kwerfeldein
24. Februar 2011 Lesezeit: ~8 Minuten

Dominik Pietsch im Gespräch

Ich weiß schon gar nicht mehr, auf welchem Weg ich letztendlich auf Dominiks Portfolio gestossen bin. Da ich seine Arbeiten durchaus zeigenswert und spannender Natur fand, habe ich ihn gefragt, ob er nicht Lust auf ein kleines Interview hätte. Nachdem es knapp an meiner Verpeiltheit gescheitert wäre (Schande auf mein Haupt), haben wir es dann doch geschafft, etwas auf die Beine zu stellen:

Hallo Dominik! Du, wir wissen nicht, wie viele Leser Dich nun schon kennen. Stell Dich doch mal denen, bei denen das nicht der Fall ist, in ein paar Sätzen vor.

Hallo Martin! Also, ich arbeite als Fotograf mit den Schwerpunkten People & Portrait, mein Studio ist in Köln. Meine Auftraggeber kommen aus der Werbung, das ein oder andere Magazin ist auch dabei. Ich bin Autodidakt und arbeite nun seit 4 Jahren frei als Fotograf.

Wie lange fotografierst Du insgesamt?

Ich gehöre nicht zu den Fotografen, die Ihre Bio mit „Schon mit 3 Jahren schenkte mein Großvater mir meine erste Kamera“ beginnen – im Gegenteil. Erst relativ spät habe ich angefangen, mich für Fotografie zu interessieren, das war so etwa als ich 18 war. Seither haben mich verschiedene Genres interessiert – angefangen habe ich mit der Dokumentation alter Industrieruinen, habe dann lange Konzerte fotografiert und dann angefangen, bewusster zu fotografieren.

Aber von den Konzerten ist schon ein wenig was hängengeblieben, wenn ich mir so Deine freien Arbeiten anschaue, oder? Beispiel: Rockabillies, Skins & Punks…

Einerseits ja, das Interesse für Subkulturen ist geblieben – ich finde das nach wie vor sehr spannend. Andererseits ist die Konzertfotografie ähnlich der Reportagefotografie – man kann nicht wirklich eingreifen und fotografiert das, was eben auf der Bühne passiert. Irgendwann wollte ich dann bewusster fotografieren und selber bestimmen, wen und wie ich fotografiere.

… und das hat Dich dann ins Studio gebracht, richtig?

Richtig. Anfangs nur als Hobby, was ich neben meinem Praktikum in einer Werbeagentur betrieben habe. Später wurde ein Beruf draus.

Hattest Du vorher schon einen anderen Beruf (geplant)?

Ehrlich gesagt – ja. Ich bin damals nach Köln gekommen, um BWL zu studieren. Das habe ich auch vier Semester lang durchgehalten. Ich habe mich immer schon für Themen wie Desgin oder Fotografie interessiert, habe aber dann doch den „sicheren“ Weg gewählt und BWL angefangen. Dann habe ich abgebrochen und bin dann doch in den kreativen Bereich gegangen.

Kalter Sprung ins Wasser. Wirst Du kaum bereuen, wenn ich das richtig sehe, oder?

Auf keinen Fall. Ich bin wirklich froh, damals den Absprung geschafft zu haben. BWL wäre sicher der falsche Weg gewesen.

Werden wir mal konkret. Wie sieht ein typischer Tag im Leben eines Dominik Pietsch aus? Oder gibt’s den gar nicht?

Einen typischen Tag gibt es nicht. Als Fotograf ist man ja oft unterwegs, muss früh raus, oder man hat Jobs im eigenen Studio, ebenso gehören Bürotage mit dazu – das ist ja gerade das gute an dem  Job – Routine oder Langeweile gibt’s da nicht.

Okay, dann zäumen wir das Pferd von hinten auf. Wie kommst Du an Deine Jobs? Wie finden Dich Kunden und wie findest Du sie?

Der klassische Weg, an Jobs zu kommen, sind Mappentermine bei Agenturen oder Redaktionen. Sicher gibt’s auch ab und an Jobs über Empfehlungen, aber selbst im Internetzeitalter wird Klinke geputzt. Der persönliche Kontakt ist schon relativ wichtig, das höre ich oft bei Mappenterminen. Passende Redaktionen oder Agenturen finde ich größtenteils im Internet, da gibt’s ja diverse Plattformen, um sich entsprechend zu informieren.

Cool – gehen wir noch eine Ebene tiefer: Deine Fotos zum 100 Jahre KaVo und „Zahnärztliche Mitteilungen“ haben mir in der Kombination besonders gut gefallen. Wie kamst Du an diesen Job?

Der Deutsche Ärzteverlag ist einer meiner ersten Kunden gewesen, und wir arbeiten nach wie vor zusammen. Anlass für dieses Shoting waren das 100jährige Bestehen der Publikation „Zahnärztliche Mitteilungen“ sowie das 100jährige Firmenjubiläum von KaVo. Wir haben also eine Art Zeitreise dargestellt – die Motive wurden, bis auf das 2010er-Motiv, im Studio fotografiert.

Mit welchen „Werkzeugen“ arbeitest Du im Studio? Von der Kamera über Objektive & Licht…

Als ich damals angefangen habe, im Studio zu arbeiten, hatte ich die Möglichkeit, eine Bowens-Lichtanlage gebraucht zu erstehen – damit fotografiere ich auch heute noch sehr gerne. Geknippst wird auf Canon und neuerdings auch auf digitalem Mittelformat von Phase One.

Was sind für Dich die wichtigsten Vorteile des digitalen Mittelformates gegenüber einer Vollformatkamera – explizit bei Deinen Arbeiten?

Für mich war der Sprung von Kleinbild zu Mittelformat etwa wie damals der Sprung von APS- zum Vollformatsensor. Die Schärfe, der Kontrastumfang, die Farbwiedergabe – das ist nochmal eine andere Liga. Man kann noch gezielter mit Unschärfen spielen, und nicht zu vergessen – die höhere Auflösung. Bei größeren Werbejobs wird das einfach verlangt.

Hört sich ehrlich gesagt ziehmlich lecker an! Aber für „alltägliche Fotos“ für zwischendurch nimmst Du dann kein Mittelformat – oder dann erst recht?

Ich fotografiere ja nach wie vor auch gerne mit der Canon. Bei Jobs, wo alles schnell gehen muss, ist die einfach besser geeignet, z.B. weil die Canon so viele Autofocusfelder hat.

Springen wir mal zu einem anderen Thema: Warum Menschen? Was reizt Dich noch heute daran, fremde Menschen zu fotografieren? Was spornt Dich an?

Interessante Frage. Ich glaube, ich wäre einfach viel zu ungeduldig, z.B. ein Produkt auszuleuchten, oder als Landscapefotograf den ganzen Tag auf’s richtige Licht zu warten. Menschen sind spannend – jeder Jeck is anders ;-) ich habe damals, als ich im anfing im Studio zu arbeiten, verschiedene Bereiche angeschnitten, eben auch Stills – aber ich hab einfach gemerkt, dass es mir am meisten Spaß macht, Menschen vor der Kamera zu haben.

Wie schaffst Du es, den Bezug zu den Menschen zu finden? Das ist ja bei einem Shooting gar nicht unwichtig…

Das kann ich nur schwer beantworten. Bei meinen Shootings ist die Atmosphäre immer locker, es läuft gute Musik, es gibt leckeres Essen. Die Crew kennt sich schon lange, alles ist eher familiär, ich denke, das ist alles sehr wichtig. Man muss natürlich auch auf die Leute eingehen, aber im Grunde geht das bei Shootings immer sehr intuitiv – einen Plan oder eine Strategie habe ich da nicht.

… was auch sehr für Dich spricht, Dominik. Zoomen wir mal etwas raus. Was hat Dir zu Beginn den Einstieg in die Peoplefotografie erleichtert? Hast Du Bücher gelesen, Tutorials angeschaut oder xy? Oder bist Du komplett jemand, der auf Trial & Error setzt? Das Genre ist ja recht umfangreich.

Wie gesagt, ich bin Autodidakt, d.h. ich habe anfangs, als ich noch hobbymäßig im Studio war, viel ausprobiert und eben auch viel falsch gemacht. Meine Models habe ich damals aus meinem Bekanntenkreis akquiriert, und dann habe ich z.B. versucht, damaligen Vorbildern nachzueifern. Es gibt auch ein gutes Buch, welches sich allerdings eher um den kaufmännischen/organisatorischen Bereich dreht, das gibt’s beim BFF. Außerdem habe ich mich, damals wie heute, eng mit einem befreundeten Fotografen ausgetauscht, wir beraten uns quasi immer gegenseitig.



Das hört sich gut an, Dominik. Wie heißt das Buch? Da werden sicher einige Leser dran interessiert sein…

Das Buch hat den schlichten Titel „Handbuch Basiswissen“ von Wolfgang Maaßen – wirklich empfehlenswert, auch wenn kaum Fotos drin sind ;) Zu beziehen über den BFF.

Super – danke. Letzte Frage: 3 aktuelle Lieblingsbands, die Du beim Fotos bearbeiten hörst.

Jetzt gerade höre ich gerne Singer/Songwritersachen, also eher ruhiges Zeug, Tom McRae, Tallest Man On Earth und Fionn Regan.

Sehr cool. Danke Dir für Deine Zeit & die Bereitschaft, Dir von mir Löcher in den Bauch fragen zu lassen ;)

Danke, hat Spaß gemacht – gerne wieder!