09. September 2011 Lesezeit: ~12 Minuten

In einem anderen Licht

Meine Ausrüstung

Ich arbeite mit einer Canon 50D, dem Canon EF 70-300mm 1:4,0-5,6, dem Tamron 90mm 2.8 macro, dem Canon 50mm 1.4 sowie einer ganzen Menge Zubehör wie Zwischenringe, Nahlinsen, ein Stativ mit horizontal verstellbarer Mittelsäule für Aufnahmen in Bodennähe, ein Winkelsucher, Reflektoren, Spiegel, Taschenlampen usw.

Warum Makros?

Unter meinen Motiven finden sich die sonst oft als nebensächlich angesehenen Alltagsgegenstände, das häufig Übersehene und Profane, also die „Welt unter unseren Füßen“. Meine Fotos lassen die Motive zum Teil mit aufwändigen Inszenierungen „in einem anderen Licht“ erscheinen. Fasziniert von Formen und Strukturen versuche ich, den alltäglichen Dingen einen gewissen „Glanz“ zu geben.

Canon 350D, 1/15 sec, f/10, 90mm, ISO 400. Das Bild entstand im Landschaftspark Duisburg, einem ehemaligen Stahlwerk. Natürliches Tageslicht. Stativ. Textur und Nachbearbeitung in Photoshop.

Meine Fotos stehen oft an der Grenze zur Malerei, seien es Großaufnahmen von Fossilien, Pflanzen oder der Blick auf die gegenseitigen Reflexionen zweier Glasscheiben – immer erscheinen die Dinge als etwas anderes, als sie auf den ersten Blick sind. Meinen Motiven nähere ich mich im wahrsten Sinne von allen Seiten, um jeweils unterschiedliche Blickwinkel, Licht- und Schärfeeinstellungen auszuprobieren.

Das Spiel mit Gegensätzen ist mir wichtig: Licht/Schatten, scharf/unscharf, hell/dunkel. Der Eindruck, den das Bild hinterlässt, ist in meinen Augen oft entscheidender als das dargestellte Objekt, Verfremdung spielt eine wesentliche Rolle.

Canon 50D, 1/20 sec, f/2.8, 90mm, ISO 100. Blüte und Stängel einer Aurikel, mit Photoshop leicht weichgezeichnet, natürliches Tageslicht, Stativ.

Das Spannendste an Makro- und Nahfotografie ist, dass fast jeder Gegenstand aus der Umgebung zum Motiv werden kann, sei es in einem botanischen Garten, auf Trödelmärkten oder im Haushalt.

Planung

Vor dem eigentlichen Foto steht bei mir eine ungefähre Vorstellung, welche Motive ich mir vornehme. Dabei habe ich manchmal schon vorab ein Bild im Kopf, manchmal ergibt sich das Motiv jedoch erst im Laufe einer Fotosession. Sobald ich mich aber für ein Motiv entschieden habe, geht die Planung los: Welches Licht? Welches Objektiv? Welche Brennweite? Welche Blende? Möchte ich unscharfe Bereiche oder durchgängige Schärfe? Möchte ich harte Kontraste oder weiche Verläufe? Möchte ich natürliches Licht oder künstliches Licht?

Alles das lege meist schon vorab für mich fest. Um Ideen unterwegs festzuhalten, um sie dann später auszuarbeiten, habe ich oft ein Notizbuch dabei.

Canon 50D, 1/100 sec, f/5.0, 90mm, ISO 100. Blüte einer „Kaiserkrone“, aufgenommen im Botanischen Garten Krefeld, natürliches Tageslicht. Rotwerte in Photoshop etwas angehoben.

Welche Rolle spielt die Bildkomposition bei Makrofotografie?

Die Regeln der Bildkomposition gelten bei Makrofotografie ebenso wie sonst auch. Ich persönlich mag den Goldenen Schnitt. Kurven und Fluchtpunkte lenken auch bei Makros den Blick des Betrachters auf das Wesentliche und wie bei der Portraitfotografie lassen sich Bildelemente mit einer offenen Blende gut vom Hintergrund isolieren.

Um den Bildern mehr Spannung zu geben, setze ich das Hauptmotiv gern etwas von der Mitte versetzt nach rechts oben und versuche, das Auge des Betrachters mit einer Hauptkurve von links unten nach rechts oben zu lenken. Für die Darstellung abstrakter Muster passt das quadratische Format sehr gut.

Alles in allem hängt die Wahl des Formats und der Bildkomposition aber davon ab, was Ihr zeigen möchtet. So kann es durchaus interessant sein, auch mal mit Symmetrien zu spielen.

Wichtig dabei: Auf ein oder zwei Bildelemente konzentrieren, um das Bild nicht zu überlasten. Schön, wenn die Bildelemente in irgendeinem inhaltlichen Bezug zueinander stehen: z.B. bei Pflanzenfotografie zwei Blüten, die eine geschlossen und die andere geöffnet. Ich denke dabei auch hier wieder oft in Gegensätzen.

Nebenbei gesagt lohnt sich immer wieder ein Museumsbesuch. Ich kann von den alten Meistern, besonders von der Stillleben-Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts sehr viel lernen was Komposition, Farbgebung oder Licht angeht.

Die natürlichen Feinde von Makroaufnahmen im Freien sind Wind und grelles Sonnenlicht. Vor allem bei hellen Motiven brennen die Strukturen leicht aus, und man muss stark abblenden, was dann aber wieder die Belichtungszeit verlängert. Hinzu kommen eine starke Schattenbildung und harte Kontraste.

Gegen grelles Sonnenlicht setze ich schon mal einen Polfilter ein, ansonsten ist ein leicht bewölkter Himmel ideal, da die Wolken wie eine natürliche Softbox wirken. Um harte Kontraste zu vermeiden, blende ich vor allem bei hellen Motiven meist eine oder zwei Blendenstufen ab.

Gegen den Wind hilft nicht viel außer einem Schutz aus Fotokarton. Wegen der sehr geringen Schärfebereiche können schon kleinste Bewegungen ein gutes Bild verderben. Fotokarton in verschiedenen Farben habe ich bei Exkursionen so gut wie immer dabei, um je nach Motiv eine bestimmte Hintergrundstimmung zu erzeugen.

Canon 50D, 1/20 sec, f/2.8, 90mm, ISO 100. Löwenzahn, Hintergrund durch farbigen Karton, natürliches Tageslicht.

Tipps für maximale Schärfe

Schärfe ist meiner Meinung nach entscheidend, daher sollte man von Beginn an das Maximum herausholen. Besonders bei Makros stellt sich ungewollte Unschärfe schnell als störend heraus. Es kommt also auf Präzision an und dafür ist ein Stativ unerlässlich. Sicher kann man auch Makros aus der Hand machen, allerdings braucht man geringe Verschlusszeiten, offene Blenden und wird daher mit hohen ISO-Werten arbeiten müssen, was wiederum zu Pixelrauschen führen kann.

Für Makrofotografie eignen sich am besten Stative mit einer um 90 Grad verstellbaren Mittelsäule, z.B. das Manfrotto 190 XPROB. Damit kann ich bis auf Bodennähe heruntergehen, ergänzt um einen Kugelkopf kann ich die Kamera in alle Richtungen drehen und habe genau die gleiche Freiheit wie bei Fotografie aus der Hand.

Je näher ich an das Objekt herangehe und je weniger Licht ich habe, desto wichtiger wird ein Stativ. In Bodennähe, also zum Beispiel beim Fotografieren von Pflanzen oder Pilzen, ist ein Winkelsucher sehr hilfreich, mit dem man von oben in den Sucher schauen kann.

Canon 350D, 1.6 sec, f/13, 90 mm, ISO 100

Spiegelvorauslösung und Fernauslösekabel

Wenn man das Maximum aus den Bildern herausholen möchte, bieten sich die Spiegelvorauslösung sowie ein Fernauslösekabel an. Fast jede digitale Spiegelreflexkamera hat die Möglichkeit, den Spiegel vor der Belichtung hochzuklappen, denn selbst die Schwingungen des Spiegels können sich auf die Schärfe auswirken.

Um weitere Vibrationen zu vermeiden, ist ein Fernauslösekabel hilfreich, alternativ kann man auch die Selbstauslösefunktion der Kamera verwenden, allerdings arbeitet diese bei vielen Kameras nicht mit der Spiegelvorauslösung zusammen.

Lichtmalerei

Die richtige Beleuchtung ist auch bei Makrofotos entscheidend. Ich setze gern kleine LED-Leuchten aus dem Baumarkt ein, um ein Objekt damit punktuell aufzuhellen. Ringblitze mag ich persönlich nicht so sehr, da ich lieber einzelne Teile des Objekts hervorheben möchte.

Im Laufe der Zeit habe ich mich immer stärker in die Technik der „Lichtmalerei“ verliebt. Dabei fotografiere ich mit Langzeitbelichtung (> 30 sec) in einem vollkommen dunklen Raum und setze mit den LED-Lampen punktuelle Akzente. Beim Weißabgleich nutze ich die manuelle Einstellung und mache eine Testmessung mit meiner Graukarte, diesen Wert verwende ich dann als Referenzwert für den Weißabgleich.

Die unterschiedlichen farblichen Bereiche der Blüte sind nacheinander belichtet worden, dabei habe ich nach und nach die einzelnen Bereiche ausgeleuchtet. Ohne Digitaltechnik wären solche Bilder nicht möglich, denn es kostet schon etwas Geduld und viel Spaß am Ausprobieren, bis man die passende Lichteinstellung gefunden hat. So können leicht 50 Aufnahmen für ein Motiv anfallen, aus denen ich dann die beste auswähle.

Nachbearbeitung

Die grundlegende Bearbeitung von Kontrasten, Tonwerten und Helligkeit ist auch bei Makrofotos häufig notwendig. Daher möchte ich hier nicht besonders darauf eingehen. Interessanter ist viel mehr die Arbeit mit Ebenen. Ab und an verwende ich gern Texturen oder lege zwei Varianten eines Motivs mit unterschiedlichen Lichtstimmungen übereinander und radiere Teile weg.

Ebenso setze ich gern den Gaußschen Weichzeichner ein, um einzelne Bildelemente hervorzuheben. Dabei wird die obere Ebene weichgezeichnet und die Teile, die scharf erscheinen sollen, wegradiert, damit die untere, scharfe Ebene durchscheint. Um Bildrauschen in den Griff zu bekommen, setze ich Neat Image ein.

Canon 50D, 2.5 sec, f/10, 90mm, ISO 100 Teil eines Ammoniten, Tamron 90mm 2.8 zusammen mit 12mm + 20mm Zwischenringen. Licht von zwei LED-Lampen. Kein Composing, das Bild ist so aufgenommen worden.

Tipps für Einsteiger

Für die ersten Schritte in die Makrofotografie ist nicht unbedingt ein Makroobjektiv notwendig. Man kann auch mit einem normalen Telezoom zusammen mit einer Nahlinse, z.B. mit der Raynox DCR 250, schon ganz gute Aufnahmen machen. Nahlinsen haben allerdings in aller Regel nicht die Qualität, die man mit einem Makroobjektiv erreichen würde (Vignetten, Unschärfen).

Empfehlen kann ich außerdem die Anschaffung eines normalen 50mm-Objektivs mit einer möglichst offenen Blende, z.B. das preisgünstige Canon 50mm 1.8 oder das etwas teurere Canon 50mm 1.4, das ich gern mit Zwischenringen erweiterte. Zwischenringe haben keinen direkten Einfluss auf die Bildqualität, allerdings lassen sie weniger Licht durch, was dann wiederum auf die Belichtungszeit geht.

Hinzu kommt, das es zwar Zwischenringe schon für ca. 30.- Euro gibt, diese übertragen aber in der preiswerten Ausführung keine Daten (Autofokus/Blende etc.). Da ist der höhere Preis von ca. 160.- Euro sicher gut angelegt, zumal man die Zwischenringe später auch zusammen mit einem „echten“ Makroobjektiv weiterverwenden kann.

Für dieses Bild einer Zahnbürste habe ich zwei 50mm-Objektive verkehrt herum zusammengeschraubt. Mit diesem so genannten Retro-Modus lassen sich Vergrößerungen weit über 1:1 erreichen.

Wer gern experimentiert, sollte einmal den „Retro-Modus“ ausprobieren, dabei werden zwei Objektive umgedreht zueinander eingesetzt. Ich habe dafür meine alten Minolta-Objektive wiederentdeckt, die ich mit einem Umkehrring an einem 50mm-Objektiv befestigt habe. Vorteil: Enorme Vergößerungsmaßstäbe, Nachteile: Vignetten, Unschärfen und eine sehr geringe Schärfentiefe.

Ich bin mit dem Tamron 90mm 2.8 macro sehr zufrieden, obwohl die Brennweite für bestimmte Situationen (z.B. beim Fotografieren von Insekten) zu gering ist. Da man mit dem 90mm relativ nah an die Objekte heran muss, ergreifen Insekten schnell die Flucht – man spricht da auch von Fluchtdistanz.

Daher nehme ich bei Insekten gern mein Canon 70-300mm F/4.0-5.6, ergänzt durch Zwischenringe, mit dem ich sogar Insektenaufnahmen aus der Hand machen kann. Der Trick besteht dabei aus Spotmessung, Serienaufnahmen und AI SERVO-Modus, bei dem der Auto-Fokus die Schärfe bei bewegten Objekten mitführt. Da das Canon 70-300mm über einen Bildstabilisator verfügt, gelingen die meisten Insektenfotos aus der Hand.

Wer dann noch gern experimentiert, sollte über ein Lichtschrankensystem nachdenken, das erst dann auslöst, wenn ein Insekt die Lichtschranke passiert. Ich habe damit noch keine Erfahrung, aber die Anschaffung steht ganz oben auf meiner Wunschliste.

Canon EOS 50D, 1/640 sec, f/2.5, 50mm mit Nahlinse, ISO 100. Das Bild habe ich bei Tageslicht aus der Hand gemacht. Da es nicht so einfach ist, aus der Hand den genauen Schärfepunkt zu finden, habe ich drei Versuche dafür gebraucht.

Alles in allem kommt es aber nicht auf die Ausrüstung an, sondern auf den Spaß an der Sache, Begeisterung für die Welt „unter unseren Füßen“ und Kreativität, um hervorragende Bilder zu machen. Vielleicht hat sich von meiner Begeisterung ein wenig übertragen.

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