13. Dezember 2012 Lesezeit: ~4 Minuten

Paris

Am meisten überrascht von meiner Paris-Reise und den dabei entstandenen Fotos war ich selbst. Schon bevor ich das erste Mal in Paris war, hatte ich eine genaue Vorstellung der Stadt, geprägt durch Filme, Bücher und Fotos.

Bevor es Mitte August letzten Jahres früh morgens losging, haben meine Freundin und ich Reiseführer und Stadtkarten gewälzt, um die ideale Route durch die Stadt zu planen und so viel wie möglich zu sehen – an den zweieinhalb Tagen die wir in dieser Stadt hatten.

Von unserem Hotelzimmer aus konnten wir den Eiffelturm sehen. „Das beste Zimmer im Hotel“, wurde uns an der Rezeption versichert. Ein schönes Extra, aber schlussendlich waren wir nicht in Paris, um die Stadt von unserem Hotelzimmer aus zu bestaunen. So ging es dann also los, von den äußeren Stadtgebieten ins Zentrum. Ausgerüstet mit einem Stadtplan, Metro-Tickets und einer Kamera Richtung Eiffelturm.

Fotografisch hatte ich mich nicht wirklich auf bestimmte Motive festgelegt. Einfach fotografieren, was mir vor die Linse kommt, schöne Erinnerungen festhalten, man ist ja schließlich nicht jeden Tag in Paris. So ging es dann durch belebte Gassen, vorbei an kleinen Cafés. Durch das geschäftige Treiben in der Metro und ab und an wurden wir mit der Masse mitgezogen und sind dann doch von unserem strengen Reiseplan abgewichen.

Je näher wir dem Zentrum kamen, desto deutlicher zeigte sich aber auch ein anderes Bild der Stadt. Vielleicht unbemerkt, vielleicht aber auch einfach toleriert oder gar ignoriert, bevölkern Menschen die Straßen, im Gepäck ihr gesamtes Hab und Gut oder das, was davon übrig ist. Mir wurde eine andere Facette der Stadt bewusst, weit abseits von Romantik, Fashion und verträumten kleinen Cafés mit Blick auf den Eiffelturm, aber doch irgendwie mitten drin und ein immer präsenter Teil davon. Zumindest, wenn man es zulässt.

Ein Mann beobachtet einen Hasen, der an seinem Hosenbein knabbert

Im ersten Moment war ich irgendwie schockiert, denn dieser Aspekt wurde in keinem Reiseführer oder Film, den ich kannte, thematisiert. Und ehrlich gesagt war ich darauf auch nicht wirklich vorbereitet. Ich weiß nicht genau wieso, aber ich fing an, auch diese Seite der Stadt zu fotografieren, schließlich wollte ich meinen gesamten Eindruck der Reise dokumentieren.

Ein Mensch liegt auf dem Weg

Viele der Fotos sind sehr spontan entstanden. Im ersten Moment habe ich mich auf die allgegenwärtigen Sehenswürdigkeiten konzentriert, aber schon beim zweiten Blick fielen mir Situationen auf, die irgendwie nicht so recht in meine Erwartungen passen wollten.

Ein alter Mann ist zu sehen und er hat einen langen Bart

Mit jedem Druck auf den Auslöser, der nicht einem der prachtvollen Bauten gewidmet war, veränderte sich auch der Blick auf mein eigenes Tun und Handeln. Probleme, über die ich mir vorher den Kopf zerbrochen hatte, wirkten auf einmal ganz banal.

Ich kann mich zum Beispiel daran erinnern, dass ich mich kurz nach der Ankunft am Flughafen tierisch darüber aufgeregt hatte, dass wir noch knapp drei Stunden mit unserem gesamten Gepäck durch die Stadt laufen mussten, ehe wir es sicher im Hotelzimmer verstauen können würden.

In Anbetracht der Tatsache, dass ich immer wieder Menschen sah, die tagein, tagaus ihr gesamtes Leben verstaut in einigen Taschen mit sich herumtragen, kam mir die Sorge um die fünf T-Shirts in meiner Reisetasche plötzlich sehr lächerlich vor.

Ein obdachloser Mensch umgeben von Tüten

Ende März dieses Jahres war ich wieder in Paris, dieses Mal beruflich. Ich war mit einer Band dort, wir haben ein Musikvideo gedreht und Promo-Fotos gemacht. Ich habe gemerkt, dass sich mein Blick auf die Stadt verändert hat und ich mit einer anderen Sichtweise als der Rest der Gruppe an die Sache herangegangen bin.

Es fiel mir anfänglich schwer, die romantische Stimmung einzunehmen, die das Konzept vorgesehen hat. Mir ist bewusst geworden, dass meine Illusion der Stadt zerstört war, auch wenn ich in diesem Moment wieder eine neue aufgebaut habe.

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