02. November 2011 Lesezeit: ~6 Minuten

Faszination Pflanzenfotografie

Bereits seit vielen Jahren zieht mich die Natur immer wieder in ihren Bann. Es ist faszinierend, so viele Facetten, so viele Farben, so viele Formen, so viel Leben, einfach so viel zu entdecken.

Es ist einfach unbeschreiblich: Wo auch immer ich in der Natur unterwegs bin, immer gibt es etwas Neues, das ich noch nicht gesehen habe. Verhalten, die ich noch nicht dokumentiert habe. Arten, die ich noch nicht gesehen habe oder Licht-, Farb- und Formspiele, die mir neu sind. Für mich ist die Naturfotografie die perfekte Art, um abzuschalten.

Ich beschäftige mich mit Naturfotografie, also mit Landschafts-, Tier-, Pflanzen- und Detailfotografie. Heute möchte ich etwas über Pflanzenfotografie erzählen. Wenn ich von Natur- und Pflanzenfotografie spreche, denken viele an weit entfernte Regionen dieser Welt. Aber STOPP – es gibt direkt vor unserer Haustür unglaublich viel zu entdecken.

Wenn ich jemandem sage, es gibt Orchideen im Saarland und zwar wilde, dann schauen mich die meisten Leute sehr kritisch an. Dabei gibt es allein in meinem Lieblingsgebiet im Saarland 21 verschiedene Orchideenarten. Es gibt in Deutschland und Umgebung wirklich viel Fauna und Flora zu entdecken und mindestens genauso viel zu fotografieren.

Wer glaubt, Pflanzenfotografie sei einfach, dem möchte ich sagen: Ein gutes Pflanzenfoto ist sehr schwer zu machen, so wie in jedem anderen Bereich der Fotografie auch. Jedes Pflanzenfoto fängt an mit der Art: Wenn man eine bestimmte Pflanzenart fotografieren möchte, sollte man im Vorfeld in Erfahrung bringen, wann diese Art wächst und blüht und wo sie zu finden ist.

Der nächste Schritt besteht zwangsläufig in der Locationsuche. Man muss sich einfach ein Bild von der Umgebung machen: Ist sie fotogen? Welche Dinge muss ich beachten und wo steht wann die Sonne? Erst, wenn man das alles geklärt hat, kann man wirklich anfangen zu fotografieren.

Ich möchte an dieser Stelle betonen: Achtet darauf, was ihr in der Natur macht. Der Naturfotograf hat generell einen schlechten Ruf und er wird nicht besser, wenn Pflanzen auf Grund von Fotos ausgegraben, abgeschnitten, zertreten oder sonstwie manipuliert werden. Naturfotografie sollte mit Naturschutz einhergehen und nicht mit ihrer Zerstörung. Alle hier gezeigten Fotos sind unmanipulierte Naturdokumente.

Nun zurück zur Pflanzenfotografie. Es gibt zwei Typen von Pflanzenfotos: Zum einen das dokumentarische und zum anderen das kreative. Den Anspruch, eine Pflanze dokumentarisch abzubilden, wie sie im Bestimmungsbuch zu finden ist, habe ich nur selten und immer nur dann, wenn ich eine mir neue Art finde.

Ich versuche immer, ein kreatives Foto einer Pflanze zu machen und dabei mit den Farben und Formen zu spielen. Ich möchte mit Hilfe von Licht und Fototechnik meine eigene Interpretation einer Pflanze erzeugen.

Dabei kann man unendlich viele verschiedene Techniken verwenden, man kann mit geringer Schärfentiefe arbeiten, mit unterschiedlichen Brennweiten, mit unterschiedlichem Licht, mit Kamerabewegungen und vielem mehr. Es hängt nur davon ab, wie kreativ der Fotograf ist.

Mir kommt es immer auf meine persönliche Interpretation des Bildes an. Nachfolgend möchte ich einige Ideen zur Herangehensweise und Technik liefern.

Ich bevorzuge bei vielen Pflanzenfotos eine lange, hoch lichtstarke Festbrennweite und verwende hier häufig ein f/2.8-300mm- oder ein f/4.0-500mm-Objektiv, mit dem man Pflanzen hervorragend freistellen kann.

Wenn man mit so einem Objektiv den Vorder- und Hintergrund richtig gestaltet, wirkt ein Pflanzenbild recht ansprechend, jedoch nutzt sich ein solcher Effekt sehr schnell stark ab und man muss ihn ergänzen mit dem passenden Licht und der passenden Stimmung. Erst das macht das Bild zu deinem eigenen Bild.

Hier kann es das erste Morgenlicht sein, das sich in den Tautropfen spiegelt, das letzte Abendlicht, das in den Bäumen verschwindet oder auch Regentropfen im Wind.

Eine weitere Option ist das Darstellen von Pflanzen mit dem traditionellen Makro-Objektiv. Hier kann man sich frei entfalten, verschiedene Anschnitte probieren, unterschiedliche Abbildungsmaßstäbe verwenden und hin und her probieren:

Ein Bild muss nicht scharf sein, es muss sich nichts im goldenen Schnitt befinden, Regeln sind dazu da, um sie zu brechen. Erst, wenn man sich von Regeln und Denkweisen befreit, kann man wirklich frei und neu gestalten.

Andererseits kann man auch mit den Formen und Farben spielen, in dem Sinne, dass man „Draufsichten“ von Pflanzen oder Details erzeugt oder deren Strukturen fotografiert. Immer wiederkehrende Muster sind unglaublich vielfältig und fotogen.

Besonders schön ist es, wenn dann noch ein Detail, eine Anomalie heraussticht und dem Bild den letzten Kick gibt. An einer solchen Serie arbeite ich seit vielen Jahren und jedes Jahr kommt das ein oder andere Bild hinzu.

Eine vierte Möglichkeit der Bildgestaltung ist die Darstellung einer Pflanze in ihrem Umfeld. Hierbei muss das Umfeld natürlich ansprechend sein. Besonders wichtig ist dabei, dass man nicht nur den Vordergrund mit der Pflanze gestaltet, der Hintergrund ist ebenso wichtig.

Man muss immer darauf achten, welche Bäume man anschneidet, welche Linien man wie führen möchte und so weiter. Generell muss man der Gestaltung des Hintergrundes in der Pflanzenfotografie immer die höchste Priorität geben!

Zuletzt möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass häufig auch die Bewegung der Kamera zu interessanten Effekten führen kann. Hierzu gibt es keine Regeln, man muss sich selbst überlegen, welche Formen man wie durch Bewegung betonen kann.

In der Regel werden diese Bilder „Wischer“ genannt und wirken, wenn sie richtig gemacht sind, ähnlich wie ein impressionistisches Gemälde. Dabei finde ich es wichtig, dass bildwesentliche Teile eine gewisse Zeichnung und einen Wiedererkennungswert haben, das sollte man beim Bewegen der Kamera nicht vergessen.

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