08. Februar 2014 Lesezeit: ~3 Minuten

Elinor Carucci – Mother

Das Wort „Mutter“ passt so wenig zu mir, wie, ja wie eigentlich? Jedenfalls konnte ich mir als Kind schon nicht vorstellen, Mutter zu sein und auch jetzt hat sich daran absolut nichts geändert.

Ein Großteil meiner alten Freunde aus Kindertagen haben nun selbst Kinder. Und ich finde es schön, sie ab und an mal zu besuchen, bin fasziniert, wie schnell sich ihre Kinder entwickeln und wie sie die Welt wahrnehmen. Aber genauso sehe ich auch ihren Egoismus, ihr beharrliches Auftreten, wenn die Mutter mal Nein sagt oder nicht sofort zur Stelle ist.

Da kann aus dem einen oder anderen Kind schon einmal ein schreiendes, kreischendes, Rotz spuckendes und unausstehliches Etwas werden, dass ich nur die Flucht ergreifen möchte und – ha! – leise „Mama“ wimmere. Dennoch lag jetzt dieses Buch hier. Mein Freund schaute mich kritisch an, als er es sah. Ich konnte ihm ansehen, was er dachte: „Ist die jetzt verrückt geworden?“

Bin ich natürlich nicht. Ich hatte über Elinor Caruccis Arbeit „Mother“ gelesen und irgendetwas fesselte mich daran, schlug Brücken zu mir und ließ mich das Buch bestellen.

Carucci portraitierte über zehn Jahre lang ihre beiden Zwillinge. Nach der Geburt erlebte sie, so heißt es im Pressetext des Verlags Prestel, heftige Stimmungsschwankungen.

Elinor Carucci, Mother

Elinor Carucci, Mother

Und das konnte ich selbst als Nicht-Mutter sehr gut verstehen. Allein der Gedanke, seinen Egoismus-Horizont zu verlassen und für zwei schutzbedürftige Menschen immer und immer verfügbar zu sein, verantwortlich für ihr Wohl, das lässt doch das Gebilde, das Du von Dir selbst und Deiner Umgebung hast mehr als schwanken, oder nicht?

Und das war es, was mich fesselte. Die Aufrichtigkeit ihrer Motivation, zu fotografieren, das Verstehen einer unfassbar schönen, aber auch alles verändernden Tatsache.

Elinor Carucci, Mother

Elinor Carucci, Mother

Es sind intime Fotografien, die nichts beschönigen. Da ist beispielsweise das Bild ihres Körpers nach der Geburt mit Kaiserschnitt oder ihr Selbstportrait mit verheulten Augen. Aber genauso zeigt sie die Zuneigung, das Umarmen, An-die-Hand-Nehmen oder das Bürsten des Haars. Wir sehen die Kinder beim Spielen, Raufen, Zanken oder Nasenbluten.

Aber nah dran und das alles in einer klaren Sprache. Klare Linien und ein wunderbares Spiel mit Licht und Schatten.

Elinor Carucci, Mother

Mein Fazit ist: Wer ungeschönte und doch eine klare und emotionale Bildersprache mag und das Mutterdasein als das sieht, was es ist – nämlich liebevoll und doch schmerzlich zugleich – dem sei das Buch wärmstens ans Herz gelegt.

Informationen zum Buch:

Elinor Carucci: „Mother“
Hardcover
24,9 x 28,7 x 2 cm
Prestel-Verlag
144 Seiten
in englischer Sprache verfasst
39,70 Euro

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