31. Januar 2011 Lesezeit: ~3 Minuten

Perfektion ist langweilig

„Die Tatsache, dass eine technisch fehlerhafte Fotografie wirksamer sein kann als ein technisch fehlerloses Bild, wird auf jene schockierend wirken, die naiv genug sind zu glauben, dass technische Perfektion den wahren Wert eines Fotos ausmacht.“ (Andreas Feininger)

Ich hab mir bewusst dieses Zitat rausgesucht, um den Artikel damit zu beginnen. Dann wissen alle Leser direkt worum es mir geht. Ich will hier nicht über Andreas Feininger schreiben. Mir geht es um die Aussage des Zitats. Und eins vorweg: Ich stelle hier nur meine Meinung, bzw. meinen Geschmack dar.

Mich langweilt Perfektion!
Mich langweilen Menschen, die ein angeblich perfektes Leben leben. So mit schön scharfkantig geschnittenem Rasen. Menschen, die ihr Auto brav, samstags zur Waschanlage fahren. Menschen, die Laub vom Bürgersteig fegen, und die, die mit der Schneeschaufel auf selbigem stehen, noch bevor die erste Flocke den Boden erreicht hat. Ich rege mich nicht großartig über sie auf. Ich werde sie deswegen auch nicht belästigen. Aber sie langweilen mich.

Das oben stehende Zitat kann man spielend auf alle Bereiche des Lebens übertragen. Ebenso auf andere Formen der Kunst. Beispielsweise Musik. Mich langweilt perfekt produzierte Popmusik ohne jede Ecke und Kante. Seelenlose Musik.

Was das ganze mit Fotografie zu tun hat?
Mich langweilen perfekte Fotos. Ganz einfach. Fotos, die als gut beurteilt werden, weil sie perfekt belichtet, und perfekt scharf sind. Am Besten noch ganz brav die „Drittel-Regel“ einhalten, die ja an sich schon nur eine Faulenzer-Version des goldenen Schnitts ist.
Oder Fotos, die für mich keinerlei Aussage haben, außer dass der Fotograf seine Kamera bedienen kann. Mir persönlich wird es immer ein Rätsel bleiben, was einen antreibt einen Wassertropfen, der in eine Schüssel Wasser fällt, im perfekten Moment zu fotografieren.
Wie gesagt, das ist nur meine Meinung.


Approaching von derScheuch

Ich merke, je länger ich mich mit Fotos beschäftige, um so mehr bleibe ich bei den eben nicht so perfekten, bei den eher sonderbaren Fotos hängen. Fotos, die mich zum Nachdenken anregen. Oder die mir eine Geschichte erzählen. Fotos, die irgendeine bestimmte Stimmung rüberbringen. Fotos, die leben.

Fotos von Wassertropfen, oder perfekt belichtete Fotos von perfekt geschminkten Models, sagen mir gar nichts. Bitte nicht falsch verstehen: Ich respektiere die Leistung und die Arbeit der Fotografen, die dahinter steckt. Ich bin einfach nicht die Zielruppe.

Vielleicht passen diese nicht perfekten Fotos einfach besser zu mir, denn das Leben ist nicht perfekt, läuft nicht immer rund, und man lebt nicht immer so perfekt fokussiert. Manchmal verliert man den Fokus. Manchmal scheitert man. Natürlich sollte man immer versuchen, soweit es geht, mit Würde zu scheitern. Stil ist mit nichts zu ersetzen.

Das dann wieder auf die Fotografie übertragen, bedeutet für mich, dass man natürlich nicht loslaufen, und jedes x-beliebige Motiv irgendwie schnell ablichten kann. Das Zitat bezieht sich ja auch nur auf die technische Seite der Fotografie. Vom Motiv ist nicht die Rede. Das Motiv ist das, was zählt. So lange man sein Motiv nicht aus den Augen verliert, kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Stil ist mit nichts zu ersetzen.

Walk on!


mallorca no. 8 – gold von edward olive edwardolive

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