kwerfeldein
13. Dezember 2010 Lesezeit: ~9 Minuten

Kaffee kann man nicht nur trinken!

Der folgende Artikel ist aus der Feder von Martina Woll. Martina kommt aus Saarbrücken. Beruflich ist sie die meiste Zeitim Büro, was nicht gerade kreativ ist. Ihre Kreativität lebt sie dafür in ihrer Freizeit aus, mit der Fotografie. Sie ist ihre Leidenschaft, ihr Leben. Wer mag, darf auch gerne in ihrem Flickr Stream stöbern.

Ohne die Fotografie geht gar nichts. Angefangen hat alles so ca. 1999, als ich mir eine analoge Spiegelreflex kaufte. Damals hatte ich Null Ahnung von der Materie und entsprechend sahen meine Bilder aus. Das ganze schlief dann wieder etwas ein, bis sich mein Freund Ende 2003 eine digitale Spiegelreflex kaufte, mit der ich dann mehr ich fotografierte, als er.

2005 kam meine eigene digitale Spiegelreflexkamera ins Haus und schließlich intensivierte sich mein Interesse an der Fotografie. Auch wenn ich analog angefangen habe, würde ich mich als „Kind der Digitalfotografie“ sehen. Die digitale Fotografie hat mir das Lernen leichter gemacht, ich konnte mich besser weiterentwickeln.

Es ging alles viel einfacher. Ich habe ein Foto gemacht und konnte es gleich auf dem Display betrachten und überlegen, wie ich’s besser machen konnte. War ein Bild unscharf oder verwackelt, habe ich es einfach gelöscht. Ich konnte auch mehr rumprobieren und verschiedene Kameraeinstellungen testen, ohne dass es gleich ins Geld ging.

Trotzdem habe ich Anfang 2007 zur analogen Fotografie wieder zurückgefunden und meine Liebe zum Mittelformat (Format 6×6) entdeckt.


Ich bin Autodidakt. Ich habe das Fotografieren weder studiert, noch bin ich darin ausgebildet oder habe irgendwelche Foto-Lehrbücher auswendig gelernt. Ich finde, damit sollte man auch keine Zeit verschwenden. ;) Die Theorie hat mich nie interessiert und auch nicht die Technik, mit der ich arbeite. Mich braucht man nicht zu fragen, welche Kamera ich empfehlen kann oder was z.b. Spiegelvorauslösung etc bedeutet. Davon habe ich keine Ahnung.

Ich habe meine Kamera(s), die ich zu bedienen weiß, meine Augen und mein Herz.

Ich beschäftige mich lieber mit dem Fotografieren selbst und den Bildern, die dabei entstehen. Meine Bilder haben sich im Vergleich zu meinen Anfängen sehr positiv entwickelt. Habe ich früher wahllos rumgeknipst, fotografiere ich heute bewusster. Gelernt habe ich auch viel rein vom Anschauen anderer Fotos. Zu sehen, wie andere Fotografen etwas fotografieren, es vielleicht mal nachmachen oder sich inspirieren lassen. Learning by doing eben.

Meine Motive/Themen sind vielseitig; eigentlich wird fast alles festgehalten, was mir vor die Linse kommt. Menschen, Landschaften, Tiere, Architektur, Autos, Flugzeuge, Stillleben, Makro etc. Dabei möchte ich die Motive nicht einfach nur ablichten, sondern künstlerisch festhalten und vermitteln. Ich achte gleich beim Fotografieren auf den Schnitt oder die Perspektive, damit ich anschließend am PC nicht mehr zu viel nacharbeiten muss.

Ein Thema möchte ich euch nachfolgend näher vorstellen: Die Entwicklung von Schwarzweißfilmen mit Kaffee.

Ich bin kein Experte im Entwickeln von Schwarzweißfilmen, meine Anfänge mit entsprechender Chemie waren auch eher ernüchternd. Als ich vor einigen Monaten dann zum ersten Mal davon las, dass man Filme auch mit Kaffee entwickeln kann, wusste ich erst nicht so recht, ob das ernst gemeint war. Ich fand die Vorstellung aber interessant und witzig und da ich ein neugieriger und experimentierfreudiger Mensch bin und mich die Bilder, die ich zum Thema im Internet gesehen hatte, überzeugten, musste ich es natürlich ausprobieren.


Wie alles begann

Meine Erfahrung im Entwickeln von Schwarzweißfilmen hielt sich wie gesagt bislang in Grenzen. Ich hatte mal eine Phase, da hab ich ein paar Filme mit Rodinal entwickelt; unglücklicherweise achtete ich nie auf die Wassertemperatur während des Fixierens und war dann entsprechend verwundert von den Ergebnissen.  Ich probiere zwar gern Neues, aber ich bin auch ein ungeduldiger Mensch und wenn etwas nicht gleich auf Anhieb klappt, dann wende ich mich auch schnell wieder davon ab.

So geschehen mit meinen Chemikalien. Nachdem sie über ein Jahr unberührt im Keller standen und ich nicht wusste, ob sie überhaupt noch brauchbar waren, las ich von der Kaffeeentwicklung. Das weckte meine Neugier und ich wollte einen neuen Versuch starten, meine Filme selber zu entwickeln. Ich ging also in den nächsten Supermarkt und besorgte mir Instantkaffee, Waschsoda und Vitamin C Pulver (letzteres aus der Apotheke).


Mein Entwicklercocktail setzt sich wie folgt zusammen
:

Für meinen Jobo Tank mit 480ml Fassungsvermögen nehme ich 9,5 leicht gehäufte Teelöffel Instantkaffee, 4,5 leicht gehäufte Teelöffel Waschsoda und einen halben Teelöffel Vitamin C Puver, kippe alles zusammen in meine Entwicklerflasche, schüttele es gut durch und lasse es ca. 10 Minuten ruhen, damit sich eventuell entstandener Schaum wieder legen kann und sich alle Komponenten schön miteinander verbinden können. Die Brühe erwärmt sich leicht und riecht nicht besonders angenehm.

Meine allererste Kaffeeentwicklung ging allerdings gänzlich in die Hose. Ich nahm als Testfilm einen Tri-X 400, den ich schon vor längerer Zeit mit meiner Holga belichtet hatte und ne Weile unangetastet im Schrank stehen ließ. Das Entwickeln selbst verlief ganz reibungslos, dieses Mal achtete ich auch auf die Wassertemperatur des Fixierers.

Ich war ganz aufgeregt, als der Film endlich im Bad über der Badewanne zum trocknen hing und ich auf den Negativen sogar ganz leicht was erkennen konnte. Die Ernüchterung folgte beim Scannen. Zum einen waren die Scans flau und zum anderen die Bilder total verwackelt und es war nur „schemenhaft“ was zu erkennen. Letzteres war aber wohl eher der Tatsache geschuldet, dass die B-N-Taste (zum Einstellen der Belichtung „Bulb“ oder „Normal“) meiner Holga so locker saß, dass sie ständig auf B rutschte, statt auf N zu bleiben, was ich natürlich nicht bemerkte und mich wunderte, warum der ganze Film verwackelt und teils überbelichtet war.

Es hat ne Weile gedauert, bis mir die locker sitzende B-N-Taste auffiel. Seitdem hab ich sie auf N festgeklebt und es gibt keine Probleme mehr ;) Aber ich schweife ab… zurück zum Kaffee.

Durch diesen Testfilm ging meine Motivation wieder flöten (geht immer schnell bei mir *g*) und ich gab meine Filme wieder im Fachlabor ab. Aber mit deren Ergebnissen war ich auch nicht wirklich zufrieden. Die Kontraste waren mir teilweise zu hart, die weißen und schwarzen Stellen teils ausgefressen. Aber die Bilder, die ich zur Kaffeeentwicklung im Internet fand, begeisterten mich einfach zu sehr, als dass ich es darauf sitzen lassen würde.

Also musste der nächste Testfilm her. Diesmal aber unverwackelt und richtig belichtet; also hatte ich meine Hasselblad mit zu einem Portraitshooting genommen und Testfotos mit dem APX 100 gemacht. Anschließend wieder Kaffee nach obigem Rezept angerührt, den Film auf die Entwicklerdose gefriemelt (DER Akt schlechthin), 17 Minuten lang entwickelt und nach dem Trocknen auf den Scanner geschmissen.

Und was soll ich sagen. Ich war mit dem Ergebnis sehr glücklich; hatte ich endlich einen Film entwickelt, wo die Bilder genauso waren, wie ich sie haben wollte. Tolle Tonwerte, feinster Kontrast (zumindest in meinen Augen und im Vergleich zu meinen vorherigen Bildern) und ich musste am PC nichts mehr nachbearbeiten.

Nun ja – und seitdem bin ich kaffeesüchtig.

Meine alten Chemikalien hab ich entsorgt (ordnungsgemäß versteht sich), jetzt wird nur noch mit Kaffee gearbeitet und es macht riesig Spaß. Kann ich nur jedem empfehlen!

Bisher habe ich zwei Filmsorten in Kaffee entwickelt; den Kodak Tri-X 400 14 Minuten lang und den APX 100 17 Minuten lang, beide anschließend jeweils 4 Minuten fixiert. Die Zeiten haben sich für mich bewährt.

Wenn ihr euch jetzt fragt, warum mit Kaffee und nicht mit Chemie entwickeln… Nun ich kann da nur für mich sprechen. Ich habe halt mit Kaffee bessere Ergebnisse erzielt, als mit Chemie. Deshalb werde ich bei Kaffee bleiben.

Mit Kaffee zu arbeiten, hat auch ein paar Vorteile. Ich muss z.B. nicht drauf achten, dass ich die Brühe nach dem Entwickeln ordnungsgemäß entsorge, ich kann sie einfach die Toilette runterspülen und der Gedanke, hier mit „böser Chemie“ rumzuspielen, fällt weg ;)


Die analoge Fotografie ist für mich ein großes Experiment. Während viele auf technisch perfekte Bilder aus sind, mag ich Bilder mit Charme; dazu gehören auch mal Fussel auf dem Bild oder Lichteinfall oder Fehlbelichtungen. Mit meinen ausnahmslos rein mechanisch arbeitenden Kameras belichte ich aus dem Bauch raus; ich habe keinen Handbelichtungsmesser, dafür bin ich viel zu ungeduldig, um vor einem Bild „minutenlang“ die richtige Belichtung zu suchen.

Viele werden jetzt den Kopf schütteln, aber für mich ist es einfach spannend zu sehen, was dabei rauskommt und ob ich mit meinem Gefühl richtig lag.

Danke fürs Lesen.

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