06. November 2010 Lesezeit: ~8 Minuten

Michael Schlegel im Interview

Magst Du Dich kurz vorstellen?

Hey, ich bin Michael, Fotograf, 23 Jahre alt und lebe in Freiburg. Ich fotografiere seit etwa 4 Jahren und habe relativ schnell damit angefangen, hauptsächlich Landschaften zu fotografieren. Mittlerweile sind meine Bilder immer in schwarzweiß und werden in ein paar Galerien auch ausgestellt und verkauft. Um mir meine Reisen finanzieren zu können, jobbe ich aber immer noch nebenbei in verschiedenen Bereichen

Hast du Fotografie gelernt oder studiert?

Nein, ich bin Autodidakt. Als ich angefangen habe zu fotografieren, hatte ich auch gerade ein Physik-Studium angefangen (das wurde dann aber sehr bald wieder abgebrochen). Dafür bin ich dann fast jeden Tag in den Schwarzwald gefahren und habe dort fotografiert. Und so nach Trial & Error viel gelernt. Dazu habe ich angefangen, meine Bilder bei flickr hochzuladen, und angefangen mich sehr viel damit zu beschäftigen, wie andere fotografieren. Bücher dazu habe ich nie gelesen.

Auf deiner Website sieht man, dass du schon einiges an Publikationen und Awards aufzuweisen hast. Du bist 23, was ja noch relativ jung ist. Wie gehst du damit um, und was bedeuten die Preise für dich?

Die Preise und Publikationen bedeuten mir natürlich sehr viel, da diese zeigen, dass das was ich mache gut ankommt! Ich mache meine Bilder ja eigentlich erstmal für mich selbst und nach meinem Geschmack. Und natürlich geben solche Auszeichnungen mir eine große Motivation, weiterzumachen! Ich setze im Moment alles darauf, dass ich in Zukunft vom Fotografieren leben kann. Vor allem der 1. Platz in Fine Art/Landscape bei den IPA hat mich sehr stolz gemacht, da das wohl einer der bedeutendsten Fotowettbewerbe ist. Aber es ist manchmal auch ziemlich surreal. Nächsten Monat wird z.B. ein Bild von mir auf dem Cover vom D Magazine von La Repubblica in Italien sein, und das Ding hat eine Auflage von über 500.000! Und das ist dann kaum zu fassen für mich.

Wow. Klar macht einen das stolz. Glückwunsch schonmal zu dem 1. Platz! Kann mir gut vorstellen, dass das eine super Motivation ist. Du fotografierst fast ausschliesslich Landschaften. War das für dich denn von Anfang an klar, oder hast Du auch andere Sachen ausprobiert?

Am Anfang habe ich alles mögliche ausprobiert, Portraits, Makro, Architektur, in der Nacht, ein bisschen Still Lifes. Meine Landschaftsbilder kamen bei flickr aber immer am besten an. Und das Rausgehen in die Natur und den ganzen Tag im Schwarzwald unterwegs zu sein, hat mir auch am meisten Spaß gemacht. Aber ich fotografiere auch heute noch Menschen und andere Sachen. Das aber nur für mich (d.h., ich veröffentliche das bisher nicht). Es ist bei mir einfach so, dass wenn ich ein bisschen was über habe, ich lieber nach Island, als nach New York fliege. Aber in der Zukunft wird sich das bestimmt noch wandeln, nehme ich an. Also, phasenweise wandeln. Die Landschaftsfotografie will ich immer weiter machen.

Die meisten Deiner Bilder wirken durch die oft sehr nebligen Motive auf mich sehr ruhig, aber auch einsam. Woher stammt dieses Faible für Nebel? Wow das reimt sich ja!

Auf den Nebel bin ich zufällig gestoßen, nachdem ich ein paar Monaten meine erste DSLR hatte – es war Winter – ich bin zum Fotografieren alleine in einen Park gegangen. Es hatte sehr starken Nebel und es war auch sonst niemand unterwegs. Mir hat das einen Riesenspaß gemacht und es war sehr faszinierend, wie der Nebel die Wirkung des Parks und von allem komplett verändert hat. Es hat wohl auch viel mit meiner Persönlichkeit zu tun, ich mag es von Zeit zu Zeit mit der Natur komplett alleine zu sein und die Ruhe zu genießen.

Genauso hab ich das eingeschätzt. Wieviel von dem Nebel ist denn echt, und wieviel Post-Production. Ich vermute mal, dass nicht alle deine „Nebel-Bilder“ wirklich so neblig waren.

Alles Echt!

Oh! Das hätte ich jetzt nicht gedacht.

Der Nebel auf meinen Bildern ist tatsächlich immer echt. Meine Post-Production ist auf ein (m)ein Minimum beschränkt. Ich versuche immer den starken Nebel zu finden. Die Bilder aus der „Frozen Life„-Serie sind z.B. in Schneestürmen entstanden. Mit -15°C und 60km/h Wind und allem drum und dran. Die „Fields„-Serie ist im Rheintal in der Umgebung von Freiburg entstanden – im Winter gibt es hier öfter eine Inversionswetterlage, bei der der dicke Nebel den halben Tag am Boden bleibt. Im Winter schaue ich dann jeden morgen sehr früh auf die Webcams und wenn es gut aussieht, gehe ich fotografieren.

Ich hätte echt gedacht, du würdest noch nachhelfen.

Nein, das wäre mir auch viel zu viel Aufwand, ich fotografiere viel lieber als das ich Bildbearbeitung mache.

Oh das ist interessant, für mich persönlich ist das Teil des kreativen Prozesses.

Ja, das stimmt schon. Mir macht die Bildbearbeitung auch Spaß, aber sie besteht bei mir eigentlich immer nur aus (selektiver) Kontrastanpassung. Inzwischen auch weniger aus Schwarzweiß-Konvertierung, da ich auf analoge Kameras umgestiegen bin.

Wann und wieso bist du von digital auf analog umgestiegen?

Vor etwas über einem Jahr habe ich mir eine Hasselblad 500c/m gekauft. Der Grund ist ganz einfach: ich wollte Schwarzweiß-Bilder machen und ich wollte die Bilder auch groß (1x1m) drucken können. Ein gescanntes 6×6-Negativ hat viel mehr Auflösung als jedes Digitalkamera-System, das ich mir leisten könnte. In Zukunft wird es übrigens eine Großformatkamera in 4×5“ sein.

War das nicht erst mal eine enorme Umstellung?

Teilweise. Ich hatte die digitale Kamera anfangs immer dabei, als Hilfe zum Visualisieren. Mit der analogen Kamera macht man natürlich weniger Bilder, aber bei meiner Art zu Fotografieren mache ich inzwischen sowieso immer wenige Bilder, es sind ja auch oft Langzeitbelichtungen.

Ich würde gern noch mal auf deine Entscheidung gegen Studium und pro Fotografie zurück kommen. Ist dir die Entscheidung leicht gefallen?

Aufgrund meiner persönlichen Situation damals ist mir die Entscheidung leicht gefallen, Physik war sowieso nicht das Richtige für mich, das habe ich schnell gemerkt. Und mit der Fotografie hat sich eine andere Perspektive eröffnet, die viel interessanter war!

Die Entscheidung war auf jeden Fall die richtige! Hast Du irgendeinen Tipp für jemanden, der in der gleichen Situation ist, und dem die Entscheidung schwerer fällt?

Das ist sehr schwierig – bei mir gab es relativ schnell Anzeichen, dass es eventuell mit der Fotografie klappen könnten, z.B. hat mich ziemlich bald eine Galerie wegen meiner „Frozen Life“-Bilder angeschrieben. Ich denke, ohne irgendwelche Anzeichen ist es immer besser, erstmal was „richtiges“ zu lernen.

Wo siehst du dich in 5 Jahren?

Wenn ich Glück habe, werde ich in 5 Jahren noch viele Reisen (da gibt es nämlich sehr viele Reisewünsche die aus finanziellen Gründen scheitern) und Projekte umgesetzt haben können, und mit ganz viel Glück auch davon meine Miete bezahlen können! Ein sehr gutes Zeichen ist, dass ich jetzt bei einer sehr renommierten Galerie in Hamburg vertreten bin, und dort auch nächstes Jahr ein Ausstellung haben werde.

Hab ich schon gesehen. Glückwunsch dazu schonmal. Ich wünsch dir echt ganz viel Erfolg, ich finde es großartig was du machst!


Vielen Dank, dass du mitgemacht hast, und vielen Dank für die ausführlichen Antworten.

Hat mir auch Spaß gemacht, danke dir!

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