01. November 2011 Lesezeit: ~4 Minuten

Muse

Diese Entwicklung wurde mir vor einem Jahr klar, als ich sie aussprach. Nicht, dass es beschwert, aber es ist befreiend, es sagen zu dürfen: „Ich habe eine Muse.“

Rahada

Seit ein paar Jahren kannten Rahada und ich uns über das Internet, wir kommentierten auf einer Fotoplattform unsere Bilder und erkannten in diesen, dass wir uns irgendwie auf eine Art und Weise ähneln. Gleich sind.

Rahada Rahada

Als wir uns dann im Jahr 2009 in London das erste Mal gegenüber standen, gab es keine Berührungsängste. Das erste, was er zu mir sagte war, dass meine Haare real noch schöner aussehen als auf Bildern.

Schon einen Tag später fotografierte ich ihn in einem verlassenen Krankenhauskomplex bei London. Als ich ihn durch den Sucher ansah oder eher beobachtete, wie er sich drehte, anspannte und streckte, flammten schon viel mehr Bilder in meinem Kopf auf, die nichts mit der Thematik zu tun hatten, in der wir uns an diesem Tag befanden.

Rahada Rahada
Rahada Rahada

Bisher sagte ich immer, dass ich keine Fotografin bin, die inszeniert. Seit ich Rahada kenne und ihn als meinen Freund und Muse bezeichnen kann, habe ich Ideen und inszeniere ihn in meinem Kopf.

Unsere Arbeiten entstehen aber nicht nur durch mich allein, Rahada ist ein sehr kreativer Geist. Aus einer Idee, einem groben Gerüst entsteht ein fertiges Konzept. Oft treffen wir uns sonntags und verbringen einfach Zeit zusammen.

Rahada

Und des Öfteren werden Ideen zum Leben erweckt. Ein großer und wichtiger Punkt ist, ob ich das nächste Projekt digital oder analog umsetzen will. Wenn es Schwarzweiß-Bilder werden sollen, ziehe ich die analoge Kamera vor.

Rahada

Rahada

Rahada

Ich lasse mich gern von meiner Stimmung leiten und fotografiere mich selbst. Des Öfteren möchte ich das Gefühl oder die Stimmung nicht mehr in mir tragen, drücke auf den Fernauslöser und in 1/125 Sekunde sind das Gefühl und die trüben Gedanken nicht mehr in mir. Jetzt sind sie in der Person, die auf dem Speicherchip zu sehen ist. Es fühlt sich befreiend an.

Auch mit Rahada machte ich schon Selbstportraits. Da geht es aber nie um die Bewältigung von Gefühlen in uns. Zusammen machen wir früh morgens um 7 Uhr an der Ostsee Handstand, hüpfen in dem noch kalten Sand herum und einer löst aus oder wir hüllen unsere Oberkörper in Flüssiglatex, schmeißen dabei die Kiev 88 fast vom Tisch, weil wir kein Stativadapter für sie haben, aber bei wenig Licht und einem ISO100-Film unbedingt diese Bilder machen müssen.

Rahada

Jetzt wird es langsam kälter und ich habe Rahada schon im Schnee vor meinem inneren Auge. Vor zwei Jahren stellte er sich bei -14°C in nur einem Tütü in den Schnee. Er sah bezaubernd aus, mit seinem weißen Puder auf der Haut, dem Glitzer auf seinem Haar und den lilafarbenden Federn auf seinen Wimpern. Wie nicht von dieser Welt.

Rahada

Ich danke ihm für so viel Vertrauen in mich und meine Kunst, dass wie bizarr wir ihn auch zu einem „Projekt“ machen, er sich wiedererkennt und sagen kann „ja, das bin ich“. Er ist mein bester Freund, für den ich meine Hand ins Feuer legen würde.

Sein Humor, seine Gutmütigkeit, Ehrlichkeit und sein Geist sind wohl meine größte Inspiration. Und wir zwei zusammen. Ich fühle mich dann vollständig – mit ihm, in unserer Freundschaft, die kreativer und schöner nicht sein kann.

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