30. Oktober 2011 Lesezeit: ~12 Minuten

Im Gespräch mit Robby Cavanaugh

Die Arbeiten von Robby Cavanaugh (deviantArt | flickr | Facebook) habe ich schon eine ganze Weile über deviantArt verfolgt. Trotzdem vergeht manchmal eine Menge Zeit, bis mir beim Betrachten toller Bilder klar wird, dass ich den Künstler als Redakteur ganz einfach um ein Interview bitten kann.

Robby war sofort dabei, sodass es auch mit ihm eine Freude war, in seine Geschichte, seine Gedanken und Ideen zur Fotografie einzutauchen. Da ich über ihn vor unserem Interview absolut nichts wusste, werde ich seine Bilder ab jetzt etwas anders sehen, nachdem ich einen kleinen Einblick in seine Motive erhalten habe.

© Robby Cavanaugh

Hallo Robby, toll dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst. Zuerst, erzähl uns doch mal ein bisschen über Dich. Wer bist Du, was machst Du?

Also, ich bin 23 Jahre alt und gerade dabei, mein Studium in Grafikdesign abzuschließen. Ich bin mit einer sehr schönen Frau verlobt und genieße die wirklich einfachen Dinge im Leben. Ich war schon immer an den Künsten interessiert, es ist einfach etwas, wofür ich eine Leidenschaft habe. Momentan arbeite ich als Fotograf.

Ich fotografiere Familien, Babys, Portraits, aber vor allem Hochzeiten. Für Hochzeitsfotografie kann man mich über April Smith Photography buchen. Ich liebe es: Es ist großartig, verliebte Menschen an ihrem besonderen Tag zu fotografieren. Meine eigenen fotografischen Arbeiten sind mein kreatives Ventil, so kann ich funktionieren. Das ist es auch schon, was mich so auf Trab hält!

© Robby Cavanaugh

Sieht aus als hättest Du alle Hände voll zu tun! Wann und wie hat das alles denn angefangen, die Geschichte mit Dir und der Fotografie?

Es ist lustig, denn ich war für eine ganze Weile gar nicht an Fotografie interessiert. Ich habe es zuerst genossen, zu zeichnen und zu malen. Ich habe immer gedacht, dass Fotografie ein kreativer Weg für Leute ist, die nicht zeichnen können. Haha. Dann war ich in ein paar Grafikdesign-Kursen, wo ich Photoshop entdeckte.

In diesem Moment habe ich angefangen, es richtig zu genießen, Bilder zu bearbeiten und sie professionell aussehen zu lassen. Also habe ich angefangen, in einem Fotostudio zu arbeiten, wo ich vor allem Familien und Kinder fotografiert habe. Ich habe das wirklich gern gemacht. Ich dachte, dass das vielleicht etwas für eine Karriere wäre.

© Robby Cavanaugh

Ich nahm all meine Ersparnisse und kaufte eine Kamera, ich war fest entschlossen, mit der Fotografie groß rauszukommen. Meine künstlerische Fotografie begann sich aber erst später zu entwickeln. Ich vermisste es, mich kreativ auszudrücken wie ich es tat als ich noch gezeichnet habe, ich brauchte mein Ventil.

Also dachte ich mir: Warum verbinde ich nicht Fotografie, meine Arbeit, mit meinem Wunsch, mich künstlerisch auszudrücken? Also tat ich einfach genau das. Ich entdeckte, dass man ein Foto von etwas machen konnte, das dem Betrachter real erscheint, aber trotzdem etwas ist, was niemand zuvor gesehen hat. Diese Idee faszinierte mich und dort begann meine Reise.

© Robby Cavanaugh

Wie hast Du es geschafft, Deine Arbeit im Fotostudio zu genießen? Ich habe schon oft gehört, dass angehende Fotografen durch die alltägliche Arbeit dort ausgebremst und demotiviert wurden, weil es sie einfach nicht auf künstlerische Art gefordert hat.

Das stimmt. Ich meine, ich habe es zuerst genossen. Ich schätze mal, dass ich es sehr genossen habe, meine Talente einzusetzen, um andere glücklich zu machen. Ich denke, darum mochte ich es dort. Natürlich kann es manchmal etwas nerven, wenn man zwei Jahre lang dort ist. Es ist etwas einschränkend, aber es war perfekt für mich, weil ich nicht viel über Fotografie wusste.

© Robby Cavanaugh

Hast Du dann direkt Dein eigenes Unternehmen gestartet nach den Erfahrungen im Studio?

Irgendwie ja! Ich meine, ich wusste, wie ich mit Gruppen, Senioren, Babys und Familien umzugehen hatte. Ich musste mir nur selbst beibringen, wie ich mit natürlichem Licht umgehe, bevor ich anfangen konnte, weil ich ja bis dato nur Studiofotografie kannte.

Ich hatte keine Fotografiekurse belegt, also spielte ich oft einfach mit meiner Kamera herum, um herauszufinden, was das alles bedeutete. Wie ich Dinge im Hintergrund unschärfer oder schärfer machen konnte und so weiter.

© Robby Cavanaugh

Du hast gesagt, Du brauchtest etwas Zeit, um die Fotografie und Deine eigenen künstlerischen Bedürfnisse zu kombinieren. Wie hat sich das zu den surrealen Welten entwickelt, die Du jetzt kreierst?

Ich brauchte Zeit, weil ich die Fotografie nie so gesehen hatte wie ich sie jetzt sehe. Ich sah Fotografie als das Fotografieren von Dingen, die die Leute sowieso immer sehen. Allerdings, als es klick gemacht hatte und ich erkannte, dass ich die Fotografie nutzen könnte, um mich selbst künstlerisch auszudrücken, veränderte sich alles.

Ich erkannte, dass, wenn ich ein Foto mit realistischen Elementen machen könnte, das trotzdem etwas noch nie Gesehenes hat, dann würde man sich danach umdrehen. Indem ich mich auf diese Weise ausdrückte, entdeckte ich mehr darüber, wer ich als Künstler und als Person bin. Meine Arbeit ist fast wie eine kleine Biografie oder wie die Geschichten, die ich erzählen möchte.

© Robby Cavanaugh

Was sind das für Geschichten? Welche Themen beschäftigen Dich, welche tauchen immer wieder auf?

Geschichten, die ich einfach erzählen muss. Ich kann es fast gar nicht erklären. Es sind Visionen in meinem Kopf, die ich sehe und die ich einfach festhalten muss. Ich denke, dass die Themen, die mich beschäftigen, Themen sind, die sich mit Konflikten beschäftigen.

Die meisten meiner Arbeiten kommen von einem Ort, für den ich eine Leidenschaft habe und dessen Geschichte ich konzeptionell erzählen muss. Beinahe jedes meiner Werke hat ein anderes Thema… aber ein wiederkehrendes Thema wäre wohl Flucht, Flucht vor Normen und Flucht vor dem Leben.

© Robby Cavanaugh

Wie kommt es, dass das Thema Flucht immer wieder auftaucht? Wie ist das mir Dir persönlich verbunden?

Als ich jung war, hatte ich wirklich Probleme damit, die Realität zu akzeptieren, mein Kopf war immer in den Wolken und ich wünschte, ich wäre einfach woanders. Ich hatte eine große Angst vor der Möglichkeit, nicht entkommen zu können, entkommen vor allem und nichts.

Einfach die Idee, in der Falle zu sitzen, ärgert mich. Ich musste immer einen Fluchtplan im Kopf haben. Ich mag Konformität um der Konformität Willen nicht und ich mag es nicht, ein Teil der Norm zu sein. Für mich ist das fast wie seine Träume aufzugeben.

© Robby Cavanaugh

Sieht aus als wäre da also jede Menge Unterbewusstes im Spiel. Bist Du Dir dessen bewusst, arbeitest aktiv an einem Thema, um es in ein Bild zu verwandeln oder folgst Du eher spontanen Ideen, ohne über die tiefere Bedeutung nachzudenken?

Manchmal ist es ein bisschen von beidem, aber meistens plane ich die Dinge durch. Allerdings hatte ich auch schon Projekte, bei denen ich nicht genau wusste, in welche Richtung es gehen würde. Als ich dann fertig war… wurde mir erst bewusst, warum ich dieses Foto machen wollte. Es ist absolut unterbewusst.

© Robby Cavanaugh

Erzähl uns doch ein bisschen darüber, wie Du arbeitest. Planung, Fotografieren, Nachbearbeitung – was sind Deine Schritte, was davon ist für Dich besonders wichtig?

Na klar! Zuerst muss ich ein Konzept im Kopf haben… etwas, das ich unbedingt fotografieren will. Das ist eigentlich der schwierigste Teil, denn manchmal passiert das nicht so oft wie ich es gern hätte. Wenn ich dann ein Konzept habe, mache ich einige Skizzen, wähle Farben und überlege, wie ich mein Bild komponieren will.

Dann der knifflige Teil: Ich muss Wege finden, meine Idee auf interessante Art umzusetzen. Zum Beispiel anstatt jemanden in die Mitte der Wüste zu stellen, um das Konzept von Einsamkeit zu beschreiben, stelle ich die Person vielleicht zwischen eine Menge andere Menschen, lasse sie aber als einzige weiß tragen. Sowas in der Richtung.

Ich mache auch Materialien oder Accessoires selbst oder kaufe sie, dann geht’s zum Fotografieren. Das ist ehrlich gesagt der leichteste Teil von allen. Allerdings ist es manchmal auch angsteinflößend, wenn ich alles für ein Foto vorbereitet habe und nun der unbekannte Teil vor mir liegt, wie es ausgehen wird.

© Robby Cavanaugh

Manchmal sage ich zu mir selbst bevor ich fotografiere: „Wie kann ich es schaffen, dass es so aussieht wie das Bild in meinem Kopf? Geht das überhaupt?“

Wenn ich mit dem Fotografieren fertig bin, mache ich die Nachbearbeitung. Das kann zwei Stunden dauern oder auch fünf, je nach Komplexität des Fotos. Ich mag es, schwache Texturen einzufügen und es so aussehen zu lassen als würde ich mit einer analogen Kamera fotografieren.

Das ist die Richtung, in die ich gehe, wenn ich meine Fotos bearbeite. Der wichtigste Teil von allem ist, dass ich am Ende glücklich sein will mit dem, was ich kreiert habe. Manchmal sind meine Erwartungen zu hoch, wodurch ein Bild daneben gehen kann. Also versuche ich einfach mein Bestes!

© Robby Cavanaugh

Welche Rolle spielt Deine Ausrüstung im Arbeitsprozess?

Ich fotografiere mit einer Canon 5D und fast immer mit dem 50mm f/1.4. Ich mag es, die unteren Blenden zu benutzen, es erzeugt so einen träumerischen Effekt. Meistens bewege ich mich zwischen 1.6 und 2.8, selten darüber. Ich benutze auch nie einen Blitz, nur natürliches Licht, immer.

Hast Du auch schonmal mit analogem Filmmaterial gearbeitet?

Ich schätze es sehr und habe vor langer Zeit einmal damit gearbeitet. Es macht sehr viel Spaß, aber ich kam nie zu dem Punkt, an dem ich damit regelmäßig gearbeitet habe. Der ganze Ablauf dauerte mir einfach zu lange, aber wie gesagt: Ich schätze es.

© Robby Cavanaugh

Wer sind die Leute, die für Dich Modell stehen? Du selbst, Freunde, engagierte Modelle? Wie ist die Arbeitsatmosphäre, wenn Du mit ihnen an einem Foto arbeitest?

Anfangst habe ich einfach Freunde gefragt, die ich kannte. Allerdings wurde es schnell schwierig, weil ich die Zeitpläne von allen beachten musste, um fotografieren zu können. So fotografierte ich nur ungefähr einmal im Monat. Dann habe ich eine Weile einfach mich selbst fotografiert, was gut funktionierte, wenn ich sofort ein Foto machen wollte.

Allerdings wollte ich mehr Abwechslung. Also bin ich jetzt wieder dabei, Leute zu fragen, die ich kenne, versuche es aber öfter hinzubekommen. Ich musste noch nie ein Modell engagieren, einfach weil ich niemanden brauche, der weiß, wie man modelt.

© Robby Cavanaugh

Ich habe ja schon eine exakte Idee im Kopf von dem, was ich will und ich muss die Person nur dazu bringen, genau das zu tun. Ich bin ziemlich ruhig, wenn wir arbeiten und ich stelle sicher, dass ich tue, was meine Modelle auch tun. Ich gehe direkt in die Situation hinein, beschreibe, wie ich es haben will, dann mache ich es selbst und bitte sie dann, es auch auszuprobieren. Ich sorge dafür, dass meine Modelle sich alle wohlfühlen.

Was war die größte Erkenntnis, die Dich in der Fotografie vorangetrieben hat?

Da sind zwei Dinge. Das eine ist, dass man etwas fotografieren kann, was real aussieht und trotzdem für das öffentliche Auge neu ist. Und das andere ist, dass man sich selbst kreativ durch realistische Bilder ausdrücken kann. Wenn man es sich vorstellen kann, dann kann man es auch fotografieren.

© Robby Cavanaugh

Danke für diese Einsicht in Deine Welt, Robby. Letzte Frage: Was sind Deine Pläne für die nähere und fernere Zukunft?

Ich habe zu danken! Es ist schwierig, das jetzt zu sagen… was ich weiß ist, dass ich die Fotografie bis an ihre Grenzen erkunden und weiter damit arbeiten möchte. Ich werde demnächst sicher signierte Kunstdrucke verkaufen, sodass Leute meine Arbeiten haben können.

Die ferne Zukunft? Ich möchte von einer Galerie vertreten werden, hoffentlich reisen, vielleicht Workshops geben und einfach weiter meine Ideen mit Hilfe der Fotografie mit der Welt teilen.

Das Interview habe ich mit Robby auf Englisch geführt und anschließend übersetzt.

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