnen Raum zum Ausprobieren. Eine ungefähre Idee im Kopf, Requisiten in die Hand gedrückt, aber was letztendlich gezeigt wird, das entschieden immer beide während der Aufnahmen und danach.

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Für die Männer war der Raum die Bühne, die Requisiten boten Schutz. Sie waren Schauspieler und doch sie selbst, ließen sich fallen und manch einer zeigte im Spiel viel mehr Weichheit als bewusst gespielte Männlichkeit.

Da gab es beispielsweise diesen ausgeleierten Gymnastikanzug. Sie dachte an ihren Ex-Freund, der einst Leistungsturner war – warum nicht beide zusammenbringen? Sie mietete sich in einem Stundenhotel ein und schaute zu, was Ex-Freund und Gymnastikanzug miteinander trieben.

Ihre Bilder entblößen aber nicht. Schnell kann die Grenze zur Clownerie überschritten werden, doch hier scheint mir, ist es geglückt. Die Männer wirken entrückt oder wie in einer Filmszene eingeforen.

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In vielen fühlt man auch das Spiel und die Freude, wie beim Mann, der mit Engelsflügeln springend und jauchzend über das Winterfeld hüpft. Übrigens war die Idee dazu eine ganz andere. In Zoranas Kopf spielte sich eher eine melancholische Szene ab. Ein Mann, der schwer geschultert, vom Schicksal zermürbt, über das Feld humpelt.

Ihre Bilder entstanden dabei alle auf Film. Zwar war auch die Digitale mit dabei, aber eher als Belichtungsmesser und zur Sicherheit, falls auf dem Film nix drauf ist. Aber diese Angst bestätigte sich nie. Immer waren es die Bilder auf Film, die besser waren.

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Licht und Farben wurden bewusst gesetzt. Die Negative hinterher gescannt und digital bearbeitet. Zwei bis vier Filme verwendete sie für ein Setting, einen Mann, eine Idee. Aus den Filmen wählte sie dann die Bilder aus und manchmal war es auch nur eines, das überzeugte.

Die nächste Schwierigkeit war die Hängung der Bilder. Wie sollten sie zueinander wirken? Sie wollte Brüche erzeugen, zum Denken anregen. Und so ist es ihr geglückt, den Betrachter ein wenig an die Hand zu nehmen, zu leiten und zu fordern, sich seinen eigenen Reim auf das zu Sehende zu machen.

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Die ganze Serie ist noch bis zum 21. April 2013, Mittwoch bis Sonntag von 13-18 Uhr in der Galerie der Neuen Schule für Fotografie in der Brunnenstr. 188 – 190, 10119 Berlin, zu sehen.

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