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16. Juli 2010 Lesezeit: ~5 Minuten

Tom Krieger: Malerei und Fotografie – eine uneheliche Hochzeit

Kleines Vorwort (Martin Gommel): Ich habe Tom auf der Tion dieses Jahr kennengelernt und war von seinem Vortrag sehr angetan. Daraufhin kam mir die Idee, ihn mal von seiner Seite als Fotoillustrator das Thema Malerei und Fotografie besprechen zu lassen – und jetzt ist es soweit:

Nun gut, fangen wir also mit einem Paradoxon an. Die uneheliche Hochzeit !

Ist es die endgültige Vereinigung zweier doch ungleicher Partner oder die gefestigte Zwangsgemeinschaft, von oben diktiert ? Es ist das Zusammenkommen zweier doch so unterschiedlicher Bereiche, die in Kombination zusammen wunderbare Ergebnisse zustande kommen lassen und Kreativität in alle Richtungen zulässt, es ist hier von Malerei und Fotografie die Rede.

Mit beiden Bereichen, oder sollte ich besser sagen: Leidenschaften bin ich nun schon einige Zeit verbunden. Heute jedoch komplett anders als früher. Zur analogen Zeit, in der ich meist Vorlagen auf Fuji 50ASA-Diafilmen gebannt habe und gerade mal im Urlaub, von joblastigen Vorlagenshootings losgelöst, auch Landschaften herhalten durften, war die Fotografie für mich eher der Knecht und Mittel zum Zweck für bessere und noch zu malende Bilder.

Malerei und Fotografie: eine uneheliche Hochzeit!

Vorlagen und Recherche für Aufträge, um entsprechend fotorealistisch malen zu können. Da die Foto-Ergebnisse, verknüpft mit entsprechenden Fehlern, erst nach der Entwicklung sichtbar wurden, war der Lernfaktor in dieser Zeit durchaus groß. Die Bilder wurden besser und mein Blick wurde ebenso geschärft für entsprechend bessere Fotos.

Die Konzentration beschränkte sich fast ausschließlich auf Vorlagen und Referenzen. Es kam das digitale Zeitalter und ich konnte mich glücklich schätzen, eine der damals ersten 3 Megapixel Kameras mein eigen zu nennen.

Entwicklungszeiten von Diafilmen, lange Fahrten in die Stadt, Handentwicklungen von ausgesuchten Dias, Übertragungen auf einen weißen Reinzeichenkarton, all das Zeitraubende und Nervende fiel von da an weg.

Malerei und Fotografie: eine uneheliche Hochzeit!

Jedoch kam ein für mich neues Medium, der Computer und damit verknüpft Photoshop dazu. Die Arbeits-u. Sichtweise änderte sich schlagartig.

Alles, was bis dahin in der Malerei gelernt wurde, sollte von nun an auf die Fotografie übertragen werden: Bildkompositionen, Farbarrangements, Akzentuierungen, und eben all das Zeug was dazu gehört.

Malerei und Fotografie: eine uneheliche Hochzeit!

Eine Ehe ist ein ständiges Nehmen und Geben beider Partner, Kompromisse eingehen und doch auch eigene Freiheiten leben. Fotoillustration, Fotomanipulation, Fotomalerei, Digital Art, Visual Art und weitere Begriffe stehen hier vor dem Traualtar. Der Trauzeuge ist der kritische Betrachter, vor dem die Ehe bestehen muss.

Genau das ist heute für mich persönlich die Malerei und die Fotografie. Nehmen und Geben:

  • Schaue ich durch den Sucher oder knipse ich nur einen Moment?
  • Betrachte ich die Landschaft, um daraus meine Farbpalette für die Farbperspektive zu erstellen oder  halte ich einfach mal den Moment fest?
  • Beobachte ich die durch Licht und Schatten gebildete Form oder denke ich nur in vorgefertigte Schablonen der Lichtführung?
  • Habe ich vor dem Modelshooting immer schon das fertige Bild vor Augen und gebe exakte Anweisungen oder hoffe ich nur, dass das Model mir etwas darbietet ?
  • Benötige ich nur unter entsprechend gleichen Lichtverhältnissen fotografierte Elemente oder hoffe ich einfach nur, dass später im Composing irgendwie alles passt ?

Malerei und Fotografie: eine uneheliche Hochzeit!

Heute sehe ich es eher so, dass die Idee/ Inspiration generell die Initialzündung gibt, ein Bild eher in die malerische oder in die fotografische Richtung zu lenken und als Stilmittel einzusetzen. Losgelöst von werbetauglichen und kurzlebigen Werbetrends.

Malerei und Illustration lehrten (und lehren) mich, die Dinge idealisiert oder gar abstrahiert oder auch surreal darzustellen und zu formen: Wunderbar!
Soll das Bild noch stark als Foto erkennbar sein, so gebe ich mir reichlich mehr Mühe, schon im Entstehungsprozess auf direkt verwendbare Elemente, Atmosphären, Stimmungen usw… einzugehen, um daraus neue Bilder zu formen.


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Welcher ist der Idealweg ? Keiner ! Und das ist auch gut so und letztlich der Motor für Neues. Was bringt dann die Zukunft?

Ideal wäre für mich ein Zustand, beispielsweise auf Fotoexkursion eine besondere Landschaft und deren Menschen mit der Kamera tagelang und wochenlang einzufangen ebenso wie eine einsiedlerhafte Zeit im Atelier vor einer Staffelei, umgeben von Farbe und Pinseln, mit der Lust selbige zu beschmutzen, zu verbringen.


Malerei und Fotografie: eine uneheliche Hochzeit!

Wie es dann sein wird, diese gelebten Zeiten und Zustände in neue Bildideen zu verarbeiten, weiß ich nicht, irgend etwas zwischen entdeckerhaftem: ‚fantastisch‘ und neugierigem: ‚ausprobieren‘ wird es mit Sicherheit werden…

Eines ist auch sicher, es wird digital und die Frucht von Malerei und Fotografie sein, verbunden mit all den Eindrücken und diese visuell neu zu formen.

Und hier schließt sich der Kreis und lässt volle Vorfreude aufkommen auf das, was noch kommen wird, die Inspiration-die Kreativität: irgendwo zwischen Fotografie und Malerei…