07. August 2011 Lesezeit: ~8 Minuten

Im Gespräch mit Sven Korejtko

Über die Arbeiten von Sven Korejtko bin ich vor circa drei Jahren bei der Fotocommunity gestoßen und war sofort begeistert von seinen wundervollen Portraits. Dass Sven sogar in der Nähe wohnt, fand ich um so toller, ein lokaler Fotograf dessen Arbeiten mich schwer begeistern, perfekt. Da KWERFELDEIN mit Sven ein Interview führen wollte, durfte ich mich mit ihm um die Ecke treffen.

Hi Sven, toll, dass du Zeit für ein Interview hast. Stell dich doch bitte den Lesern einmal kurz vor.

Mein Name ist Sven Korejtko und ich bin 36 Jahre alt. Ich lebe, arbeite (und sterbe vermutlich) in Siegburg, das zwischen Köln und Bonn liegt. Ein Städtchen so unspektakulär und unaufgeregt wie unzählig viele. Meinen Lebensunterhalt verdiene ich als Krankenpfleger auf einer Intensivstation. Das Beste von mir sind meine beiden kleinen Kinder.

Du arbeitest also in einem Beruf, den man nicht unbedingt mit der Fotografie verknüpft. Erzählst uns, wie du zur Fotografie gelangt bist?

Es gibt ein Video auf Youtube, auf dem sich eine Person über einen Zeitraum immer nach dem Aufstehen fotografiert hatte. Das fand ich riesig und wollte es einfach mit mir kopieren. Also, ab in den Laden und ne Kamera gekauft und das Ganze eine Woche durchgehalten. Jetzt kann ich darüber schmunzeln…..und das Video find ich inzwischen auch langweilig.

Dass du dich erst mal mit Selbstportraits beschäftigt hast, was denkst du, hat dir das geholfen auf deinem Weg zu den fantastischen Portraits, die du nun von anderen Menschen machst?

Ja vielleicht, denn meine Selfs waren Schrott. Wirklich geholfen hat die Möglichkeit der Geselligkeit! Ich schnacke gerne mit meinem zu fotografierenden Gegenüber. Zudem ist man dabei ein Voyeur der Mimik und Details und darf das auch ungeniert so zeigen. Das ist eine indirekte Aufdringlichkeit, die man sich nur mit der Kamera vor dem Auge erlauben darf.

Dieser Reiz erschloss sich mir aber erst nach und nach. Zudem denke ich, dass meine Grundschulfähigkeiten im Zeichnen und Malen ein guter Grund waren, das Fotografieren zu wählen und anfängliche Misserfolge zu verkraften.

Indirekte Aufdringlichkeit. Solch eindringliche und sehr natürlich wirkende Portraits kann man schlecht stellen oder vortäuschen. Kennst du alle deine Models schon vorher persönlich? Erkläre uns einmal in wenigen Worten, wie so ein Shooting bei dir abläuft?

Einen Ablauf als feste Organisation gibt es gar nicht. Es beginnt fast immer mit einem Kaffee und einem netten Plausch. Je entspannter die Atmosphäre ist, umso besser werden diese nachher. Denn nur wenn es eine beidseitige Sympathie und gegenseitiges Vertrauen gibt, gelingt es etwas Ausdrucksstarkes zu schaffen. Das Licht ist mir da genauso egal, wie der Ort. Man kann überall vernünftige Bilder machen und auch unter jedem Licht!

Jede erdenkliche Ecke an der Straße bietet einem unzählige Möglichkeiten und oft mehr, als ein Studio. Jede Person lässt sich unter der schlimmsten Kunstlichtfunzel fantastisch fotografieren, wenn diese einfach eine entspannte und angenehme Position für sich gefunden hat. Denn wer mal versucht hat, eine durch den Sucher erkennbar gelungene Situation oder Pose unter besserem Licht zu reproduzieren, wird vermutlich gescheitert sein. Das klingt zwar alles sehr bequem, und das ist es auch.

Bequem? Nicht jedem liegt das, würde ich sagen. Die Verführung sich Vieles durch Technik oder bestehende Abläufe abnehmen zu lassen ist doch oft vorhanden. Apropos Technik. Analog oder digital, oder beides, oder egal?

Ich habe zwar noch analoge Kameras und mag gelegentlich auch die Überraschung bei der Entwicklung, aber richtig analog ist das auch nicht mehr bei mir. Aber vermutlich ist auch von den analogen Freunden kaum noch jemand wirklich rein analog unterwegs.
Aktuell bin ich fast ausschließlich digital unterwegs.

Die verklärte Romantik der analogen Fotografie wird nämlich spätestens nach dem Scan ruiniert! Dann finden sich die gescannten Dateien ja doch in einem Bildbearbeitungsprogramm eines schicken Macbooks wieder, statt auf Baryt nach einer Kalttonentwicklung. Da wird die digitale Schönheitschirurgie praktiziert und retuschiert, bis vom Original nicht viel übrig ist. Von daher gibt es das rein Analoge kaum mehr!

Wenn ich mir aber Bilder ansehe, die in mir etwas auslösen, dann ist es mir egal ob analog, digital, ob mit Pinsel oder Bleistift.

Verrätst du uns noch, wo du Inspiration für deine Fotos findest? Gibt es Fotografen und Künstler, die dich besonders inspirieren?

Es gibt so viele FotografInnen und KünstlerInnen, die ich bewundere und für ihr Talent zum Sehen bestaune. Aber Quell der Inspiration ist eher das vermittelte Gefühl auf ihren Bildern, als die Art der Entstehung.

Denn ein „gefällt mir“ Button ist schnell gedrückt und gegebenenfalls noch der Hinweis, dass das Bild superscharf geworden ist. Aber wenn sich die Auseinandersetzung mit der Aufnahme darauf beschränkt, habe ich etwas falsch gemacht. Wenn man aber mehr dazu zu sagen vermag, oder eventuell meine Intention hinter der Aufnahme gesehen hat, bin ich sehr zufrieden.

Dir ist das vermittelte Gefühl auf Fotografien wichtig, vorhin erwähntest du das für dich eine entspannte Atmosphäre wichtig für bessere Portraits ist. Versuchst du die Art der Entspannung oder Atmosphäre zu lenken um ein gewisses Endresultat zur erzielen oder lässt du dich hier gerne überraschen?

Es läuft zumindest keine Karnevalsmusik im Hintergrund. Ansonsten versuche ich schon die Atmosphäre zu lenken. Mein Gegenüber aber mit Sicherheit auch! Es ist eine Kooperation, die unverzichtbar ist. Denn überraschen lasse ich mich nicht so gerne. Ansonsten müsste ich bei einem Shooting 300 Bilder, oder noch mehr knipsen. Und dann wäre es eine Frage des Zufalls, ob etwas Gutes entstanden ist.

Der Zufall, oder die Überraschung würde mir sicher ein paar gute Bilder schenken, aber doch unbeabsichtigt und nicht gewollt. Das ich gerne digital fotografiere bedeutet ja nicht, inflationär mit dem Medium umgehen zu müssen.

Es mag viele FotografInnen geben, die so porträtieren, wie sie ihren Urlaub fotografieren. Da werden Fotos gemacht, wie Fischstäbchen auf dem Fließband. Die landen dann zu Hause auf dem Rechner mit maximal zwei Sekunden Beachtung beim Sortieren und sind dann einfach ungenutzt da. Mit Glück finden 1%-2% dann doch noch den Weg zu einem Abzug, oder in den Facebook-Ordner „Urlaub“.

Diese Herangehensweise ist zwar gegebenenfalls effektiv um gute Resultate zu erzielen, aber ich schaffe es so nicht an mein Ziel zu kommen. Was aber auch daran liegt, dass ich gerne meine alten Objektive mit manueller Fokussierung verwende. Das zwingt einen zu einer bedachteren Arbeitsweise. Ob diese Arbeitsweise aber besser ist, mag ich nicht beurteilen. Dafür gibt es einfach eine Mehrzahl an FotografInnen, die aus der Hüfte verblüffende bis hin zu beneidenswerten Fotografien zaubern.

Frage zum Abschluss: Gibt es etwas, dass du unseren Lesern als fotografischen Tipp mit auf den Weg geben willst? Etwas das dir besonders auf dem Herzen liegt; was den Umgang mit Menschen in der Fotografie angeht?

Puhhh….das ist sehr schwer! Mir ist einfach wichtig, dass ich das Porträtieren als ein Miteinander verstehe, das auf Respekt und Freude aufbaut. Und die Freude daran sollte niemals durch den Wunsch nach dem perfekten Bild zerstört werden, in dem man sich und sein Gegenüber zu arg strapaziert!

Ein Bild muss einem einfach selbst gefallen, unabhängig vom Bildschnitt und der viel beschworenen Schärfe auf den Punkt. Zuerst einmal sind die Aufnahmen ja für einen selbst und für die porträtierte Person und nicht für andere Personen im www. Dann wird einem das Porträtieren auch auf Dauer Freude bereiten und man wird dabei Stück für Stück mit gesundem Selbstbewusstsein den eigenen Stil finden.

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