Eine nackte Frau steht mit dem Gesicht zur Wand.
25. März 2015 Lesezeit: ~4 Minuten

Etwas Persönliches

Das erste Selbstportrait habe ich 2012 im Rahmen einer Schulaufgabe gemacht und danach habe ich angefangen, immer mal wieder sporadisch solche Fotos für mich zu machen. Aber erst 2014 habe mich getraut, sie zu veröffentlichen.

Ich habe mich immer für meinen Körper geschämt und mich sehr unwohl in der eigenen Haut gefühlt. Es hat sich nie so angefühlt, als könne ich meine Selbstportraits zeigen, weil ich eben so aussehe wie ich aussehe. Aber 2014 habe ich dann dieses eine Bild gemacht, auf das ich sehr stolz war und habe dann zu mir selbst gesagt: Scheiß drauf!

Eine nackte Frau steht in einer Schneelandschaft.

Seitenansicht einer nackten Frau.

Warum sollte ich mich selbst als Fotografin einschränken nur aufgrund meines Gewichtes? Und ich bin immer noch heilfroh, dass ich es einfach getan habe. Selbstportraits sind für mich eine Möglichkeit geworden, wieder Kontrolle über meinen Körper zu bekommen. Das Gefühl, meinen Körper zu benutzen, um etwas Schönes zu erschaffen, hat mir mehr Freude und Selbstbewusstsein gegeben, als ich es mir jemals vorstellen konnte.

Eine nackte Frau sitzt auf einem Bett.

Ich habe in den letzten Jahren für eine Modelagentur in Norwegen gearbeitet und in der Zeit unglaublich viele Bilder von schönen Mädchen geschossen. Und ich denke, gerade deswegen haben meine Selbstportraits bei vielen Leuten, die mich kennen oder meiner Arbeit folgen, einen Schock ausgelöst.

Sie sind so komplett anders als das, was ich sonst mache. Als ich die Fotos veröffentlicht habe, ist mir eigentlich nie in den Sinn gekommen, dass es eine „Gegenposition“ zu den Modellen ist, um die es in meinen sonstigen Bildern geht.

Denn wenn ich auf alle meine Bilder schaue, sehe ich eigentlich nie nur die Person; ich sehe alles, was das Foto und seine Schönheit ausmacht: Licht, Komposition, Bearbeitung. Es ging mir dabei nie um Selbstvertrauen in meinen Bildern, sondern um eine Neudefinierung, was für Menschen Schönheit bedeuten könnte.

Nackte Frau steht hinter einem Fenster.

Nackte Frau steht hinter einem Fenster.

Für mich ist Schönheit das Glänzen in den Augen einer Person, etwas, das sie besonders und einzigartig macht. Und wenn Du nichts Schönes in Dir drin trägst, ist es schwierig, von außen schön zu sein. Als Fotografin bin ich vielen Menschen begegnet, die die meisten Menschen in die Kategorie „normal“ einsortieren würden. Aber wenn ich sie vor meiner Kamera stehen habe, leuchten sie und haben so viele Emotionen und so viel Seele. Das ist Schönheit für mich.

Schwarzweißportrait einer Frau mit geschlossenen Augen.

oberschenkel eines nackten Person.

Schwarzweißfoto einer liegenden nckten Frau.

Als ich meine Selbstportraits das erste Mal veröffentlichte, habe ich zuerst gar nicht über mögliche Reaktionen nachgedacht, weil ich die Bilder in erster Linie für mich gemacht hatte. Es war ein großer Schritt von der Aufnahme bis zu dem Moment, als ich sie mit der ganzen Welt geteilt habe. Es war wirklich ein so befreiendes Experiment, die Fotos zu veröffentlichen und ich habe so viel unglaubliches Feedback bekommen, es war wirklich überwältigend.

Aber wie es immer im Leben ist, kommt mit dem Guten auch das Schlechte, denn es gab natürlich auch einige negative Reaktionen. Viele der negativen Kommentare gingen gegen meine Fettleibigkeit und dass es anscheinend nicht richtig ist, dass ich so viel gutes Feedback und Aufmerksamkeit erhalte, dass ich mich nicht positiv bestätigt fühlen soll, so dick zu sein.

Schwarzweißbild einer nackten Frau in einer Dusche.

Schwarzweißfoto einer duschenden Frau.

Dabei möchte ich mit meinen Bildern niemanden dazu anspornen, dick zu werden, weil es mir durchaus bewusst ist, dass ich übergewichtig bin und dass das nicht gesund ist. Aber ich denke, trotzdem es ist wichtig, dass unabhängig von Maßen und Körper, es Dir erlaubt sein sollte, Dich in Deiner eigenen Haut wohlzufühlen. Dich nicht darum kümmern zu müssen, was die Leute sagen und die Freiheit und das Selbstbewusstsein zu haben, genau der Mensch zu sein, der man sein möchte.

Nackte Frau dreht sic schwungvoll um.

Für mich ist es so absurd, wie eng unsere physische Erscheinung mit unserem Glücklichsein verknüpft ist. Wenn wir uns über unser Gewicht als Mensch definieren lassen, nur weil man es uns so beigebracht hat, dann ist mit unserer Gesellschaft irgendetwas absolut nicht in Ordnung.

Dieser Artikel wurde von Anne Henning für Euch aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt.

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