kwerfeldein
20. Januar 2010 Lesezeit: ~5 Minuten

„Habe ich das Zeug dazu, gute Fotos zu machen?“

Für mich war seit dem Zeitpunkt, als ich die digitale Fotografie für mich entdeckt hatte klar, dass ich mehr damit machen wollte. Ich hatte Blut geleckt und wollte eigentlich nur noch fotografieren. So weit, so gut.

Doch auch ich hatte meine Fragen, meine Zweifel und meine Unsicherheiten. Darüber, ob das mit mir und Fotografie so seine Richtigkeit hat. Ob das Zukunft hat – und ob ich ein guter Fotograf werden könnte.

Heutzutage bekomme ich konstant Emails von Leuten, die sich ähnliche Fragen stellen. Meistens sind sie recht jung, orientierung-suchend und sowieso mit vielen neuen Dingen konfrontiert.

Sie haben einen Freund/Freundin, treiben Sport, spielen in Bands und haben so einige andere Dinge am Laufen, die ebenfalls ihre Aufmerksamkeit beanspruchen.

Und da war noch die Sache mit den Fotos. Einige fotografieren mit einer Kompaktkamera, andere haben sich schon eine digitale Spiegelreflex geleistet. Fotografieren ist irgendwie cool, und manche Fotos gelingen sogar auf Anhieb.

Doch beständig (vor allem, wenn die Fotos mal wieder gar nicht gut geworden sind) wägen sie ab und fragen sich: „Habe ich das Zeug dazu, gute Fotos zu machen? Passt das?“

Da geht es nicht einmal darum, die Fotografie zum Beruf zu machen. Es geht um Bilder, die irgendwann mal was bewegen und deren Erstellung keine Zeitverwendung war.

Nun, ich werde versuchen, mich vorsichtig an dieses sensible Thema heranzutasten. Dabei möchte ich von vorneherein betonen, dass ich weder Allgemeingültigkeit noch 100% Richtigkeit beanspruche.

Talent

Um unsere Fähigkeiten (und deren Bestimmung) zu umschreiben, ist eine der prominentesten Thesen die des Talentes.

Jeder hat diesbezüglich seine eigene Definition: Manche meinen, Talent sei einem Menschen in die Wiege gelegt, andere sagen, das man Talent auch erlernen kann. Wiederum andere behaupten, dass jemand mit Talent wesentlich schneller ans Ziel kommt, als jemand ohne Talent.

Um unsere Fähigkeiten zu bestimmen, ist die These des Talentes nicht richtig. Aber auch nicht falsch. Es ist lediglich eine Sichtweise, die manchmal mehr, manchmal weniger hilfreich ist. Warum?

Jemandem, dem das Erstellen großartiger Fotos offensichtlich leicht von der Hand geht, dem kann ich ohne Probleme zusprechen, dass er Talent hat.

Es wäre aber völlig fatal, nein sogar destruktiv, jemandem zu sagen, dass er scheinbar kein Talent hat, weil er sich gerade schwertut, „gute“ Fotos zu machen – aber grundsätzlich sehr bemüht ist und auch Spaß daran hat. Was soll er denn mit so einer Aussage anfangen?

Ihr seht: Manchmal ist die These des Talentes hilfreich und manchmal nicht.

Und gerade deshalb empfehle ich orientierungssuchenden Einsteigern mal schön darauf zu pfeifen. „Who cares?“ würde Hugh MacLeod sagen.

Was ich für wesentlich sinnvoller finde, ist die Frage nach der…

1. Leidenschaft

Wer fotografiert, sollte eine Gewisse Passion für gute Bilder haben. Hört sich simpel an, ist es meiner Meinung nach auch.

Wenn jemand sich an ausdrucksstarken Fotos erfreut – egal, ob nun Landschaft, Portrait, Architektur oder sonstige Genres -, dem wird es mit hoher Warscheinlichkeit auch Spaß machen, zu fotografieren.

Diese Leidenschaft, dieses Hingezogensein zur Fotografie – das sehe ich als eine Grundvorrausstzung dafür, später mal gute Fotos zu machen.

Denn ich kann es auch umgekehrt aufziehen: Wer grundsätzlich „kein Bock“ darauf hat, sich gute Fotos von anderen Fotografen anzuschauen und wen Fotos sowieso eher kalt lassen – der wird sich auch längerfristig  nicht mit der Kamera anfreunden.

Egal, wie dick und teuer die Kamera ist. Das spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle. Faszination kann man nicht kaufen.

Erster Punkt ist also: Leidenschaft.

2. Hingabe

Schon wieder so ein theoretisch/philosophisch/emotionales Wort? Ja und nein.

Mit Hingabe meine ich: der Leidenschaft Füße machen. Es bringt mir nichts, wenn ich stundenlang totaaaal beindruckt und feucht-verklärt von wunderschönen Fotos vorm Rechner sitze, mich aber nicht überwinden kann, meine Sachen zu packen und zu fotografieren.

Und häufig bedeutet das auch: Mit der Kamera am Start sein, völlig gleichgültig, ob ich nun (Achtung) gerade inspiriert bin, oder nicht. Manchmal kommt die Inspiration nach dem Shooting. Auch das hat seinen Sinn.

Hier geht es um dem nötigen Biss, auch über längere Zeit dranzubleiben. Immer wieder am Start zu sein und Stück für Stück den eigenen Stil zu finden.

Zweiter Punkt ist also: Hingabe.

Natürlich muss jeder für sich selbst festlegen, was es praktisch heißt, „am Start“ zu sein. Dafür sind wir zu verschieden.

Deshalb möchte ich ganz klar nicht sagen, dass man mindestens ein Mal am Tag fotografieren muss. Denn das eigene Tempo muss jeder für sich selbst finden und das ist ein wichtiger Bestandteil des kreativen Prozesses.

That’s it. Natürlich gibt es noch viele andere Charaktereigenschaften, die nützlich sind (ich habe mit großer Warscheinlichkeit nicht alle abgedeckt). Doch ich möchte es nun erstmal dabei belassen.

Frage an die Einsteiger:
Habt Ihr Euch in meiner Einleitung wiedergefunden? Konntet Ihr dem Text etwas abgewinnen?

An die Fortgeschrittenen:

Wie hättet ihr an meiner Stelle die Fragen beantwortet? Wie seht ihr die Thematik?

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