18. Januar 2010 Lesezeit: ~7 Minuten

Die Kamera in der kalten Jahreszeit schützen

Dieses Thema ist für viele Leser dieses Blogs sicher nichts Neues und „passiert“ wahrscheinlich einfach so, nebenbei im (Arbeits-)Alltag, ohne dass man sich darüber noch groß Gedanken macht. Da hier aber auch viele Neueinsteiger zu Gast sind, ist ein Erfahrungsaustausch darüber sicher hilfreich.

Manche von Euch kennen vieleicht schon Martin Hülles interessanten Artikel Tipps zur Fotografie auf Wintertouren auf dem Freiluft-Blog. Viele der Punkte, die er in seinem Artikel aufgreift werde ich auch hier ansprechen, natürlich unter etwas anderen Rahmenbedingungen.

Eigentlich hätte solch ein Artikel vor Silvester erscheinen sollen, denn spätestens an diesem Tag kommen die meisten von uns in Situationen, die mit folgenden zwei Begriffen einher gehen: Temperaturunterschiede und Feuchtigkeit. Diese beiden Begriffe gehen Hand in Hand. Die Rede ist vom so genannten:

Wärmeschock

Brillenträger kennen das. Man kommt im Winter von draußen rein und ist erst mal blind. Die Brille beschlägt, und das solange, bis sie sich der Raumtemperatur angepasst hat. Als Münchner gibt’s von mir noch ein zweites Beispiel: der beschlagene Maßkrug im sommerlichen Biergarten. Umgebung warm, Bier kalt, Glas nass. Das gleiche gilt für elektronische Geräte, in unserem Fall: digitale Kameras.

Was passiert?

Eine durchgefrorene Kamera kommt von draußen (kalt) in ein Zimmer (warm). In der Folge kondensiert die Feuchtigkeit der Luft auf und in dem Fotoapparat. Es bilden sich sehr kleine Wassertröpfchen auf dem Objektiv, der Linse und auch auf den Platinen und anderen elektronischen Teilen im Inneren. Wird die Kamera in diesem Zustand in Betrieb genommen, kann es zu Störungen kommen. Kurzschlüsse können durch die Tröpfchen ausgelöst werden, im schlimmsten Fall wird die Elektronik dadurch dauerhaft beschädigt.

Was tut man am besten dagegen?

Auf jeden Fall die Kamera vor der nächsten Nutzung ausgeschaltet akklimatisieren lassen, d.h. in Ruhe lassen, bis sie sich der „neuen“ Temperatur angepasst hat. Ich glaube das steht so auch in jeder Betriebsanleitung.

Wer einen Schritt weiter gehen möchte, kann zum Beispiel Plastiktüten verwenden. Ich empfehle da diese ganz feinen Müllbeutel. Die wiegen nichts, man kann sie sehr klein zusammenfalten und somit gut in der Kameratasche verstauen.

Die Kamera wird, wenn sie kalt ist (also am besten noch draußen), mit so wenig Luft wie möglich in den Plastikbeutel gepackt. Dieser wird, halbwegs luftdicht, so gut es geht verschlossen. So verpackt kann man die Kamera sicher in wärmere Umgebungen bringen, damit sie sich akklimatisieren kann.

Der Vorteil der Beutelmethode

Die Feuchtigkeit der wärmeren Umgebungsluft kondensiert außen am Beutel, nicht auf der Kamera selbst. Dadurch wird die Kamera vor Feuchtigkeit und eventuellen Rückständen geschützt (danke an Guido für den Hinweis, d. Red.).

Mit der sich bildenden Feuchtigkeit beim Kondensieren, legen sich auch feine Teilchen mit den Wassertropfen auf Oberflächen ab, also Schmutz/Staub. Verdunstet das Wasser wieder, bleiben Rückstände auf den Oberflächen zurück. Die Plastikbeutelmethode hilft diese Probleme zu minimieren.

Übrigens: Solche Plastiktüten schützen das Equipment auch im Sommer gut, wenn man in einen starken Regen kommt und leider keine hochwertige, wasserdichte Kameratasche hat.

Die vermutlich gängigste und einfachste Methode ist, die Kamera einfach in der (Kamera-)Tasche zu lassen, bis sie sich akklimatisiert hat. Zusätzlich kann man darin Silica-Gel – Päckchen strategisch verteilen, die ziehen auch einen Teil der „gefährlichen“ Feuchtigkeit aus der Umgebung. Ich persönlich achte darauf, die Kamera mindestens 30 Minuten ruhen zu lassen wenn ich aus der Kälte gekommen bin. Erst dann schließe ich sie an den Rechner an oder mache Fotos.

Objektivwechsel

Manch einer bemerkt einen starken Temperaturunterschied zum ersten Mal bewusst, wenn er durch den Sucher blickt und alles unscharf bleibt…

„Huch, mein Objektiv ist beschlagen, na dann nehme ich halt schnell ein anderes…“

Solange die Kamera sich nicht akklimatisiert hat sollte man Objektivwechsel vermeiden. Würde man das Objektiv abnehmen, gelangt Feuchtigkeit ins Innere und mit dem Aufsetzen des neuen Objektivs würde man diese dann auch noch einschließen. Spiegel und Sensor haben es gerne trocken.

Was tun wenn die Kamera nass geworden ist, oder Feuchtigkeit ins Innere gelangt ist?

Sofort ausschalten, Akku plus Speicherkarte entfernen und ordentlich austrocknen lassen. Mit ein bisschen Glück funktioniert sie anschließend wieder fehlerfrei. Falls nicht, empfehle ich einen Fachmann aufzusuchen.

Das klingt jetzt alles tragischer als es ist, ein bisschen Feuchtigkeit bringt die Kamera nicht gleich um. Außerdem will man mit seiner Kamera ja auch „Abenteuer“ erleben, kleinere Unfälle gehören da dazu; ich finde man sollte also nicht immer nur Samthandschuhe tragen.

Eine gesunde Vorsicht ist dennoch angebracht, alleine schon aus finanziellen Gründen. Das muss jeder für sich entscheiden. Generell sollte gelten, die Kamera so gut wie möglich vor Nässe zu schützen, egal ob Regen, Schnee oder Kondenswasser.

Ein paar persönliche Erfahrungen

Beim Thema Feuchtigkeit muss es sich nicht immer um das klassische draußen/drinnen – Verhältnis im Winter handeln. Auch bei sehr intensiven Konzerten (v.a. indoor) kann es zu hoher Luftfeuchtigkeit kommen. Eine meiner kleinen Kompaktkameras hatte direkt nach einem schwitzigen Konzert massive Displayfehler (Fragmente usw.). Über Nacht ist sie getrocknet und hat glücklicherweise am nächsten Tag wieder einwandfrei funktioniert.

Vor ein paar Tagen auf Fototour gab es „gefrierenden“ Nebel welcher sich dadurch bemerkbar machte, dass es sehr rutschig war und sich auch das Stativ mit einer Eisschicht überzog. Die Kamera habe ich immer nur so lange wie nötig für die einzelnen Aufnahmen aus der Tasche geholt und mich dabei bewusst beeilt, um sie vor anfrierendem Nebel zu schützen.

Eine Lumix FX-9 ist mir einmal auf dem Oktoberfest in einen halbvollen Maßkrug gefallen. Das war zu viel „Feuchtigkeit“, sie hat es nicht überlebt. Die Speicherkarte funktioniert immer noch anstandslos, ziemlich robust diese Dinger…

Abschließend noch ein paar Gedanken zu… Kälte und Akkuleistung

Je kälter desto geringer die Akkuleistung. Das dürfte jeder von Handys kennen die man mal im Winter im Auto gelassen hat. Um die Akkuleistung bei Fototouren voll auszunutzen, lohnt es sich den Akku warm zu halten, d.h. ihn zum Beispiel bei längeren Wegen nicht im Rucksack oder in der Kamera zu transportieren sondern am Körper, z.B. in der Jacken-Innentasche. Im Internet finden sich noch zahlreiche Tipps wie Wärmekissen für die Akkus, Thermostaschen oder ähnliches.

Muss jeder selber wissen wie weit er gehen will und was er im Schnee vor hat. Da ich selbst schon einen Akku auf dem Gewissen habe, möchte ich darauf hinweisen, dass man Akkus nicht eiskalt ins Ladegerät stecken sollte. Die Leistung kann dadurch stark beeinträchtigt werden.

So. Das war jetzt viel Text zu einem Thema, über das sich viele bestimmt keine Gedanken mehr machen, einfach weil es in Fleisch und Blut übergegangen ist. Trotzdem hoffe ich, dass der Artikel und die Kommentare dem einen oder anderen nützlich ist. Viel Spaß in der Kälte!

Fragen an Euch

Wie sind Eure Erfahrungen mit Fotografieren in der Kälte? Schon mal einen „Kälteschaden“/“Wasserschaden“ davongetragen?