23. Juli 2012 Lesezeit: ~5 Minuten

Mein Weg zur Schwarzweiß-Fotografie

Ich fotografiere seit Jahren fast nur in Farbe. Dieses Jahr habe ich bisher nur in Schwarzweiß fotografiert. Dies ist die Geschichte dahinter.

Als ich vor sieben Jahren anfing, zu fotografieren, da waren die Bilder anderer Künstler, die mich vom Hocker gehauen haben, fast durchgehend Farbaufnahmen. Ich fand Gefallen an weitwinkligen Bildern mit starker perspektivischer Wirkung, die meist kräftige und intensive Farben hatten. Ein Freund sagte damals zu mir, dass ich zur neuen Schule der Fotografie gehöre.

Die alte Schule war gute Fotografie, ohne dabei überzubetonen. „Dramatisch“ fasst das, was ich mochte, ganz gut zusammen. Jeder befindet sich in der Fotografie mal in einer Phase, in der er andere Künstler nachahmt. Diese Phase dauerte für mich über fünf Jahre an. Am Anfang habe ich alle fotografischen Richtungen ausprobiert, aber mich interessierte Landschaft am meisten. Farblandschaftsfotografie war und ist mein Steckenpferd. Dazwischen probierte ich ab und an Schwarzweiß aus.

Die Ergebnisse waren nicht schlecht, allerdings fand ich meine Farbaufnahmen immer besser. Ich probierte gern aus, blieb jedoch am Ende immer bei dem, was ich am besten konnte. Auch ließ ich mich sich von dem Feedback anderer Leute beeinflussen. Ich suchte Bestätigung und versuchte, anderen zu gefallen, obwohl ich wusste, dass ich selbst eigentlich der Einzige sein musste, dem die Bilder gefielen. Sich davon zu lösen, ist eine der härtesten Herausforderungen in der Fotografie.

Ich war unsicher auf diesem neuen Gebiet. Wer weiß wie oft habe ich Schwarzweiß ausprobiert, um danach zu sagen: Es ist halt doch nichts für Dich, bleib bei dem, was Du kannst. Und trotzdem kam nach ein paar Wochen immer wieder der Wille auf, es noch einmal zu versuchen. Es waren die Bilder von Denis Olivier, Bruno Mercier und Alain Etchepare. Ich konnte mich daran nicht sattsehen. Klassische Schwarzweiß-Fotografie lebt nur von Helligkeitsunterschieden.

Wenn ich mein ganzes Leben lang in Farbe fotografiert habe, dann bin ich an diese Art des Sehens nicht gewöhnt. Deshalb fiel es mir dann auch so schwer. Es war, als hätte ich gerade meine erste Kamera bekommen und bekam nichts Vernünftiges damit zustande. Es fühlte sich so an, als könnte ich überhaupt nichts. Da ich aber Schwarzweiß-Fotografie lernen wollte, gab es aber keine andere Möglichkeit, als sich durchzubeißen, um neu sehen zu lernen. So hatte ich jedes Mal, wenn ich wieder von der Schwarzweiß-Fotografie die Schnauze voll hatte, ein wenig dazu gelernt. Ich begann, Licht neu zu sehen, Texturen zu beachten und mir jede Szene in schwarzweiß vorzustellen. Ich lernte, welche Lichtsituationen in Schwarzweiß gut funktionieren.

Ende letzten Jahres ließ meine Motivation für Farblandschaftsfotografie nach. Das hatte mehrere Gründe. Die Bildkompositionen und die Aufteilung des Bildes mit Weitwinkelobjektiv sind in der Landschaftsfotografie eher begrenzt. Komposition war für mich kein Faktor mehr, der mich herausforderte. Ich war zudem müde davon, auf das Licht bei Sonnenauf- und -untergang zu warten. Ich möchte lieber den ganzen Tag fotografieren können.

Als ich mit anderen Fotografen und Freunden über meine Bilder sprach, wurde mir klar, dass ich Farben anders sehe. Nämlich gedämpfter als sie. Ich denke, dass dies ein Grund dafür ist, warum ich in den Vergangenheit bei einigen meiner Bearbeitungen mit den Farben übertrieben habe. Noch dazu habe ich eine Rot-Grün-Schwäche. Nicht besonders toll für farbige Landschaftsfotografie. Es zog mich in die Schwarzweiß-Langzeitbelichtung. Obwohl ich denke, dass es in diesem Genre allgemein viele ähnliche Bilder gibt, finde ich es trotzdem sehr reizvoll.

Mich interessiert wieder, wie seit dem Beginn meiner Fotografie immer mal wieder, die Architekturfotografie, aber eine sehr subjektive Form davon. Die klassische Architekturfotografie als Dokumentation für den Architekten ohne stürzende Linien hat hiermit nichts mehr zu tun. Endlich kann ich wieder neue Bildkompositionen entwickeln. Diese Art der Fotografie befindet sich im Moment noch in der Entwicklung. Es ist zwar Schwarzweiß, aber es geht nicht mehr nur um die realen Helligkeiten. Wer dafür offen ist, dem erschließen sich sehr künstlerische Wege.

Es gibt keine Restriktionen in der Bearbeitung, alles ist erlaubt. Ich kann jedes Element im Bild beeinflussen. Jede Helligkeit, jeden Kontrast, jeden Tonwert. Die Bilder haben von sich aus schon keinen Anspruch, als Abbild des menschlichen Sehens betrachtet zu werden. Mit der Langzeitbelichtung erschaffe ich etwas, was das menschliche Auge so einfach nicht sehen kann. Noch weiter entferne ich mich mit Schwarzweiß.

Die Bilder bewegen sich auch durch die starke Nachbearbeitung fernab der Realität. Zeitlich nimmt die Nachbearbeitung pro Bild auch mit guten Photoshop-Kenntnissen mehrere Stunden in Anspruch. Das Wichtigste ist aber, vor der Bearbeitung, im Idealfall schon bei der Aufnahme, eine Vorstellung davon zu haben, wie das finale Bild aussehen soll. Für mich verbinden sich hier klassische Fotografie und Vision zu etwas Neuem.

Im Moment vermisse ich die Farblandschaftsfotografie nicht. Ich betrachte meine Bilder aus dieser Zeit auch nicht als negativ, sondern als das, was mich damals interessiert hat, als einen Teil von mir. Schwarzweiß ist jetzt aber viel stärker, fordert mich heraus und motiviert mich, meinen Weg weiter zu gehen.

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