22. Juni 2013 Lesezeit: ~4 Minuten

Am Anfang einer Reise

Die Frage, die mir wohl am häufigten gestellt wird, wenn Leute meine Bilder sehen, ist die nach meinem Alter. Wenn ich dann mit 14 antworte, sind die meisten Menschen erst einmal erstaunt. 14?

Ich habe unglaubliches Glück, dass ich so früh auf die Fotografie gestoßen bin. Im Sommer 2009 entdeckte ich die Digitalkamera meiner Mutter und war sofort fasziniert von der Idee, Momente festzuhalten. Wie besessen fotografierte ich Blümchen und Katzen. Doch nach einer gewissen Zeit war das nicht mehr so befriedigend wie am Anfang und so suchte ich nach etwas Neuem.

Ich fand flickr. Schnell hatte ich mich angemeldet und erforschte die Seite. Was es da alles gab! So viele Farben und so viel Bokeh! Schnell stieß ich an die Grenzen der Kompaktkamera. Vor anderthalb Jahren bekam ich dann meine Canon EOS 500D geschenkt. Der Qualitätsunterschied begeisterte mich. Aber man kann von einem Blumenstrauß nur eine begrenzte Anzahl Fotos machen, bis man sich langweilt. Ich brauchte Abwechslung!

© David Uzochukwu

Da stieß ich auf Alexis Mire und Brendon Burton und war absolut fasziniert – von ihren Bildern und von den Geschichten, die sie erzählten. So begann ich, mich für Portraits zu interessieren und für das Geschichtenerzählen. Bloßes Dokumentieren war mir nicht mehr genug. Ich wollte erschaffen, erzählen, Menschen mit meinen Bildern zum Nachdenken und zum Fühlen bringen. Das wurde mein Ziel.

Ich durchsuchte das Internet nach Möglichkeiten, meine Idee Wirklichkeit werden zu lassen. Ohne die vielen Menschen, die sich dazu entschlossen haben, ihr Wissen online zu teilen, wäre ich wahrscheinlich nie weitergekommen. Die Werke meiner beiden Vorbilder wurden untersucht und im Detail analysiert.

© David Uzochukwu

Ich fragte mich: Wie geht das? Ich war besessen und ich kann nicht sagen, dass diese Besessenheit inzwischen verschwunden wäre. Ich probierte aus und experimentierte, versuchte mich in analoger Fotografie und dann auch in Photoshop. Hier fand ich letztendlich, was ich gesucht hatte: Einen Weg, meine Bilder zu verbessern. Ich las unzählige Artikel über Bildbearbeitung, sah mir Tutorials an, probierte, machte Fehler und probierte erneut.

Um so viel zu üben, brauchte ich viele Bilder. Aber wen sollte ich fotografieren? Ich kam zu dem Schluss, dass ich mir wohl oder übel selbst als Modell dienen musste. Der Anfang war schrecklich. Alles lief schief: Von der Schärfe der Bilder über die Komposition bis hin zu meinem Gesicht, das ich nicht mochte. Doch ich hörte nicht auf. Ich wollte unbedingt so gut werden wie die Fotografen, die ich im Internet gesehen hatte.

© David Uzochukwu

Und mit der Zeit wurden die Bilder besser. Ich konnte Ideen, die ich hatte, genauer umsetzen, die Bilder wurden öfter scharf und manchmal gefielen sie mir auch. Hin und wieder mochte ich es sogar wirklich, wie ich auf einem Foto aussah. Das Fotografieren wurde zu etwas Persönlichem, Therapeutischem.

Ich fotografiere mich heute nicht, weil sich kein anderes Modell auftreiben lässt, sondern weil ich es will. Das hat nichts mit Narzissmus zu tun, sondern mit Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. – Wie oft blieben Leute schon stehen und schauten mir zu, während ich halbnackt im Wald lag, angezogen in einem halbversunkenen Boot saß, in einen Container auf der Straße kletterte oder mich auf Baustellen in Erde verbuddelte?

© David Uzochukwu

Fotografie hat mich als Person verändert. Sie gibt mir Sicherheit und sie fordert mich heraus. Sie ist ein Teil von mir. Sie hat meine Aufmerksamkeit geschärft, meinen Sinn für Ästhetik geprägt. Sie hat mir neue Freunde verschafft und mir gezeigt, was Leidenschaft ist. Ich weiß jetzt, dass mich die Fotografie nicht mehr freigeben wird und das ist gut so.

Die Frage, die mir wohl am häufigten gestellt wird, wenn Leute meine Bilder sehen, ist die nach meinem Alter. Wenn ich dann mit 14 antworte, sind die meisten Menschen erst mal erstaunt. 14? Und ich nicke, manchmal stolz.