14. März 2011 Lesezeit: ~5 Minuten

Bunte Inspiration

Fotografieren – das bedeutet für mich, eine gewisse Zeit seinen Gedanken und Ideen freien Lauf zu lassen. Ein Stück weg zu kommen von dem, was man täglich so alles um die Ohren hat. Und damit meine ich nicht nur die Zeit, die man mit der Kamera in der Hand verbringt.

Die Reise beginnt bei mir eine ganze Weile vorher. Wenn ich auf Flohmärkten stöbere, in Geschäften. Manchmal mit dem Vorhaben, etwas zu kaufen, das man bei Shootings verwenden könnte, wenn bereits eine Idee vorhanden ist. Manchmal unterwegs auf der Suche nach etwas ganz anderem, was mit Fotos gar nichts zu tun hat. Bis mir dann etwas ins Auge springt, das meine Aufmerksamkeit auf sich zieht und in meinem Kopf ein Bild entsteht, in dem meine gerade gemachte Entdeckung eine entscheidende Rolle spielt.

Bei dem ganzen Ausschau halten, Stöbern und Kaufen gibt es dann allerdings eine nicht ganz unwichtige Einschränkung: Die Accessoires müssen bezahlbar sein. Schließlich sind ja bereits Kamera, Objektive und alles andere, was dazu gehört, nicht gerade billig. Deswegen heißt es bei mir oft: Selbst basteln, Trödelmärkte durchkämmen und sich von ganz einfachen, kleinen Dingen inspirieren lassen, die mir im alltäglichen Leben begegnen.

Besonders knallbunte Farbtupfer haben es mir angetan.
So lief mir zum Beispiel vor einiger Zeit in der Stadt eine Frau mit einem Regenbogen-Schirm über den Weg. Mein bald darauf gekauftes Exemplar kostete um die 10 Euro und begleitet mich noch heute oft bei Shootings. Die Bild-Idee mit der Person auf einem Feld oder einer Wiese entstand beim ersten Nachdenken darüber, wie ich wohl den Schirm für ein Foto verwenden könnte.

Den passenden Ort für das Bild fand ich auf einem Spaziergang recht schnell; Nebel und Raureif an Heiligabend vor einigen Jahren boten dann auch endlich die Stimmung für das Bild, das ich mir vorgestellt hatte.

Bei einem anderen meiner Schirm-Fotos entstand die Idee in umgekehrter Reihenfolge: Hier suchte ich nicht nach einer passenden Location oder wartete auf geeignetes Wetter, um den Schirm zu verwenden, sondern wollte einer Bildserie mit den weißen Säulen des Wiesbadener Theaters einen Farbakzent verleihen. Zu meinem Schirm nutzen wir dann noch rote Gummistiefel und einen roten Schal.

Die knallbunten Armstulpen (etwa 12 Euro) habe ich auf einem Volksfest entdeckt und gleich entschieden: Die muss ich haben! Und einen Moment später gedacht: Als Farbtupfer für ein Portrait eignen sie sich auch prima. Dass mein Model Janina zu unserem Shooting neben weißer Kleidung auch noch einen weißen Stuhl mitbrachte, passte zu meiner Vorstellung, die Stulpen wie beim Schirm-Foto vor den Säulen als Farbklecks in sonst farblich gedeckter Umgebung einzusetzen.

Wo genau die Idee entstanden ist, einen gemalten Regenbogen in eine meiner Fotoserien einzubeziehen, daran kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Ein mit Farbe an eine Hauswand gepinselter Regenbogen war mir damals irgendwo aufgefallen und ich habe mir nur das Stichwort ‚Regenbogen‘ in mein Ideenheft notiert, wie ich es immer mache, wenn eine Idee nicht sofort umgesetzt werden kann.

Erst wollte ich dann Tüll in Regenbogenfarben auf den Boden legen oder mit Farbresten einen Regenbogen auf den Boden malen, entdeckte dann aber ein altes Kästchen Straßenmalkreide, das schon seit Jahren im Schrank geschlummert hatte. Den Regenbogen mit Kreide auf den Boden zu bringen, bot sich als einfachste und günstigste Möglichkeit (4 Euro für 2 Päckchen Kreide) an.

Eigentlich auf dem Weg zu einer Verabredung lief ich irgendwann im Herbst über den Wiesbadener Wochenmarkt. Das Meer von Herbstblumen, die dort verkauft wurden zusammen mit dem bekannten ‚American Beauty’–Bild inspirierten mich zu meiner eigenen Version des Fotos. Doch halt – da war doch diese eine Einschränkung! Hunderte Blumen für über hundert Euro für ein Shooting?

Der Zufall und Photoshop kamen mir zu Hilfe: An einem Stand gab mir die Verkäuferin dutzende abgebrochener Blumenköpfe für ein paar Cent zusätzlich zu meinen gekauften Blumen, sodass genug Blüten vorhanden waren, um mehrere Reihen um das Model herum zu legen. Vor dem Shooting fotografierte ich die Blüten, um sie später in die äußeren Bereiche des Bildes einfügen zu können. Mehr als 30 Euro musste ich nicht ausgeben.

Bunt und günstig? Das trifft auch auf Luftballons, Luftschlangen und Konfetti zu, die sich ebenfalls als Farbtupfer für verschiedenste Foto-Ideen verwenden lassen. Aus dem ursprünglichen Vorhaben, nur ein ’normales‘ Beauty-Milchbad-Foto zu machen, wurde ein Milchbad mit Konfetti.

Zu meinem Vorschlag, bunte Luftschlangen an einen Baum zu hängen, kam die Idee meines Models Beate, zu springen und dann auch das Glück, im richtigen Moment abzudrücken.

Ich bin gespannt darauf, wann mir wieder etwas begegnet, das ein Bild in meinem Kopf auslöst. Etwas, das ich spontan kaufe, um es für ein Foto zu verwenden. Oder wann mir etwas einfällt, das ich verwenden könnte, um dann auf der Suche danach beim nächsten Stadtbummel die Läden zu durchkämmen. All das finde ich fast genauso spannend wie das Fotografieren selbst.