10. September 2012 Lesezeit: ~7 Minuten

Im Gespräch mit Adrian Schiegl

Auf der Suche nach talentierten Fotografen bin ich auf den Österreicher Adrian Schiegl gestoßen. Daraus entstand ein Gespräch über die Fotografie als Kunst, gepaart mit einer Prise Selbstreflexion.

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Hallo Adrian, mit 19 Jahren gehörst Du zu einer Gruppe von jungen aufstrebenden Fotografen. Seit wann fotografierst Du und welche Bedeutung hat die Fotografie in Deinem Leben?

Ich habe vor etwas mehr als einem Jahr angefangen zu fotografieren. Also ist mein erstes Foto noch nicht allzu lange her. Dennoch hat die Fotografie große Auswirkungen auf mein Leben gehabt.

Ich behaupte, dass sich mein ganzes Leben in eine andere Richtung bewegt, seitdem ich das erste Mal eine Kamera in die Hand genommen habe. Und damit meine ich nicht unbedingt, dass ich Fotograf werden will. Mein soziales Umfeld, meine Art mich auszudrücken, meine Art zu denken haben sich geändert. Ich sehe die Welt in einem ganz anderem Licht, um mal bei der Fotografie zu bleiben.

Wie bereitest Du Dich auf ein neues Foto vor? Bist Du der Planer oder eher der intuitive Typ?

Ich würde sagen, dass ich mir oft eine Idee ausdenke, die ich dann verwirkliche. Obwohl viele meiner Fotos auch spontan entstanden sind. Aber für mich persönlich ist es sehr wichtig, eine Idee, ein Konzept oder ein Gefühl auszudrücken. Meiner Meinung nach ist das der Zweck der Kunst. Alles andere macht für mich keinen Sinn.

In den unzähligen Kunstplattformen im Internet finde ich täglich Fotos, die einfach ausdruckslos für mich sind. Dabei meine ich nicht die Art, wie das Foto geschossen wurde oder ob es gut aussieht. Mehr, ob sich der Fotograf oder die Fotografin Gedanken gemacht hat, was dieses Foto ausdrücken soll, ob der Künstler etwas zu sagen hat oder ob es einfach ein hübsches Mädchen mit buntem Hintergrund ist.

Bei viel zu vielen Fotos fehlt mir einfach der Wille, sich selbst auszudrücken. Dadurch verliert das Foto für mich komplett an Wert. Ich will jedoch nicht behaupten, dass jedes Foto ein tiefgründiges Thema bearbeiten soll oder wie die typischen „Conceptual“-Fotos auszusehen hat. Um ehrlich zu sein finde ich diese Art von Fotos sogar grässlich.

Ich finde einfach, dass Fotografie, die als Kunst verstanden werden soll, einen Fotograf benötigt, der eigene Gedanken ausdrücken will.

Könntest Du mir und den Lesern genauer beschreiben, was Dich an diesen Fotos stört?

An und für sich finde ich die Intention der Fotografen gut. Was mich jedoch bei vier von fünf Bildern dieser Art stört, ist, dass sie unglaubwürdig für mich aussehen. Es ist schwer zu erklären, wie ich das meine und meine Argumente sind leicht zu widerlegen mit „es sieht mit Absicht so märchenhaft aus“.

Aber wenn ich eine Situation und die Gefühle, die in diesem Moment herrschen, wiedergeben will, versuche ich, es möglichst real zu halten, um bei der Fotografie zu bleiben. Aber das ist reine Geschmackssache, ob ich surrealistische und malerische Komponenten in das Bild einfüge. Ich war wohl nie ein Fan von Märchen.

Über Facebook habe ich mitbekommen, dass Du eine Reise durch Europa gemacht hast und diese auch mit Fotografie zu tun hatte. Was nimmst Du mit aus dieser Reise?

Ja, das stimmt. Ich habe eine Reise durch einige europäische Länder unternommen. Vor allem der westliche Norden. Dabei habe ich viele inspirierende Persönlichkeiten getroffen. Nicht nur Fotografen, auch andere Künstler. Was ich mitgenommen habe? Nicht so viele Fotos, um ehrlich zu sein. Viel mehr Inspiration, Erfahrung und Selbsterkenntnis. Auf derartigen Reisen lernt man nicht nur andere Leute kennen, sondern auch sich selbst. Was anderes gibt es ja bei zwölf Stunden Zugfahrt nicht zu tun.

Wenn ich dann endlich mal aus dem Zug draußen war, habe ich gesehen wie andere Menschen leben, wie Künstler ihre Projekte angehen oder wie sie sich in Bars betrinken. Ich habe einiges erlebt und bin über die Erfahrungen, die ich gesammelt habe glücklich.

Was findet man in Deiner Fototasche?

Unmengen von Taschentüchern, Klebeband, ein Teelicht, einen selbstgemachten Styropor-Papier-Schutz… Ich konnte mir keine bzw. will mir keine Kameratasche leisten, deswegen habe ich mir selbst eine gebastelt.

Aber ja, ich denke, dass es bei dieser Frage um mein Equipment geht. Meistens meine Pentax K-x, Standard-Kit-Lens und 50mm SMC M f1.7 Objektiv. Ich habe zwar noch ein Tele, dass benutze ich aber kaum. Ich lege nicht viel Wert auf meine Kamera, da es für mich nicht um absolute Abbildungsqualität bei der Fotografie als Kunst geht und meiner Meinung nach viel zu viele Fotografen eine teure Kamera überbewerten.

Woher bekommst Du Deine Inspiration?

Wo findet man keine Inspiration? Meiner Erfahrung nach ist es ein guter Mix zwischen allein an einem schönen Plätzchen nachzudenken und einfach in die Welt hinausgehen und etwas zu erleben. Viel zu viele stellen sich Inspiration meiner Meinung nach falsch vor.

Ich glaube, ein guter Vergleich wäre ein Luftzug aus einem Türspalt. Der Unterschied zwischen Künstlern und anderen Menschen ist, dass Künstler empfindlich genug sind, um den Luftzug wahrzunehmen im Gegensatz zu anderen Menschen. Darauf zu warten, bis jemand die Tür öffnet, hat nicht viel Sinn, denke ich. Man sollte lernen, sensitiver zu werden.

Einige Deiner Arbeiten sind Selbstportraits. Viele Fotografen schlüpfen für ein Selbstportait in eine Art Schauspieler-Rolle, um Hemmungen abzulegen oder eigene Grenzen zu überschreiten. Wie ist das bei Dir?

In erster Linie habe ich Selbstportraits gemacht, da sich niemand bereit erklärt hat, für mich Modell zu spielen. Außerdem wollte ich nicht den Personen in meinem Umfeld erzählen, dass ich Fotos mache. Hat etwas von einem Teufelskreis. Aber was mir auch am Konzept des Selbstportraits gefällt, ist, dass ich niemandem erklären muss, worum es in diesem Foto geht und wie man sich zu verhalten hat. Da es in diesem Foto um mich und meine Gefühle oder meine Idee geht.

Ich danke Dir für dieses Interview und hoffe, dass wir noch viele Fotos von Dir zu sehen bekommen werden.

Kein Problem! Man lernt doch immer wieder etwas Neues über sich selbst beim Beantworten solcher Fragen.

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Wer mehr über Adrian Schiegl erfahren will, kann sich auf seiner Homepage, bei Facebook oder über Flickr informieren.

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