07. März 2013 Lesezeit: ~4 Minuten

Uebergrund gehen

„uebergrund“ gehen,
Asphalt unter den Füßen spüren.
Der urbane Raum verändert sich,
– klick – captured der Augenblick!
Streifzüge durch die Stadt bei Nacht.
Der dunkle Tunnel
und die Katakombe
strahlen kalte Wärme aus.
Irdische Orte
„ueber- und untergrund“.
Abriss
wird mit der Zeit zum „Grundriss“:
Schönheit der Vergänglichkeit.

Auf meiner Webseite habe ich im Menüpunkt „About“ oben wiedergegebenes Gedicht ‑ oder wie auch immer man es nennen mag ‑ eingefügt. Es handelt sich dabei um einen Versuch, meine Gefühle zum Ausdruck zu bringen, die ich empfinde, wenn ich in die urbane Welt abtauche und im besten Fall diese mit der Kamera festhalte.

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Ich klettere an einem x-beliebigen Ort über eine Mauer, schlüpfe durch ein Loch im Zaun oder schleiche mich in den Untergrund. Der Lärm der Stadt wird leiser, bis er bald nicht mehr zu hören ist. Ich bin angekommen in einer Parallelwelt, in meiner Parallelwelt, weit weg vom Schreibtisch und dem Alltag!

Abriss, Zerstörung und Dunkelheit dominieren. Ich tauche ein und lasse sie auf mich wirken. Die Sinne sind wachsam, der Körper ist gespannt, plötzlich ein Geräusch – Adrenalin schießt durch meinen Körper, der Schweiß tritt aus den Poren. Was wartet in der Dunkelheit auf mich? Ich weiß es nicht.

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Der Blick durch den Sucher fixiert, der Spiegel klappt hoch, festgebrannt der Augenblick. Einfangen und erhalten, bevor die Abrissbirne kommt.

Die Schönheit dieser Orte sieht man meist erst auf den zweiten Blick, doch sie ist da. Manchmal gelingt es mir, sie abzulichten, manchmal nicht. Dann wiederum habe ich kein Interesse an dieser Schönheit. Ich suche die „roughness“ und die hässliche Fratze der Stadt, die mich ebenso fasziniert wie anzieht.

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Meine Art der Fotografie zeigt die rohe Authentizität. Ich mag das Unverfälschte und Echte. Spontane und schnell geschossene Fotos sind mir am liebsten, um diese Momente einzufangen. Ich möchte die Szenen so zeigen, wie ich sie vorgefunden habe und möglichst wenig retuschieren oder gar kaschieren.

Ich bewege mich allein, ich bestimme meine Geschwindigkeit, meinen „Workflow“. Von Set-Aufbauten lasse ich mich nicht fesseln. Ich nehme mir die für mich so wichtige Freiheit, lasse mich auf meinen Streifzügen treiben.

Niemand weiß, wo ich mich befinde, dieses Gefühl ist etwas Besonderes. Keiner weiß, welche Wege ich beschreite. Die Gefahr ist ein ständiger Begleiter – ich heiße sie respektvoll willkommen. Die Schritte wähle ich aufmerksam, Fehltritte kann man sich in einer maroden Umgebung nicht erlauben. Wachsamkeit!

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Die Spannung dieser Parallelwelt möchte ich nicht nur einfangen, sondern auch in angemessenem Gewand präsentieren. Fotografien verdienen es nicht, nur ein virtuelles Dasein als nummerierte Datei auf einer Festplatte zu fristen.

Die einzige Aufstiegsmöglichkeit in einer Welt aus Einsen und Nullen ist die Position des Bildschirmschoners. Millionen von Pixeln haben mehr verdient: Sie gehören auf Papier gedruckt. In dieser Form können sie ihre Farbenvielfalt, die starken Kontraste oder die schwarzweißen Nuancen perfekt entfalten.

Das haptische Erlebnis macht den Unterschied. In analogen Zeiten wurde mit Spannung auf die Entwicklung der Fotos gewartet. Durchblättern, aussortieren und einkleben; Arbeit mit den Händen.

Im Jahr 2009 kam mir – nach einem einjährigen Auslandsaufenthalt – die Idee, meine Fotografien nicht „nur“ in einer Diashow zu präsentieren, sondern auch in Form eines Bildbandes. Einige schlaflose Nächte – und viel Herzblut – später war das „uebergrund Fotomagazin“ geboren.

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Inzwischen sind vier Jahre vergangen und ich habe meine „Urban-Trilogie“ abgeschlossen und jährlich im Eigenverlag veröffentlicht. In den drei Ausgaben zeige ich Stadtansichten aus Australien, Neuseeland, Vietnam, Hongkong und verschiedenen europäischen Metropolen. Die Druckmaschine hat meine Interpretation von Abriss, Verfall, Schönheit, Dunkelheit, uebergrund, Untergrund, Urban art, Nachtilluminationen und Trash zu Papier gebracht.

Jetzt ist es Zeit für neue Wege – diese werde ich im Sommer 2013 beschreiten. Der Titel bleibt, der Inhalt wird ein anderer!

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