01. Februar 2011 Lesezeit: ~3 Minuten

Think Vintage!

In der digitalen Bildbearbeitung widmete ich mich schon immer besonders den Bereichen Vintage und Retro. Dabei war mir sehr wichtig authentisch zu bleiben und möglichst nahe an den Charme der alten Fotos zu kommen. Ich liebe diese alten, zerfledderten und vergilbten Fotos aus Grossmutters Fotoalbum, sie haben ihre ganz eigene Bildstimmung.

Dank diverser Fotocommunities ist es heute einfach an nützliche Texturen zu kommen, wie z.B. alte Bilderrahmen, zerknittertes Papier usw. und auf Youtube sind unzählige Tutorials zu finden.

Das einzige, das man investieren muss ist Zeit und Geduld. So habe ich mich vor Jahren stundenlang durch Tutorials gelesen, habe ausprobiert, abgeändert, neu versucht, Farbkurven erstellt und wieder verworfen, nach Artikeln gesucht, erneut gelesen und wieder und wieder herum experimentiert…

Irgendwann ist man mit dem Ergebnis zufrieden und man bemerkt, dass man sich ganz nebenbei viel Wissen und Praxis über Bildbearbeitung angeeignet hat! Learning by doing eben.

Deshalb rate ich den Leuten immer, die mich anfragen wie ich dieses oder jenes mache, dass sie einfach unkonventionell und ohne Scheu herumspielen sollen. Es gibt keinen intuitiveren und nachhaltigeren Lernprozess!

Als ich Ende 2010 von den Ferien zurück kam, hatte ich viele alte Fotos von unserer Familie im Gepäck, die irgendwo in einer Schachtel ihr Dasein fristeten. Bilder, die natürlich einen sentimentalen Wert haben, aber für mich als Fotografin einen ganz besonderen Reiz haben.

Ich versprach, sie digital zu archivieren und zu restaurieren, sodass man sie in neuem Glanz ausdrucken und aufhängen kann.

Der umgekehrte Arbeitsprozess war sehr spannend für mich. Wie renoviere ich ein altes Bild, ohne ihm seinen besonderen Touch zu nehmen? Das Geheimnis liegt im gesunden Mass: Soviel wie nötig, so wenig wie möglich.

Die Pflicht besteht in der Retouche von geknickten Ecken und Rissen und im ersetzen bzw. nachkonstruieren von fehlenden Bildteilen. Dabei ist es eine Sache des Glücks, ob es sich dabei nur um ein Stück Wiese oder Himmel handelt, das problemlos hinzu gestempelt werden kann.

Wenn der Bildteil aber z.B. in der Kleidung oder gar im Gesicht fehlt, braucht‘s eine gute Vorstellungskraft, viel Geduld, und ein ruhiges Händchen. Man muss es sozusagen aus dem Nichts rekonstruieren, so wie es ausgesehen haben muss…

Mein Tipp: Im Bild nach einer entsprechenden Referenz suchen – wie ein Hemdskragen, Jackenknöpfe, Hosenbeine, Finger, oder die Symmetrie des Gesichtes. Vieles ist doppelt und mehrfach vorhanden im Bild. So kann man fehlende Bildbereiche kopieren und dann die Dimensionen anpassen.

Die Kür besteht aus zusätzlichen Bearbeitungsvorgängen, die im Grunde nicht notwendig wären. Die Entscheidung hängt von den eigenen Grundsätzen ab.

Will man den Pullover in mühsamer Kleinarbeit „entfusseln“ oder nicht, macht man generell Beautyretouche, wählt man schlussendlich schwarz-weiss für das Bild oder möchte man die Originalfarbe erhalten, usw.

Ich halte es bei der Vintage Bildrestaurierung gleich wie bei meiner generellen digitalen Grundbearbeitung: Ich entferne Hautunreinheiten, denn es interessiert keinen, ob Tante Waltraud nun an dem Tag Stresspusteln hatte oder nicht.

In meinem Bild „Father and Son“ habe ich zusätzlich den Hintergrund ebenmässiger gestaltet. Da ich das Bild ca. in DINA4 Grösse ausdrucken werde, war mir wichtig, dass nicht ein unruhiger Hintergrund vom Motiv ablenken würde.

Viel Spass beim ausprobieren!
Calisto

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