07. November 2011 Lesezeit: ~5 Minuten

Im Gespräch mit Loreen Hinz


Loreen ist 27 Jahre alt und studiert derzeit Kommunikationsdesign und Medien mit dem Schwerpunkt experimentelle Fotografie an der Hochschule in Wismar. Neben ihrem Studium arbeitet sie in Hamburg bei Place Models als PR-Managerin und hat somit Einblick in zwei Welten.

In ihre Fotos, die man auf ihrer Webseite oder bei Tumblr verfolgen kann, verliebte ich mich sofort und wollte unbedingt mehr über sie selbst und ihre Art des Bildermachens erfahren.

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Loreen, Deine Bilder sind sehr speziell. Wie  kommt es zur Wischi-Waschi-Liebe?

Mein fotografischer Stil ist das Ergebnis eines langen Prozesses. Schon immer habe ich mich sehr für Kunst und Malerei interessiert, während meines Abiturs war ich im Kunst-Leistungskurs und habe viel gemalt. Nach dem Abitur studierte ich auf Wunsch und dringender Empfehlung meiner Eltern BWL und arbeitete zwei Jahre lang als Sales Manager, während derer ich meine künstlerische Ader völlig vernachlässigte.

Dann entschied ich mich für ein zweites Studium und wählte Kommunikationsdesign und Medien an der Hochschule Wismar. Hier kam ich zum ersten Mal mit der Fotografie als künstlerischem Medium in Kontakt. Ich hatte vorher nie fotografiert. Mal im Urlaub, aber nie inszeniert oder gestaltet. Ich schwärmte damals für moderne Fashionstrecken aus der Vogue und probierte mich auf dieser Ebene. Aber niemals waren die Modelle so schön, die Kleidung so ausgefallen und das Make-up so ungewöhnlich wie bei meinen Vorbildern.


Ich habe einen Hang zum Perfektionisms und verglich mich immer mit den Besten. Dadurch war ich permanent unzufrieden über meine eigenen Ergebnisse. Eine Art Offenbarung erlebte ich, als ich zum ersten Mal Bilder von der Fotografin Sarah Moon in der Vogue sah. Ich verliebte mich sofort in ihre diffusen, farbenprächigen Fotos, die fast wie Gemälde wirkten.

Nach meinem Grundstudium belegte ich dann experimentelle Fotografie und wurde durch meinen Professor in meiner Experimentierfreudigkeit gefördert und bestärkt. Ich wurde am Anfang in meiner Arbeit immer unschärfer und löste zum Schluss meine Modelle fotografisch komplett auf, bis ich zu der fotografischen Freiheit fand, die meine Arbeit heute auszeichnet.

Ich mag scharfe Bilder und schaue sie mir gern an, aber ich liebe das Diffuse, Spielerische, Mystische meiner Fotos, die gemäldeartig wirken und somit meine beiden liebsten Kunstrichtungen – Fotografie und Malerei – ideal verbinden. Momentan probiere ich das Spiel mit Effekten, mit Glas, Nylon, Plastik, Spiegeln, Licht und Schatten. In gewisser Weise ist dabei der Zufall mein bester Freund.


Mit welchem Equipment arbeitest Du dabei vorrangig? Sarah Moon wählte dafür ja eine recht alte Technik.

An Sarah Moon faszinierte mich ja vorrangig die Anmutung ihrer Bilder, für ihre arbeitsintensive Filmentwicklung fehlt mir die nötige Geduld. Ich habe in meinen Anfängen analog fotografiert und besitze auch eine Schwarzweiß-Dunkelkammer in meinem winzigen Badezimmer, allerdings arbeite ich mittlerweile aus Kosten- und Zeitgründen digital mit einer Canon 350D. Dabei fotografiere ich fast ausschließlich mit einer 50er Festbrennweite.

Meine fotografischen Effekte entstehen dabei im Moment der Belichtung und nicht wie bei Sarah Moon während der Filmentwicklung. Ich arbeite viel mit Langzeitbelichtungen und diversen Objekten, die ich beim Fotografieren vor die Linse halte. Bei der Bildbearbeitung beschränke ich mich auf die Tonwertkorrektur, Aufhellungen bzw. Abdunkelungen und eine Beautyretusche.

Mein Motto beim Fotografieren ist: Wenn ich eine Palme auf dem Bild haben möchte, dann suche ich mir eine Location mit Palme und setze nicht einfach in Photoshop eine ins Bild. Und wenn ich einen bestimmten Effekt im Bild erzielen möchte, dann suche ich mir eine Möglichkeit, diesen Effekt gleich beim Fotografieren ins Bild zu bringen.

Du hast mir im Vorgespräch schon erzählt, dass Du nach Deinem Studium als freie Künstlerin arbeiten möchtest und auch schon einige Ausstellungen hattest. Wo kannst Du Dir Deine Arbeiten in Zukunft am ehesten vorstellen?

Ich möchte nach dem Diplom noch experimenteller werden im Umgang mit Materialien und der Filmentwicklung, vielleicht zurück zur analogen Fotografie oder zur Verbindung von Malerei und Fotografie. Ich möchte nicht abhängig sein von Kundenaufträgen, Deadlines oder aktuellen Strömungen. Ich möchte mich nicht unter Druck setzen oder in meiner Experimentierfreudigkeit beschneiden lassen.

Somit sehe ich meine zukünftigen Arbeiten eher in Galerien und Ausstellungen, also mehr im künstlerischen Bereich als auf dem kommerziellen oder werblichen Markt. Ich brauche meine Freiheit in der Umsetzung, die Neugierde auf neue Ergebnisse, um mich ausleben zu können. Mein Traum ist es, irgendwann einmal vom Verkauf meiner Bilder leben zu können, aber dieses Ziel darf mich nicht in meiner Arbeitsweise beeinflussen. Ich möchte nicht stehen bleiben in meiner künstlerischen Entwicklung, nur um Bilder verkaufen zu können.

Diese Worte sind ein schönes Ende für unser Interview. Ich möchte mich bei Dir für die ausführlichen Antworten und den tiefen Einblick in Deine Gedankenwelt und Arbeitsweise bedanken. Ich bin gespannt auf das, was man von Dir noch sehen und hören wird und wünsche Dir dafür alles Gute.