26. Januar 2013 Lesezeit: ~7 Minuten

Der Fuchs: bejagt, verdrängt und wunderschön

Der Fuchs hat es oft nicht leicht. Er wird stark bejagt, seine Lebensräume und Nahrungsangebote verknappen sich häufig, Krankheiten setzen ihm zu und auch im Volksmund ist er nicht gerade beliebt.

In Wahrheit ist der Fuchs ein sehr schlaues, schönes und zu unrecht so häufig gehasstes Tier! Im Frühjahr 2011 fing ich an, Fuchsbauten in meiner direkten Wohnumgebung in Dortmund zu suchen, um ein Fotoprojekt zu starten, das mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen wollte.

Einen schönen Fuchsbau zu finden, der im Optimalfall möglichst ungestört liegt und abends noch etwas Sonne abbekommt, ist eine nicht ganz leichte Aufgabe, da in einer Stadt wie Dortmund jede noch so kleine Grünfläche von häufig leider sehr rücksichtslosen Hundebesitzern frequentiert und somit für Füchse beinahe unbewohnbar wird.

Nach einigen Wochen des Umhörens, Auskundschaftens und gezielten Suchens fand ich tatsächlich einen befahrenen Bau mit Jungfüchsen auf einem Feld nur wenige Fahrrad-Minuten von meinem Zuhause entfernt.

Das war Ende April und ich fing sofort an, den Bau jeden Tag zu besuchen und die kleinen zu beobachten.

Nach ein bis zwei Wochen wagte ich mich nach und nach etwas näher an den Bau heran und stellte fest, dass trotz Rückenwind die kleinen Füchse nicht viel Angst vor mir hatten. Wenn ich meine Tarnung jedoch vorsichtig ablegte, so reagierten sie deutlich scheuer.

Doch auch so folgten unbeschreiblich schöne drei Wochen des Fotografierens, in denen ich jeden Tag bis zu fünf Stunden vor Ort war.

Natürlich erzählte ich auch dem einen oder anderen Fotokollegen von meinem Glück und nahm einen guten Freund von mir auch einmal mit zum Bau. Was mich nicht überraschte, war, dass die Füchse plötzlich vollkommen anders reagierten, da sie meinen Freund als fremd und neu wahrnahmen.

Sie schienen eine Art von Vertrauen zu mir aufgebaut zu haben, was mir ein gutes Gefühl gab, da ich mir häufig anhören musste, dass man mit Wildtieren nicht so umzugehen hat, weil sie sonst beispielweise in die Städte kommen und im Müll nach Fressbarem suchen.

Die Füchse wuchsen rasch heran und wurden immer selbstständiger. Ihre Streifzüge wurden länger und die Füchse entfernten sich immer weiter vom Bau. Ende Mai wartete eine vier-tägige Finnlandreise auf mich, die ich nicht verschieben konnte und auch nicht absagen wollte.

Ich verließ also schweren Herzens Deutschland und „meine“ Füchse, um im Norden Küstenseeschwalben fotografieren zu gehen. Als ich wieder zurück kam, war meine erste Tat selbstverständlich, die Füchse besuchen zu gehen.

Zu meiner Enttäuschung konnte ich keine Füchse entdecken – sie waren während meiner Abwesenheit ausgezogen und selbständig geworden. Von den Erlebnissen aus 2011 angespornt, machte ich mich im Frühjahr 2012 noch früher als im vergangenen Jahr auf die Suche nach den kleinen roten Vierbeinern.

Am gleichen Bau wie im Jahr zuvor schienen sie leider nicht zu sein, doch am Nachbarbau, der keine 100 Meter neben dem alten lag, tat sich etwas. Mit der Wildkamera observierte ich über Wochen das Verhalten der Fähe, die den Bau regelmäßig besuchte und auch das eine oder andere Junge konnte ich nachweisen.

Leider kamen die Jungen so gut wie gar nicht im Tageslicht an die frische Luft, was das Fotografieren für mich unmöglich machte.

Es verging Woche für Woche und die Füchse wuchsen heran, ich blieb jedoch vollkommen ohne brauchbare Fotos! Bei meinem 67. Besuch des Baus sah ich endlich, worauf ich so lange gewartet hatte: Drei junge Füchse spielten vor dem schönsten der vier Eingänge des Baus drei Stunden lang vor dem Sonnenuntergang.

Direkt am nächsten Tag saß ich mit voller Kameraausrüstung bereit. Die Kleinen kamen nicht. Es dämmerte… nichts! Doch dann, als ich gerade einpacken wollte, kamen zwei der kleinen Racker raus, schnupperten kurz, lieferten sich eine kleine Rangelei und waren auch schon wieder verschwunden.

Es sollten die einzigen schönen Momente sein, die ich 2012 zusammen mit Füchsen verbringen durfte.

Am Folgetag war ich natürlich direkt wieder vor Ort und sah schon aus der Entfernung einen Jungfuchs etwa zehn Meter vom Bau entfernt auf dem Boden liegen und ruhen. Ich näherte mich, was der Kleine völlig ignorierte.

Aus einer Entfernung von zehn Metern beobachtete ich ihn. So langsam begann ich mich zu wundern, denn auch wenn Jungfüchse zumeist keine große Scheu haben, so sind sie doch an allem Neuen immer sehr interessiert.

Ganz offensichtlich stimmte hier etwas nicht – es ging dem kleinen Jungfuchs ganz und gar nicht gut. Er versuchte aufzustehen, was ihm nicht richtig gelang. Immer wieder brachen seine Beine weg, fiel er um.

Er schleppte sich ins Feld, um dort völlig apathisch kleine Kreise zu ziehen und sich letztendlich geschützt zwischen dem Getreide auf den Boden zu legen – er sollte nicht mehr aufstehen.

Es folgten qualvolle Momente, in denen der Kleine von Krämpfen geschüttelt auf dem Boden lag und jaulende Laute von sich gab. Während die Muskelkrämpfe wie Blitze durch seinen Körper schossen, saß ich in einiger Entfernung und fühlte mich vollkommen hilflos.

Nach 40 schrecklichen Minuten des Leidens hörte das Jaulen auf – der Fuchs war tot.

Es ist recht wahrscheinlich, dass all seinen Geschwistern dasselbe widerfahren ist, da die Symptome auf Staupe, eine Virusinfektion, hindeuten, die sich unter den kleinen Füchsen sehr schnell verbreitet.

Hierbei konnte ich leider nichts tun, da selbst, wenn ein Tierarzt sofort herbeigeeilt wäre, er bei einem Jungtier keine sichere Behandlung hätte durchführen können.

Sich diese Tragödie anschauen und völlig machtlos daneben stehen zu müssen, war sehr hart. Natürlich war das nicht die Saison, die ich mir vorgestellt hatte. Das Projekt für 2012 ist mit den Jungfüchsen gemeinsam gestorben.

Ich war 2012 in drei Monaten 70 Mal am Bau, was ungefähr einer Zeit von 50 Stunden entspricht. Der Traum, meine Fuchsserie aus dem vorherigen Jahr fortzusetzen, ist also trotz sehr großer Vorbereitungsmaßnahmen auf traurige Art und Weise zumindest für dieses Jahr gescheitert.

Ich erhoffe mir – aber besonders für die Füchse, die ich so liebe – ein besseres Frühjahr 2013. Dann hoffentlich mit so schönen Ergebnissen wie im Jahr 2011, als ich die Füchse bei den ersten Wochen ihres Lebens begleiten durfte.

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