16. Oktober 2012 Lesezeit: ~3 Minuten

Vom Bahnhof geprägt

Der Straßenfotograf Thomas Leuthard wuchs vor 41 Jahren neben dem Bahnhof in der Stadt Zug in der Schweiz auf. Die ersten zwölf Jahre seines Lebens verbrachte er zwischen den beiden Hauptverkehrsachsen Zürich-Luzern und Zürich-Mailand. Leuthard interessierte sich nach eigenen Aussagen nie für die Technik oder die Bahn selbst.

Als Leuthard im April diesen Jahres einen Blogartikel zum Thema „Der Beste Ort für Streetfotografie“ schrieb, fiel im auf, dass dieser beste Ort die Bahnhöfe dieser Welt sein müssen. „Schließlich sind mehr als die Hälfte meiner besten Fotos in und um Bahnhöfe entstanden.“

Aber was macht einen Bahnhof so interessant? Auch hierzu hat Leuthard eine Theorie: „Das Interessanteste an einem Bahnhof ist die Menge und die Diversität der Menschen, auf die man dort trifft. Es ist fast immer etwas los, es sind immer wieder neue Menschen da und es ist ein Kommen und Gehen.“

Der Straßenfotograf trifft dort auf jede Schicht Menschen, von Bettlern und Obdachlosen am Rande der Gesellschaft bis hin zum Businessreisenden, der eine Plastiktüte mit Pralinen mit sich trägt, die den Tageslohn eines Bettlers um ein Vielfaches übersteigt.

„Die einen Menschen sind schnell, die anderen langsam unterwegs. Manche bleiben stehen, verweilen, laufen zielgerichtet oder planlos durch die Gänge. Die Reisenden sind oftmals beschäftigt und nehmen mich als Fotografen gar nicht wirklich wahr. Es gibt Treppen, Gleise, Torbögen und andere architektonische Formen, die man sehr gut ins Bild integrieren kann“, so Thomas Leuthard.

Er selbst kann nicht erklären, warum es ihn immer wieder in Bahnhöfe zieht, aber er glaubt ganz fest daran, dass man sehr gut nur in Bahnhöfen Street fotografieren und nirgendwo sonst hingehen müsste. Ein Bahnhof sei so vielseitig wie die Streetfotografie selbst. Wenn man dann noch die verschiedenen Stilmittel der Fotografie einsetze, brauche man sich keine Sorge um sein Portfolio mehr zu machen.

„Wenn ich alle meine Bahnhofsbilder an eine Wand hängen würde, gäbe es ein ganz ausgewogenes Portfolio, das ich überall zeigen könnte“, berichtet Leuthard.

Er wird auf seinen nächsten Reisen in Mumbai nahe der Victoria Station und in New York nahe der Grand Central Station wohnen, da der renommierte Straßenfotograf jetzt schon weiß, dass er einen Großteil seines Aufenthalts dort verbringen wird. Weiter führt er aus:

„Leider gibt es auch Städte, die keine Bahnhöfe haben. In Beirut zum Beispiel gibt es seit dem Bürgerkrieg nur noch Taxen und Busse, aber dort gibt es dann andere Viertel – wie Burj Hammoud -, die auch interessant zum Fotografieren sind.“

Thomas Leuthard hat in den letzten Jahren festgestellt, dass es ihm die Bahnhöfe dieser Welt angetan haben. Dies wird „immer eine Faszination in meiner Fotografie bleiben und dadurch auch ein immerwährendes Projekt und eine dauernde Herausforderung darstellen.“

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