16. Januar 2013 Lesezeit: ~6 Minuten

Anleitung zum dämlichsten Fotografen 2013

Für Neulinge an der Kamera kann es sich als massive Herausforderung darstellen, ein maßlos bescheuerter, stieseliger und konservativ-bornierter Fotograf zu werden. Anfänger tun sich schon im Kleinen schwer, auch wenn insgeheim davon geträumt wird, endlich zur Elite der Foto-Deppen zu gehören.

Allerdings muss niemand frühzeitig resignieren, gibt es doch unter erfahrenen Kollegen – sogenannten Profis – recht vielversprechende Vorbilder. Und wem der Traum vom dämlichsten Fotografen auch nach Jahren meilenweit entfernt scheint, könnte diese idiotensichere Anleitung zum unverzüglichen Misserfolg verhelfen.

 

Die Grundlagen

Prüfen Sie nach, ob Sie ein Mann sind. Falls ja, stehen Ihre Chancen gut – als Frau können Sie leider nicht mitmachen.

Kaufen Sie sich eine DSLR – 30 MP sollte die draufhaben. Und Sie sollten wissen, was MP eigentlich heißt, denn Abkürzungen zu benutzen, schindet Eindruck (vorerst). Achten Sie beim Kauf der mindestens zehn Objektive darauf, dass alle einen roten Ring haben, für den schmalen Geldbeutel gibt es auch Fake-Versionen.

Melden Sie sich in einem Foto-Forum an, das beschleunigt den Vorgang. Stellen Sie ein paar ernstgemeinte Anfänger-Fragen und nehmen Sie sich ein Beispiel an den Antworten. Technik-Threads sollten Sie gut im Auge behalten: Eine wahre Inspiration für den jungfräulichen Fotozögling.

Sie sollten sich ein paar Internet-Helden krallen und diesen auf Schritt und Tritt folgen. Besuchen Sie jeden Workshop, den Sie finden können. Besonders originell sind Studio-Workshops mit nackten Mädels (boah geil) und tiefergelegten Golf GTIs.

Jegliche Zeitschriften aus dem Springer-Verlag sind zu konsumieren, ein BILD-Abo ist Pflicht. Gelegentliche Ausschweife in die Porno-Industrie sollten nicht fehlen, schließlich brauchen Sie ständig frische Inspiration.

Treten Sie einem Kamera-Club in Ihrer Heimatprovinz bei und lassen Sie beim Stammtischgesaufe nie Ihr „Baby“ (so sagt Mann dazu) in der Tasche. Sie soll exponiert werden, wofür haben Sie das geile Teil denn sonst gekauft?

Trick: Informieren Sie sich vorher, wo Auslöser und Burst-Modus sitzen, denn die Vorführung von Letzterem wird Ihnen den Applaus jedes noch so ahnungslosen Vollprofis einbringen. Klicklicklicklick!

Achtung! Betreten Sie niemals eine Ausstellung! Sie begeben sich in Gefahr, sich ernsthaft mit der Fotografie auseinanderzusetzen und das ist allerstrengstens zu unterlassen.

Gleiches gilt für Literatur, die sich nicht mit Kameratechnik beschäftigt, sondern Kreativität (Vorsicht!) und ihre Persönlichkeit (braucht kein Mensch) ins Zentrum rückt. Falls Sie sich jedoch dabei ertappt haben, solchen Kehricht zu konsumieren, bleiben Sie bitte ruhig und behalten Sie den Fehltritt für sich.

 

Für Fortgeschrittene

In sämtlichen Social-Media-Kanälen brauchen Sie einen Account, in die Bio (das Feld finden Sie schon) ist die gesamte Kamera-Ausrüstung einzutragen. Sammeln Sie möglichst viele Follower und folgen Sie maximal fünf Personen, Ihren Internethelden. Falls Sie auf die Schnelle keine Follower bekommen, kann das Googeln von „buy 10.000 followers“ oder eine Anmeldung bei Google+ Abhilfe schaffen.

Falls Sie Ihre Visage im Internet verbreiten wollen, sollte Ihr Baby mindestens zwei Drittel des Gesichts bedecken. Bestenfalls hochkant, denn jeder muss sehen, dass Sie auch einen Batteriegriff benutzen besitzen.

Kritik an Ihren Bildern ist stets als persönlicher Angriff zu bewerten. Lobhudeleien sind einzigartig, eignen sich jedoch perfekt als T-Shirt-Aufdruck in pink.

Fotografieren Sie so selten wie möglich. Falls Sie’s nicht lassen können: Maskulines Rudelschießen vor Sehenswürdigkeiten hat sich als äußerst effektiv erwiesen, um ganz besonders dämlich auszusehen. Beim Knipsen selbst sollten Sie stets die perversesten Verrenkungen inklusive penetrantem Wolfsjaulen demonstrieren. Üben Sie vorab zu Hause den vertikal-einhändigen Herrenspagat.

Da die Bildbearbeitung als solche zu verteufeln ist, brauchen Sie sich erst gar nicht damit zu beschäftigen. Für Etikette-Zwecke „leihen“ (Sie wissen schon) Sie sich im Internet dennoch Apple Aperture und die komplette CS6, betonen aber stets, dass Sie sowas eigentlich gar nicht brauchen, weil Sie ja schon vorher alles richtig machen.

Bildbearbeitenden Kollegen werfen Sie süffisant fotografische Schwächen vor. „Der Armleuchter kann ja gar nicht fotografieren“, klingt ganz plausibel, oder?

Übersäen Sie Ihre Webseite mit SEO-Stichworten. „Fotograf Bochum Sexy Hexy“ sollte in keiner Unterseite fehlen. Die Internetpage sollte mit Flash gestaltet sein und harte 90er Techno-Mukke spielen, sobald ein User (so heißt der Mensch) das Risiko eingeht, sie aufzurufen.

Vergessen Sie mitnichten, permanent Ihre (Fach-)Männlichkeit in den Vordergrund zu rücken. Alphatier, sie wissen schon. Das geht am besten, indem Sie Bilder von Kollegen ausführlich bekritteln. Wirksam sind ein latent fieser Unterton und gängige Beschimpfungsmetaphern. Sollen die anderen ruhig verstehen, dass Sie ein piesackendes Rumpelstilzchen sind. Hat man sich erst einmal blamiert…

 

Drei Bonus-Tipps für Profis und die, die es werden wollen

Überrascht Sie im Netz wider Erwarten eine tadellose Aufnahme, die mit einem Smartphone (bitte googeln) erstellt wurde, verweisen Sie schleunigst auf „früher“ und heben Sie großspurig hervor, dass es sich hierbei grundsätzlich nicht um richtige Fotografie handelt. Solche Aktionen bringen Ihnen Bonuspunkte in Gesellschaft von Konservativen und Ihr Dämlichkeits-Karma gewinnt an Kraft.

Falls Sie in einer Fachsimpel-Runde etwas gefragt werden, auf das Sie keine Antwort haben, faseln Sie irgendetwas von Entschleunigung, Hyperfäkalwurzelschärfe und „neuer Trend im Internet“, das rettet eigentlich jeden Arsch auf Glatteis.

Nach ein paar Jahren werden Sie sämtliche technische Details zu allen gängigen Geräten im Traum aufsagen können, aber keinen blassen Schimmer vom Fotografieren haben. Sie sind jetzt am Ziel. Es gibt nichts mehr zu lernen, Sie haben es geschafft. Herzlichen Glückwunsch!

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Natürlich ist diese Liste mit Ironie und einer ordentlichen Prise Sarkasmus geschrieben worden. Falls sich allerdings jemand ertappt fühlt, gehe ich davon aus, dass die Person über sich selbst lachen kann. Und wer noch weitere Tipps am Start hat, darf Sie gern per Kommentar mit allen teilen.

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