01. Dezember 2011 Lesezeit: ~3 Minuten

Das Portrait

Es gibt im Leben viele flüchtige Momente, die mich zum Fotografieren animieren und einen nachhaltigen Eindruck bei mir hinterlassen. Man braucht einen geschulten Blick, aber bisweilen auch ein bisschen Glück – und wenn beides zusammenkommt, ergibt sich etwas wie „fotografisches Glück“.

Mich inspirieren die Gesichter der Menschen, aber auch die besonderen Situationen und die Atmosphäre, die den jeweils einmaligen Gesichtsausdruck erzeugen, den ich gerne festhalten möchte. Durch diese Beobachtungsgabe und ein Gespür für bestimmte Situationen wird das Auge geschult und erfasst immer besser solche Gesichter und Momente, die sich festzuhalten lohnen. Was das Format von Portraitfotos betrifft, halte ich das Quadrat für optimal.

Durch diese Form wird der Betrachter visuell nicht eingeengt, er wird nicht gezwungen, nur die Mitte der Bilder anzuschauen. Weiter strebe ich eine bewusste Balance zwischen dem eigentlichen Objekt an, das festgehalten werden soll, und dem, was das Objekt umgibt.

Oft ist es so, dass man eine ganze Serie von Bildern braucht, um eine bestimmte Situation festzuhalten oder zum Ausdruck zu zu bringen. Zum Beispiel, wenn es um das Thema Einsamkeit geht. Für mich besteht die höchste Kunst darin, diese „Einsamkeit“ in nur einem Foto zu realisieren. Oder, wie in diesem Bild, die Zweisamkeit:

Ein anderer Aspekt sind die sogenannten Kleinigkeiten, denen oft deswegen eine besondere Rolle zufällt, weil sie das Wesentliche der Atmosphäre herausarbeiten. Das sind zum Beispiel die verwelkten Rosen oder der Wasserfleck unter der Decke.

Ein anderes Beispiel ist etwa das kleine Wassertröpfchen auf dem Ohrläppchen im folgenden Bild.

Es ist allerdings nicht generell so, dass die umgebenden Details dabei helfen, die innere Welt des Modells zu beleuchten. Manchmal muss man auch bewusst etwas weglassen, um dem Betrachter Emotionen und Gefühle besser vermitteln können.

Gute Portraitfotos sollten meiner Meinung nach eine gewisse Intimität ausstrahlen. Es kommt also nicht auf Äußerlichkeiten an, sondern darauf, dass man eine stimmige Situation schafft, in der sich der Portraitierte wohl fühlt – und nicht bedrängt. Insgesamt wird Wert auf natürlich Farbwiedergabe gelegt, der Respekt vor dem Licht verbietet mir im Allgemeinen das Blitzen.

Andererseits gibt es aber auch gewisse Situationen, die eine Inszenierung geradezu herausfordern, wie etwa in dem folgenden Bild, in dem es um Innigkeit und Naturverbundenheit geht.

So manchen Portraits sieht man ihre Künstlichkeit an. Sie haben dann oft keine Vorgeschichte, aber die ist es, die einen reizt, das Portraitfoto immer wieder in die Hand zu nehmen, weil es etwas zu erzählen hat.