18. Januar 2013 Lesezeit: ~3 Minuten

Ey, gib mich ma ein Bier!

Meine letzten Experimente, die Filmentwicklung mit Urin sowie die Fixierung mit Salz, waren nun schon eine ganze Weile her und in mir loderte ein Feuer. Ich wollte – nein, ich musste – mal wieder etwas Neues wagen!

Nur was?

Ein „neuer Entwickler“ sollte es werden, doch leider kenne ich mich mit dem chemischen Kram kaum aus. Vitamin C beschleunigt die Entwicklung, also muss Säure eine wichtige Rolle spielen. Sowohl Kaffee als auch Wein oder Urin beinhalten Säure, die Theorie kann also nicht ganz falsch sein.

Ist in Bier Säure drin? Ich suchte schnell im Internet und fand heraus, dass Bier einen ähnlichen pH-Wert wie Wein hat – und mit Wein funktioniert es ja auch.

Ich startete eine weitere Suche mit „Film Bier entwickeln“, doch hier wurde ich nicht fündig. Na gut, dachte ich mir, versuchst Du es halt selbst, im schlimmsten Fall geht halt ein Film drauf.

In meiner Mittagspause fing ich an, den Film – einen Agfa APX 100 – zu belichten. Die Pause war wie immer zu kurz, also mussten die restlichen Bilder auf dem Heimweg gemacht werden. ISO 100, Dunkelheit und kein Stativ dabei. Tolle Voraussetzungen – aber der Film wurde voll.

Bier hatte ich keines zu Hause, also musste der Spätkauf aufgesucht werden. Der Spätkaufverkäufer begrüßte mich mit einem Lächeln, nach über zehn Jahren kennt man sich halt. Er staunte nicht schlecht, als ich zum Kühlschrank ging und mir eine Flasche Pilsator heraus nahm, das billigste Bier vor Ort.

„Das ist nicht für mich, ich will damit einen Film entwickeln“, raunte ich ihm zu. Ich rechnete mit einem erstaunten Blick und/oder einer Nachfrage. „Das macht 70 Cent, Dennis, ich wünsche Dir viel Spaß.“ Er lachte.

Manchmal frage ich mich, was dieser Mann schon alles erlebt haben muss…

Zu Hause angekommen ging es dann los, der Hexenkessel wurde rausgeholt, um den Entwickler anzurühren.

Mein Rezept:

  • 400 ml Bier
  • 9 g Vitamin C
  • 25 g Waschsoda

Mit einem Milchaufschäumer verrührte ich das Ganze. So wollte ich gleichzeitig auch die Kohlensäure loswerden. Ich ließ das Gebräu noch etwa eine halbe Stunde in der Küche stehen, danach hatte es eine Temperatur von 20°C. Perfekt!

In der Zwischenzeit hatte ich den Film bereits in die Entwicklerdose gespult, wo er auf sein Besäufnis wartete. Es ging los und er „Entwickler“ kam in die Dose. Für den ersten Versuch setzte ich eine Zeit von 30 Minuten an. Ein guter Grundwert für „alternative“ Entwickler. Dazu alle 30 Sekunden die vertraute Schwenkbewegung.

Nach diesen 30 Minuten entleerte ich dann die Dose. Das Bier hatte sich von uringelb zu giftgrün verfärbt. Mhhhh, lecker! Es folgte das übliche Prozedere: Zwischenwässern, Fixieren, Wässern, Anti-Statik-Bad. Der Film war fertig, nun kam der Moment der Wahrheit, ich öffnete die Dose und…

TATSACHE! Schöne, kräftige Negative, die sogar für Kontaktabzüge geeignet wären. Fantastisch!

500 Jahre Reinheitsgebot … und ich entwickle einen Film damit. Prost!

Es ist wirklich erstaunlich, mit was für Mitteln man so tolle Ergebnisse erreichen kann. Gern würde ich auch eine chemische Erklärung dafür haben. Langt eventuell auch Wasser mit genügend Vitamin C? Oh, das muss getestet werden, demnächst vielleicht mehr dazu!

Die Bilder des Films kann man in meinem Flickr-Album finden.

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