27. April 2011 Lesezeit: ~3 Minuten

Schwarze Gestalten

Jeden Morgen, wenn ich mit der Kamera durch Karlsruhe ziehe, lerne ich einwenig über das Fotografieren auf der Straße dazu. Besonders in den letzten Wochen ist mir eine Technik besonders ans Herz gewachsen: Menschen in urbaner Peripherie in triefendes Schwarz versinken zu lassen, sodass der Betrachter nur deren Umrisse erkennt.

Weil ich ohnehin fast ausschließlich schwarzweiß fotografiere, konzentriert sich meine Bildsprache auf Form und nicht auf Farbe. Ich genieße diese Reduzierung – wobei ich es bisher nie als solche im negativen Sinne empfunden habe. Ich bin fest davon überzeugt: Schwarzweiß liegt wie ein magischer Schleier über dem Sichtbaren.

Ich liebe es, wenn sich die Silhouette der Menschen mit dem Hintergrund vereint und gemeinsam zu einer visuellen Kür aufschwingt. Da kommt ein Gefühl für den Moment zustande, unbeschreiblich. Die Zeit bleibt in Schwarzweiß ganz anders stehen, als in Farbe. Für mich, natürlich. Ich bekomme da schwitzige Hände, mir stockt der Atem. Da ist diese Tiefe, und – der Leser hat unlängst bemerkt, wie ich hier mit den Worten ringe.

Besonders zu Hilfe kommt mir bei diesem Vorhaben knallhartes Sonnenlicht. Das, was häufig (nicht: immer) unter Fotografen als ungeeignet gehandelt wird, ist für mich auf der Straße genau richtig. Insbesondere dann, wenn ich Menschen auf ihre Konturen reduziere und mit Hintergründen arbeite, die ich in der gegebenen Situation vorfinde. Je direkter und härter das Licht, umso besser.

Wenn eine Person dann noch im Schatten läuft, brauche ich nur noch unterzubelichten und habe auf meinem Display sofort eine Vorahnung, wie die Abbildung final wird. Das Display ist übrigens auf Anzeige Schwarzweiss justiert, fotografiert wird trotzdem als CR2, also RAW, also Farbe.

Apropos übrigens. Ich nutze in diversen Situationen den Schnellfeuer-Modus und picke mir postfotografierend die originellste Variante heraus. Wenn digital, dann will auch ich dessen Stärken nutzen. Das sei aber nur am Rande erwähnt, denn ebenso entscheidend sind Perspektive, Bildausschnitt und Gefühl für den Moment.


Bild oben: Das Einzige aus dieser Serie, das gestellt wurde. Mann auf dem Foto: Matthias Pabst

Weiter sind Blendenwerte von 9 und aufsteigend keine Seltenheit. Hier brauche ich kein B…, nein. Pfui Bokeh! Nicht im Traum! Ein unscharfer Hintergrund würde dem Ganzen die Seele nehmen wie spießiger Hundeschmuck dem liebäugelnden Dackelchen. Außerdem sind knappe Belichtungszeiten Pflicht, unter 1/500s kann ich den eiligen Fahrradfahrer kaum einfrieren, sonst entwischt er in die Bewegungsunschärfe.

In der Bildbearbeitung (Lightroom) werden die Kontraste ebenso hart gestaltet, wie das Sonnenlicht sich auf die Kanten und Risse der Häuser brennt. Natürlich hat alles Grenzen und am Feingefühl dafür arbeite ich noch – wenn auch ich mit dieser Auswahl ganz zufrieden bin.

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