21. April 2012 Lesezeit: ~3 Minuten

Vom (sich) Wiederfinden

Seit einer gefühlten Ewigkeit gelingen mir keine Fotos mehr oder viel mehr befriedigen sie nicht mehr so schnell meine Ansprüche, wie sie es früher einmal getan haben. Meine Arbeit erdrückt meine Kreativität und die Lust, überhaupt mit der Kamera hinaus zu gehen. Gestern war alles anders; ein Tag, der nur alle vier Jahre einmal vorkommt – der 29. Februar – und ich dachte mir: „Versuch, ein Foto zu machen, das diesem angemessen ist.“

Kurzentschlossen machte ich einfach mein Büro zu und fuhr trotz elendem, grauen Mistwetter in das Hohe Venn, ein Hochmoor an der Deutsch-Belgischen Grenze. Einfach mal raus und mal sehen, was noch so geht. Das Moor selbst war wie das Wetter: fad. Aber als ich so durch die Gegend fuhr, kam plötzlich Nebel auf und ich bin sofort in einen nahegelegenen Wald gefahren, der unglaublich einladend und schrecklich zugleich aussah. Ich wusste, ich bekam hier etwas Besonderes geboten und musste nur zugreifen.

Dann kam mir plötzlich die Idee. Ich wollte mich dort einbauen, in die gespenstische Szenerie. Das Stativ war fix, eine Zeit von vier Sekunden gewählt und ich lief derweil schnell vor die Linse und blieb etwa anderthalb Sekunden stehen, ehe ich weiterlief. Ich brauchte nur drei Anläufe und mit einem Mal hatte ich es. Mein Gesicht genau an der richtigen Stelle. Ihr kennt bestimmt dieses Glücksgefühl, wenn man sicher ist – das ist mein Foto für heute!

Dies alles erzähle ich Euch nur, um zu verdeutlichen, warum ich in dem Moment, als ich mein Stativ tief im Nebelwald aufbaute, ein breites Grinsen auf dem Gesicht hatte und überaus glücklich war, dort zu sein. Denn völlig allein, mitten in einem nebligen Wald hatte ich „mich“ endlich wiedergefunden.

Generell kann ich jedem bei einer Foto- oder Kreativkrise nur raten: „Schnapp Dir die Kamera und geh raus, gerade auch bei fiesem Wetter“. Man ist dann meist auch allein und ungestörter unterwegs. Aber: Lass die Erwartungshaltung daheim, sonst bist Du nachher nur noch frustrierter als vorher. Und tu es immer wieder, geh an fremde Orte, probier neue Sachen, spinn ein wenig herum – wie ich gestern.

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Zur Bearbeitung: Zuhause am PC war kaum Nachbearbeitung nötig. Die Zahlen auf den Baumstämmen bleiben, ich finde die gut, wo sie sind. Ein wenig habe ich an den Gradiationskurven herumgespielt, mit jedem Farbkanal einzeln, bis es mir gefiel. Ein wenig die Sättigung verringert und der Stimmung angemessen, bekam das Ganze noch eine leichte Vignettierung. Fertig war mein Selbstportrait.

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