13. Juli 2012 Lesezeit: ~6 Minuten

Der Wandel der Zeit

Das 20. Jahrhundert war ein aufregendes und vor allem durch Wandel geprägtes Jahrhundert, sowohl aus politischer, gesellschaftlicher, wissenschaftlicher als auch aus technischer Sicht. Allein Deutschland durchlebte in dieser Zeit mehrere unterschiedliche Regierungen, der Fernseher und der Computer wurden erfunden, die Tuberkulose besiegt und unser aller Leben hat sich durch den Fortschritt und Wandel in Technik und Politik grundlegend geändert.

Selbstverständlich werden bei jedem Wandel neue Dinge benötigt und andere nicht mehr. So ist es auch bei den Gebäuden, denn das ist der Grund, weshalb einige dieser leer stehen – eben durch den Wandel der Zeit.

Der Wandel der Montanindustrie

Die Montanindustrie, also beispielsweise die Gewinnung von Kohle, das Produzieren von Stahl und Eisen oder die Gewinnung von Strom waren besonders in den Gebieten des Saarlands, Lothringens und in Luxemburg weit verbreitet. Einfacher Grund waren die damals in üppigen Mengen vorhandenen Bodenschätze. Überall wurde Eisen produziert, Kohle gefördert und aus eben dieser Strom erzeugt. In Deutschland war die Montanindustrie bis in die späten 60er Jahre Motor des deutschen Wirtschaftswunders und selbstverständlich auch ein wichtiger industrieller Arbeitsplatz.

Doch seither geht die Bedeutung dieses Industriezweiges stark zurück – ein klassischer Strukturwandel hat hier sowohl in Deutschland, als auch in Frankreich und Luxemburg stattgefunden. Die Folge ist, dass der Großteil dieser riesigen Industriebauten inzwischen verlassen und damit meist „verloren“ ist. Teils riesige, teils prunkvolle und teils einfach nur beeindruckende Gebäude stehen leer, verfallen und wurden, meist von sogenannten Kupferdieben, geplündert.

Der Wandel der Landwirtschaft

Noch vor einigen Jahrzehnten gab es einen prozentual deutlich größeren Anteil an Menschen und Familien, die sich zu einem großen Teil selbst versorgt haben, also einen kleinen Bauernhof besaßen und genügend Tiere hielten, um damit ihren Bedarf zu decken. Oft produzierten diese Familien auf ihren kleinen Höfen noch ein paar Dinge, die sie auf dem Markt oder ihrem Ladengeschäft verkauften. Seit es Supermärkte und Einkaufszentren auch in kleineren Städten, selbst Dörfern gibt, ist der „Selbstversorgungsmensch“ auf ein Minimum geschrumpft.

Das hat zur Folge, dass viele alte Bauernhäuser, Mühlen und kleine Anwesen leer stehen, da die Familien von ihrem Hof weggezogen sind oder schlichtweg inzwischen gestorben sind. In Deutschland wurden die meisten Häuser und Höfe abgerissen oder renoviert, aber in Luxemburg und Belgien, zum Teil auch in Frankreich, gibt es noch viele inzwischen seit weit über 20 Jahre leer stehende Häuser, Höfe und Mühlen.

Der Wandel der Gesellschaft

Viele öffentliche Veranstaltungen, wie beispielsweise Theater und Kino, erfreuten sich noch vor einiger Zeit in den meisten Gebieten größerer Popularität oder zumindest „anderer“ Popularität als heutzutage. Das liegt vor allem daran, dass sich die Interessen der Gesellschaft verschoben haben. Das Theater hat für viele heute nicht mehr denselben Stellenwert wie noch vor 50 oder 100 Jahren.

So hat es vor allem kleinere Städte getroffen, in denen diese „öffentlichen Gebäude“ schließen mussten. Von nun an gibt es in den angrenzten Städten große, moderne Kinos und die alten, prunkvoll mächtigen Theater und nahe daran gelegen dementsprechend viel Kultur, viele Cafés und Restaurants.

Die Menschen in den kleinen Städten haben inzwischen alle ein Auto und können daher leicht die Großstadt erreichen – Kultur im eigenen Dorf ist damit überflüssig. In kleineren Städten stehen die früher noch beliebten Gebäude nun also leer, da sie sich in letzter Zeit nicht mehr rentiert haben.

Eine ähnliche Situation zeigt sich in Urlaubsgebieten: Früher noch, bis in die späten 80er Jahre, war beispielsweise das Harzgebiet ein beliebter Ferienort der DDR. Dutzende Hotels öffneten dort ihre Pforten, um Gäste zu empfangen – inzwischen steht schätzungsweise ein Drittel der ehemaligen Hotels leer, betroffen sind Hotels aller Klassen.

Der Wandel der Medizin und Pflege

Technischer Fortschritt, neue Heilmethoden, neue Heilstoffe und neue Erkenntnisse sorgen für einen ständigen Wandel in der Welt der Medizin. Bekanntestes Beispiel dafür ist die Volksseuche Tuberkulose – durch neue Heilmittel (Antibiotika) und Erkenntnisse konnte diese Seuche vollständig verdrängt werden – doch noch vor 80 Jahren war Tuberkulose eines der ernsthaftesten Probleme der Zeit. So wurden dutzende Heilstätten gebaut, die in besonders gutem Klima lokalisiert waren.

Und all diese Heilstätten stehen heute leer – zu veraltet und ineffizient ist die damalige Bauweise der Krankenhäuser, auch die Hygienebestimmungen können nicht mehr erfüllt werden. In Ostdeutschland nutzten meist die Russen die ehemaligen Heilstätten als Hospital für Soldaten, bis sie 1994 endgültig abrückten.

Der Wandel der Politik

Hunderte Kasernen stehen in Deutschland – heute ist ein Großteil dieser ungenutzt, der Grund dafür ist der Wandel in der Politik. Ein passendes Beispiel ist Jüterbog: Einst eine der größten Garnisonsstädte in Deutschland. Den Grundstein dafür legte Preußen Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Beschluss, einen Artillerieschießplatz einzurichten.

Zeitnah folgten weitere Einheiten nach Jüterbog. So wurde ein ganzer Stadtteil militärisch. Mit der Machtübernahme der NSDAP und der massiven Aufrüstung wurde Jüterbogs militärisch genutztes Gebiet abermals vergrößert.

So zogen nach und nach das Heer, die Luftwaffe und die Waffen-SS ein. Als Hitler und damit dann das Dritte Reich unterging, übernahmen die Russen – wie so oft – das Areal. So wurde Jüterbog zur wichtigsten Militärbasis der UDSSR, bis 1994 waren dort ca. 40.000 Mann stationiert. Nach der Zeit des Dritten Reiches und des Kalten Krieges haben die allermeisten Kasernen in Jüterbog und auch im restlichen Deutschland keine Nutzung mehr und stehen deshalb leer.

Eine erneute Nutzung dieser Gebiete ist eher selten möglich, aber teilweise wurden die Kasernenareale von Firmen gekauft, welche eine zivile Nutzung der Kasernen ermöglichten. Auch einige Parteischulen und ähnliche Einrichtungen haben in der heutigen Politik keinen Platz mehr, und stehen daher seit Anfang der 90er Jahre leer.

Selbstverständlich gibt es noch weitere Bereiche, in denen ein Wandel stattgefunden hat, aber die fünf hauptsächlichen Bereiche wurden oben stehend abgefasst.

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